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#What’s up with the Candy Bar?

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„What’s up with the Candy Bar?“

Candy Bar – das klingt nach Spaß, nach letztem Schultag vor den Ferien, nach Wassereis im Mund und Sommersprossen auf den Ohrläppchen. Aber der Name täuscht. Eine Candy Bar wird erst viel später im Leben befüllt, auf Hochzeiten. Ausgerechnet in den Momenten, in denen man sich besonders krampfhaft bemüht, erwachsen zu wirken, steht sie da, neben dem Sitzplan und dem Tisch für die Geldgeschenke.

Dabei ist die Candy Bar nicht wie die anderen Buffets. Bei ihr ist es greller, es gibt mehr Plastik, Geschenkbänder und Tülldecken. Wie alles bei einer Hochzeit folgt eine Candy Bar Regeln. Wer sie noch nicht kennt, braucht nur zu googeln:

  1. „Die Candy Bar ist ein Must Have. Sie macht jede Hochzeit zu einem unvergesslichen Erlebnis.“
  2. „Bevor ihr auch nur daran denkt, euch über die Art der Süßigkeiten Gedanken zu machen, überlegt euch ein Farbkonzept. Wollt ihr einen Pastelltraum? Dann schlagt euch poppige Haribo-Fantasien aus dem Kopf.“
  3. „Die Candy Bar darf auch schmecken, muss aber gut aussehen.“
  4. „Eine Candy Bar ist nicht zu verwechseln mit dem Sweet Table. Der Sweet Table ist ein einfaches Kuchenbuffet.“
  5. „In eine Candy Bar gehören unter anderem: essbare Ketten, Ufos, Schnüre, Brauseherzen, Lollis, Colakracher, rosa oder weiße Mäuse, Marshmallows, Popcorn.“
  6. „Den Aufbau der Candy Bar bitte abgeben! Das Team der Location, der Hochzeitsplaner oder auch mal die Trauzeugin bauen die Candy Bar sicher gerne nach euren Wünschen auf. Ihr solltet dies am Hochzeitstag tunlichst unterlassen.“

Bei einer Candy Bar geht es nicht ums Essen. Ihr Gelingen misst sich nicht an der Süßigkeiten-Qualität. Keiner, der älter als zehn ist, mag Lollies, vor allem nicht zu Aperol Spritz. Das ist gut, denn würden sich zu viele an ihr bedienen, sähe sie nicht mehr ansprechend aus. Und die Ästhetik ist das Wichtigste an der Candy Bar.

Viel Gestaltungsspielraum gibt es dafür nicht, sie wird immer wieder aufs Neue kopiert. Ihre Pastelltöne folgen den Zuordnungen alter Geschlechterrollen. Denn es ist in aller Regel die Frau, die die Hochzeit plant. Deswegen sind die Marshmallows rosa, die Brauseherzen zitronengelb, die Ufos zartgrün.

Die Candy Bar kommt wie so vieles aus Amerika. Sie kostet natürlich Geld – Hochzeitsplaner rechnen mit etwa sieben Euro pro Person. Deswegen schlägt Hochzeitsbloggerin Janina aka „Die Perlenmama“ gleich vor: „neben der Candy Bar eine Spardose aufstellen, so dass man sich seine ‚bunte Tüte‘ quasi wie damals für ‚ne Mark‘ kauft“.

Die Hochzeit wäre einfacher ohne Candy Bar, schlichter. Aber genau das lässt das Fest in den Augen vieler Brautpaare und wahrscheinlich auch in denen einiger Gäste weniger wert erscheinen. Denn die Candy Bar verspricht ein weiteres Erlebnis zu liefern. So schreiben es die Hochzeitsplaner ja auch: „Sie macht jede Hochzeit zu einem unvergesslichen Erlebnis.“

In einer Wohlstandsgesellschaft wie der unseren sind Erlebnisse die wichtigste Währung. Sie sollen uns Glück liefern. Das Problem ist nur – so beschreibt es der Soziologe Gerhard Schulze in seinem Klassiker „Die Erlebnisgesellschaft“: „Erlebnisse sind psychophysische Konstruktionen, die sich nicht durch Gegenstände substituieren oder an Dienstleistungsunternehmen delegieren lassen.“ Das heißt: Die Garantie, etwas Tolles zu erleben, kann man nicht kaufen. Das Risiko, enttäuscht zu werden, lässt sich nicht eliminieren.

Das wahre Wesen der Candy Bar hat Guy Debord schon 1967 in seinem Buch „Die Gesellschaft des Spektakels“ enthüllt: Sie ist ein Pseudoneed. Ohne Sinn und Zweck. Wie die Taschentücher-Packungen mit „Für die Freudentränen“, die den Gästen zur Trauung gereicht werden, soll sie Emotionen erzeugen und bestätigen. Aber die Candy Bar ist nicht für die freudige Rührung, sondern für die Nostalgie zuständig. Ein Gefühl, das keine Funktion auf einer Hochzeit hat. Die Candy Bar dient nicht dem Erlebnisprojekt Heirat, von dem sich das Brautpaar großes Glück erhofft, weil sie – anders als die Party selbst – nie unvergesslich ist. Sie kann nicht für einen legendären Tag sorgen, das können nur die Anwesenden selbst.

Anders als die Hochzeitstorte hat die Candy Bar nicht mal einen Platz in dem Schauspiel, das eine Hochzeit heutzutage ist. Sie strukturiert den Tag nicht, sie hilft Brautpaar und Gästen nicht, sich bei all der Aufregung und all den Erwartungen richtig zu verhalten. Sie ist einfach nur da, auf gefühlt jeder zweiten Hochzeit. Warum nur?

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