#Trumps letzte Tage im Amt: Der unzumutbare Präsident
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„Trumps letzte Tage im Amt: Der unzumutbare Präsident“
Donald Trump war vom ersten Tag seiner Präsidentschaft an eine verfassungspolitische Herausforderung für sein Land; kurz vor dem Ende seiner Amtszeit ist er eine konstitutionelle Zumutung geworden.
Dass der Präsident nicht fähig ist, „die Befugnisse und Obliegenheiten“ seines Amtes wahrzunehmen, wie es im 25. Verfassungszusatz heißt, ist offensichtlich. Und es wird inzwischen bis hinein ins republikanische Lager eingestanden. William Barr, vor wenigen Tagen noch Trumps Justizminister, wirft ihm vor, „das Präsidentenamt verraten“ zu haben.
Die Forderung der Kongressführung der Demokraten, Vizepräsident Mike Pence müsse umgehend das Kabinett zusammenrufen, um den Präsidenten wenige Tage vor seinem turnusgemäßen Ausscheiden aus dem Weißen Haus abzusetzen, war deshalb nicht – jedenfalls nicht in erster Linie – der parteipolitischen Logik geschuldet. Ein Präsident, der seine extremistische Anhängerschaft aufhetzt, eine andere Staatsgewalt einzuschüchtern, um eine demokratische Wahl zu kippen und sich an der Macht zu halten, verstößt gegen seinen Amtseid.
Trump verkehrt Ursache und Wirkung
Der Vorstoß von Nancy Pelosi und Chuck Schumer hat Druck aufgebaut. Beide verbanden ihre Forderung mit dem Hinweis, andernfalls werde man ein zweites Impeachment einleiten. Der Präsident reagierte erst, als Mitarbeiter im Weißen Haus ihm bedeuteten, ohne eine klare Verurteilung der Erstürmung des Kapitols drohten ihm womöglich auch strafrechtliche Konsequenzen.
Man darf dem Präsidenten freilich kein Wort aus seiner Videoansprache glauben, in der er sich über die Gewalt jener Leute empörte, denen er noch 24 Stunden zuvor seine Liebe bekundete. Es ist purer Hohn, wenn er behauptet, ihm sei es die ganze Zeit nur darum gegangen, die Integrität der Präsidentenwahl sicherzustellen. Auch verkehrt er Ursache und Wirkung, wenn er dazu rät, dass sich die Gemüter nun wieder beruhigen müssten.
Der Präsident, der die Worte, die man ihm aufgeschrieben hatte, vom Teleprompter ablas wie eine Geisel, die darum bittet, den Forderungen der Entführer nachzukommen, soll sein Zugeständnis schon wieder bereuen. Obwohl er seine Niederlage gar nicht ausdrücklich eingestand, hat er eine ordentliche Machtübergabe zugesagt. Wie er wirklich denkt, machte seine Reaktion auf die dauerhafte Sperrung seines Propagandakanals auf Twitter deutlich: Man werde ihn nicht zum Schweigen bringen, teilte er mit.
Trump-Anhänger besetzen das Kapitol am 6. Januar 2021
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Bild: Reuters
Die Amtsanklage, die die Demokraten schon am Montag einbringen wollen, ist kein Racheakt. Dass Trump in seinen letzten Tagen im Amt potentiell noch großen Schaden anrichten kann, macht Pelosis Telefonat mit dem Pentagon deutlich, in dem es um die Abschusscodes für die Atomraketen ging.
Der Präsident ist faktisch abgesetzt
Für Joe Biden ist die Lage schwierig: Auch er wünscht sich Trump lieber heute als morgen fort. Eine Anklage beziehungsweise Verurteilung Trumps durch den Senat hätte aber auch nach dessen Abtritt hohe politische Kosten: Sie würde Trump zwar daran hindern, 2024 noch einmal anzutreten. Doch der Schreck, den der von ihm angestiftete Aufstand im eigenen Lager bewirkte, ließe nach. Viele Republikaner wären dann wieder versucht, sich abermals mit ihm zu solidarisieren, jene, die nun zur Besinnung kommen und ihre Verführung erkennen, und auch jene, die sich selbst gegenüber eingestehen, dass sie sich etwas vorgemacht haben, als sie glaubten, den Präsidenten für ihre eigenen Zwecke einspannen zu können.
Fest steht jetzt: Trump verfügt nicht mehr über die Macht, seine Administration zu Verfassungs- und Gesetzesbrüchen zu drängen. Faktisch ist er abgesetzt. Sein früherer Stabschef John Kelly hat es klar gesagt: Man würde sich seinen Befehlen widersetzen. Das ist zwar verfassungspolitisch nicht sauber. Aber im Vergleich zu den Alternativen erträglich. Es geht um anderthalb Wochen.
Natürlich ist auf Seiten der Republikaner viel Verlogenheit im Spiel. Viele verlassen im letzten Moment das sinkende Schiff. Einige glauben tatsächlich, so eine reine Weste zu behalten. Sogar Leute wie Ted Cruz, der sich zuletzt noch Hoffnung machte, die Trump-Basis hinter sich und seine Präsidentschaftsbewerbung 2024 scharen zu können, geht nun auf Distanz: Die Rhetorik des Präsidenten gehe oft zu weit, sagt er jetzt, der noch am 6. Januar sein Komplize war.
Wenn man dem finsteren Tag etwas abgewinnen möchte, dann das: Die Vorstellung, Trump könne nach alldem künftig die Kongressrepublikaner von Mar-a-Lago aus steuern, ist eine Illusion. Für Biden, der in die Mitte rückt, obwohl die Demokraten nun auch den Senat kontrollieren, ist das eine Chance. Die Flügelkämpfe in seiner Partei muten wie Sandkastenbalgereien an im Vergleich zu dem, was den Republikanern bevorsteht.
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