#Das königliche Metall
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„Das königliche Metall“
Dass Deutschland Kolonien hatte, dass es darin Kriege führte und Massaker beging, dass es noch vor seiner staatlichen Einigung Stützpunkte und Handelskontakte in Westafrika besaß und vom transatlantischen Sklavenhandel profitierte, konnte lange schon jeder wissen, den es interessierte. Aber es interessierte wenige. Kolonialgeschichte war ein Exotenfach der Universitäten und eine Randdisziplin für Völkerkundler. Diese Zeiten sind passé.
Seit fünf Jahren steht der deutsche Kolonialismus im Zentrum einer öffentlichen Debatte. Das liegt nicht nur am Humboldt-Forum, mit dem die wiedervereinigte Bundesrepublik ihrer neuen Weltläufigkeit ein Denkmal setzen wollte, es hat auch mit der veränderten Weltlage zu tun. Die Globalisierung hat nicht nur Warenströme, sondern auch Menschen und Gedanken in Bewegung gesetzt, und mit ihnen ist in den Industriestaaten die Einsicht angekommen, dass der globale Westen dem Süden etwas schuldet, in materieller, aber auch in kultureller Hinsicht.
Das Humboldt-Forum hinkt hinterher
Im Zentrum der Diskussion darüber, wie diese kulturelle Ausgleichsleistung aussehen soll, stehen die Benin-Bronzen. Von allen Kulturgütern, die in fünf Jahrhunderten Kolonialzeit durch Kauf, Tausch oder Raub aus Afrika nach Europa und Nordamerika gelangt sind, sind sie die künstlerisch wertvollsten – zumindest, wenn man sie mit europäischen Augen anschaut. In Nigeria, zu dessen Territorium das ehemalige Königreich Benin gehört, gelten die größtenteils aus Messing gegossenen Skulpturen als nationales Kulturgut. Seit den siebziger Jahren betreibt der nigerianische Staat ihre Rückholung aus westlichen Sammlungen. Damals wurde ein Ersuchen um Leihgaben von deutschen Museen so lange verschleppt, bis es vom Tisch war. Heute ist die Rückgabe der Benin-Bronzen Staatsräson. Im April beschlossen die Bundesländer, ihre Benin-Bestände von diesem Jahr an schrittweise zu restituieren. Baden-Württemberg und Hamburg haben angekündigt, die Kunstwerke schon bis Ende 2022 an Nigeria zu übereignen.
Die Bronzen stehen also auf Abruf in den deutschen Museen. Eine Ausstellung, die dieser Situation Rechnung trägt, war deshalb überfällig. Bezeichnenderweise findet sie nicht im Humboldt-Forum statt, sondern im Hamburger Museum am Rothenbaum, dem einstigen Völkerkundemuseum. Dessen Direktorin Barbara Plankensteiner hat vor fünfzehn Jahren von Wien aus die letzte weltweite Wanderausstellung mit Benin-Kunst kuratiert. Heute amtiert sie auch als Sprecherin der Benin Dialogue Group, in der westliche Museen mit Vertretern Nigerias verhandeln. Beim Thema Benin ist sie hierzulande die leitende Autorität. Gleichwohl zeigt die Hamburger Ausstellung auch an, wie heillos die Staatlichen Museen zu Berlin, die über den größten Bestand an Benin-Bronzen in Deutschland verfügen, inzwischen der Entwicklung der Debatte hinterherhinken.
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