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#Urbane Gärtner als Revolutionäre

„Urbane Gärtner als Revolutionäre“

Zwei Revolutionen haben die Menschheit besonders irreversibel geprägt: die neolithische Revolution vor 12.000 Jahren, als der Homo sapiens sesshaft wurde und mit Ackerbau und Viehzucht begann, sowie vor knapp dreihundert Jahren die in­dustrielle Revolution mit ihren technischen Erfindungen und industriellen Produktionsweisen. Geht es nach Akteuren wie dem Weltklimarat oder dem Weltbio­diversitätsrat, steht uns heute eine dritte Umwälzung auf ganz großer Skala ins Haus.

Denn vier von neun planetaren Belastungsgrenzen sind bereits überschritten. Steigende Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt als Folge des Krieges in der Ukraine bezeugen, wie verletzlich das Wirtschaftssystem gerade im Lebensmittelsektor ist. Deswegen müssen Veränderungen her, da sind sich die Fachleute einig. „Es reicht nicht, dem Lebensmittelsystem hier und da ein paar Flicken zu verpassen“, erklärt Christoph Rupprecht, Professor für Nachhaltigkeit und globale Umweltstudien an der Ehime-Universität in Japan. Seit einigen Jahren schon suchen Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen daher nach neuen Antworten auf die Frage, wie Lebensmittel produziert werden könnten.

Die Erträge können nicht mehr wachsen

Meist ist dann von „nachhaltiger“ Landwirtschaft die Rede. Das Wort macht sich gut in Werbespots und Parteiprogrammen. Vielleicht auch, weil der Begriff einigermaßen dehnbar ist. Einig ist man sich oft nur über seinen Ursprung in der Forstwirtschaft. Dort agiert nachhaltig, wer nicht mehr Holz fällt, als jeweils nachwachsen kann. Während Nachhaltigkeit heutzutage einige eng mit Umweltschutz verbinden, geht es bei anderen darum, sparsam zu wirtschaften oder aber, Ressourcen zu schonen. Letzteres ist heute tatsächlich auch Trend in der Landwirtschaft.

Das war aber nicht immer so. Mehr Dünge- und Pflanzenschutzmittel, neue Züchtungen ließen auf dem Acker die Erträge steigen und bescherten uns in den letzten siebzig Jahren einen nicht unerheblichen Teil des Wohlstands, den wir heute genießen. Doch mittlerweile stoßen die Steigerungen an Grenzen. Laut Forschern des Helmholtz-Zen­trums für Umweltforschung in Leipzig können Erträge für Grundnahrungsmittel wie Weizen kaum mehr wachsen. Gleichzeitig sind fruchtbare Ackerböden schon heutzutage vielerorts rar, und der Klimawandel samt seinen Begleiterscheinungen wird das Problem in etlichen Weltgegenden künftig verschärfen.

Die Fachleute fordern daher einen Wandel der Agrarwirtschaft hin zu strukturell nachhaltigen Lösungen statt Veränderungen in kleinen Schritten. Eine Gruppe aus mehr als dreißig Wissenschaftlern verschiedener Länder und Fachrichtungen, angeführt von Steven McGreevy, Assistant Professor für urbane Nachhaltigkeitsstudien an der Universität von Twente in den Niederlanden, setzt dafür gleich auf globaler Ebene an. In einem Perspektiven-Artikel, der letzte Woche in „Nature Sustainability“ erschienen ist, beschreibt das Team auf Grundlage von rund einhundert Studien, wohin sich Agrarsysteme entwickeln müssen, um wirklich nachhaltig zu werden. „Ein Lebensmittelsystem, das auf endloses Wachstum ohne Grenzen ausgerichtet ist, kann nicht die Lebensmittel produzieren, die wir benötigen, ohne dabei die Belastungsgrenzen der Erde zu überschreiten“, sagt McGreevy.

Dafür benennen die Autoren um McGreevy fünf Prinzipien für einen Postwachstums-Stoffaustausch, also für eine neue Art und Weise, in der Stoffe und Lebewesen im Lebensmittelsektor und der Landwirtschaft interagieren könnten. Die Stichworte dafür, sagt Rupprecht, seien Suffizienz, Regeneration, Verteilung, Fürsorge und Gemeingüter. Diese würden die Abkehr von einer wachstumsorientierten Logik zugunsten einer der Effizienz im Sinne eines geringeren Ressourcenverbrauchs markieren. Es gehe um Qualität statt Quantität mit dem Ziel, soziale und wirtschaftliche Bedürfnisse in Einklang zu bringen, gleichzeitig darum, ein Gleichgewicht aus Entnehmen und Regenerieren in bestehenden Ökosystemen zu schaffen, Ressourcen gerecht zu verteilen und füreinander zu sorgen, statt gegeneinander zu wirken. Außerdem gelte es, Lebensmittelfragen in gemeinschaftlichen Entscheidungsstrukturen zu klären, wie das schon die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom vor rund zehn Jahren vorschlug.

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