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#Ein Gefährder, der Panzerfäuste mit nach Hause nahm

Ein Gefährder, der Panzerfäuste mit nach Hause nahm

„Wie kann es sein, dass jemand Zugang zu Waffen hatte und sie mitnehmen konnte, der von den Sicherheitsdiensten als Person mit extremistischen Vorstellungen geführt wird und sogar schon Drohungen ausgesprochen hat?“ Gute Frage. Alexander De Croo hat sie am Mittwoch aufgeworfen, der belgische Premierminister.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Das ganze Land stellt sie sich, seit ein schwer bewaffneter Berufssoldat Anfang der Woche untertauchte und in einem Brief ankündigte, er werde „das Regime und die Virologen angreifen“. Am Donnerstag suchten schwer bewaffnete Sondereinheiten von Polizei und Armee den dritten Tag in Folge nach dem Mann aus der Provinz Limburg im Dreiländereck mit den Niederlanden und Deutschland. Mehrfach berichteten Reporter und Ohrenzeugen von Schüssen im Nationalpark Hoge Kempen, doch zunächst wurde niemand festgenommen.

Es ist eine überaus bizarre Geschichte, die da Stück für Stück bekannt wird. Die belgische Staatsanwaltschaft identifizierte den Gesuchten mit vollem Namen als Jürgen Conings. Den Sicherheitsbehörden ist er gut bekannt. Das belgische Antiterrorzentrum führt ihn auf einer Liste mit 48 Personen, die wegen ihrer rechtsextremistischen Gesinnung beobachtet werden, und zwar als Gefährder der Kategorie vier („sehr ernst“).

Namensanspielung auf die Waffen-SS

Conings stand in Kontakt mit einem flämischen Rechtsextremisten, der seit 2014 im Gefängnis sitzt. In sozialen Netzwerken gab er sich als Anhänger der rechtsradikalen Partei Vlaams Belang zu erkennen. Eines seiner Profile ist unter dem Namen „Siegrune.Walkuren“ zu erreichen – vordergründig eine Anspielung auf Wagners Oper „Die Walküre“, aber eben auch auf das Erkennungszeichen der Waffen-SS.

Dieser Mann konnte seelenruhig seinen Dienst in der belgischen Armee verrichten, der er seit 1992 als Berufssoldat angehört. Er war mehrmals in Auslandseinsätzen, in Kosovo, in Bosnien-Hercegovina, in Libanon, zwischen 2017 und 2019 auch im Irak und in Afghanistan, wo er Soldaten ausbildete. Zuletzt war er in Leopoldsburg stationiert, in der Provinz Limburg, wo er auch privat lebte. Auf dem Stützpunkt bereitet das belgische Heer seine Soldaten auf Auslandseinsätze vor. Conings leitete solche Kurse. Am Montag soll er von dort einen Haufen Waffen mitgenommen haben, um eine Schießübung am Mittwoch vorzubereiten. So berichten es belgische Medien. Allein das wirft Fragen auf: Üblicherweise werden Waffen nicht Tage vor einer Übung ausgegeben, und schon gar nicht, um sie mit nach Hause zu nehmen.

Am Montagabend kehrte der Soldat nicht zu sich nach Hause in Dilsen-Stokkem zurück, wo er mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern lebt. Der Ort liegt an der Maas, einen Steinwurf von der Grenze zu den Niederlanden entfernt. Conings soll zwei Briefe hinterlassen haben. In einem teilte er mit, er könne „nicht mehr in einer Gesellschaft leben, in der die Politiker und die Virologen uns alles genommen haben“. Er kündigte an, er gehe nun in den Widerstand und werde sich nicht kampflos ergeben.

Seit diese Briefe gefunden wurden, fahndete die Staatsanwaltschaft nach dem Mann. Am Dienstagabend stieß sie am Rand des Nationalparks Hoge Kempen, nicht weit von seinem Haus entfernt, auf seinen Geländewagen; das Nummernschild war abmontiert. Im Wagen fanden die Ermittler vier Panzerfäuste des Typs M72 LAW samt Munition. Das ist eine schultergestützte Waffe, die dreißig Zentimeter Panzerstahl durchschlagen kann und von vielen NATO-Staaten verwendet wird.

Anwohner melden Schüsse aus dem Park

Conings selbst blieb verschwunden. Die Behörden vermuten, dass er zwei leichtere Waffen mitnahm, eine moderne Maschinenpistole des Typs P90 und eine halbautomatische Pistole. Am Mittwoch und Donnerstag suchten 250 Polizisten und Soldaten, schwer bewaffnet und in Tarnanzügen, im Nationalpark Hoge Kempen nach ihm. Das Gelände, von Wald und Heide geprägt, ist rund 12000 Hektar groß, das entspricht einer Fläche von elf mal elf Kilometern. Für die Öffentlichkeit wurde der Park gesperrt, ebenso ein Teil der nahen Autobahn E 314.

Am Mittwochabend und am Donnerstagmorgen berichteten Reporter und Zeugen, sie hätten Schüsse aus dem Park gehört. Die Polizei wollte sich dazu nicht äußern. Am Donnerstagnachmittag teilte sie mit, es gebe einen Einsatz in der Nähe von Löwen, ein ganzes Stück weiter westlich, schon nahe Brüssel. Man gehe dort einem Hinweis auf den gesuchten Soldaten nach, es bestehe aber „kein Grund zur Sorge“. Derweil berichteten Radio und Fernsehen durchgehend über den Gesuchten, vor dessen Gefährlichkeit die Staatsanwaltschaft ausdrücklich gewarnt hatte. Wer ihn sehe, solle auf keinen Fall Kontakt mit ihm aufnehmen, hieß es im Fahndungsaufruf, der Mann könne Feuerwaffen tragen.

Immerhin einer befand sich da schon in Sicherheit: der Virologe Marc Van Ranst. Die Polizei hatte den angesehenen Wissenschaftler mit seiner Familie an einen geschützten Ort gebracht. Ob Conings in seinen zurückgelassenen Schreiben konkrete Drohungen gegen ihn richtete, ist nicht bekannt. Aber im vorigen Jahr versuchte er über soziale Netzwerke herauszufinden, wo Van Ranst, der an der Katholischen Universität Löwen lehrt und forscht, privat wohnt.

In Belgien ist Van Ranst so bekannt wie Christian Drosten in Deutschland. Er steht für einen strikten Lockdown-Kurs. Auf Twitter lieferte er sich mehrfach Auseinandersetzungen mit dem Vlaams Belang, der Flandern von Belgien abspalten will. In eigener Sache schrieb er nun im selben Dienst, er wundere sich nicht über Drohungen von Rechtsextremisten: „Gegen die Covid-Regeln und gegen die Covid-Impfungen zu sein, geht viel zu oft einher mit Gewaltverherrlichung und rohem Rassismus.“

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