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#Über Gott, die Welt und ihr Verhältnis

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Über Gott, die Welt und ihr Verhältnis

Nun durfte also endlich auch in Wien der Bühnenalltag wieder starten – unter strengsten, schon im Vorjahr bewährten, nun aber noch genauer überwachten Sicherheitsvorkehrungen und mit FFP2- Masken vor Nase und Mund fürs Publikum während des gesamten Aufenthalts im jeweiligen Theatergebäude. Das große Haupthaus des Burgtheaterkomplexes an der Wiener Ringstraße wird bis September, mithin zur kommenden Spielzeit 2021/2022, noch etwas saniert werden, daher führen die ersten angesetzten Premieren in die kleineren Spielstätten. Zum Beispiel ins Akademietheater. Mateja Koležnik hat hier zuvor schon Maria Lazars „Der Henker“ in einer überraschend-überzeugenden Verdreifachung dieses Einakters inszeniert.

Für Strindbergs „Fräulein Julie“ fällt sie allerdings eher in ihre nun auch schon bekannte Masche zurück: Der Großteil der Handlung des jeweiligen Stückes spielt sich, für das Publikum kaum sichtbar und, wenn wie an diesem Premierenabend die Mikrofone noch nicht ganz richtig eingestellt wirken, zum Teil auch schwer hörbar, irgendwo im Hintergrund ab. Diesmal steigert Koležnik diesen Einfall sogar noch, indem sie Raimund Orfeo Voigt ein Bühnenbild hat entwerfen lassen, das einen Guckkasten, aus dem Maresi Riegner als Fräulein Julie, Sarah Viktoria Frick als Köchin-Hausmädchen Kristin und Itay Tiran als Diener Jean nie vor dem Schlussapplaus heraustreten, auf die bis auf Beleuchtungskörper leere Bühne stellt.

Nennen wir es diskutieren

Wir schauen also in ein Bad (mit Badewanne und Heißwasserboiler, wohl etwa 1980er Jahre, auf der linken, Waschbecken und WC auf der rechten Seite), und manchmal, wenn die immerhin gelb verglaste Badezimmertüre geöffnet ist, erhaschen wir auch einen Blick in den Gang dahinter, der vermutlich links zum Salon, rechts in die Küche oder die Personalräume führen mag. Dass dieses Bad die mit komplett entspiegeltem Glas verkleidete sogenannte Vierte Wand beherbergt, erkennen wir, als Kristin jene Glasscheibe auch noch von innen putzt. Bisweilen belauscht Kristin dann, wenn sich ihr möglicher Verlobter Jean von Julie zu sexuellen Handlungen verführen lässt, oder schneidet sich Julie in der Badewanne die Pulsadern auf, während die beiden anderen draußen vor der Türe, nun, nennen wir es: diskutieren. Und zwar über Gott, die Welt und ihr Verhältnis. Maresi Riegner muss dann (nach dem versuchten Selbstmord; ob Julie am Ende tatsächlich stirbt, lässt diese Inszenierung offen) gefühlt das letzte Drittel des Abends ihre Rolle des hier nur mehr als manisch-depressiv (heute wohl korrekter: bipolar-gestört) zu bezeichnenden Fräuleins völlig nackt spielen. Ein tieferer Sinn erschließt sich daraus ebenso wenig wie aus der Guckkastenperspektive.

Wesentlich fröhlicher geht es da schon bei der nächsten Premiere, diesmal im Kasino am Schwarzenbergplatz, zu. „Der Fiskus“ von Felicia Zeller, 2020 für den (wegen der Corona-Pandemie dann leider verschobenen) Mülheimer Dramatikerpreis nominiert, kommt hier unter der Leitung von Anita Vulesica zur österreichischen Erstaufführung. Das Finanzamt, in dessen Alltag Zeller einen Einblick bieten will, wurde sogar sehr behutsam ein wenig austrifiziert. Viel hatten da Regisseurin und Dramaturgie (Rita Czapka, Tobias Herzberg) freilich nicht zu ändern, denn bekanntlich gilt als amtlicher Grundsatz im gesamten deutschsprachigen Raum: „Von der Wiege bis zur Bahre – Formulare, Formulare!“

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