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#„Eine Operation am offenen Herzen“

Herr Doktor Çelik, wir haben mit Ihnen oft über Ihre Arbeit auf der Covid-Station im Klinikum Darmstadt gesprochen. Künftig wollen wir mit Ihnen regelmäßig auch über andere Themen im Gesundheitswesen reden, die uns alle bewegen. Gerade sind Sie als Helfer zum zweiten Mal im Erdbebengebiet in der Türkei. Wie ist dort die Lage?
Als ich zum ersten Mal in der Hafenstadt Iskenderun war, hatte man gerade das erste Chaos überstanden, das war etwa zwei Wochen nach dem Erdbeben. Wir haben hier ein Feldkrankenhaus aufgebaut, und ich habe seitdem aus der Ferne mitverfolgt, wie das weiterläuft – und versprochen, dass ich zurückkomme, sobald ich Zeit habe. Ich wollte natürlich wissen, wie es den Menschen jetzt geht, wie die medizinische Versorgung läuft, wie die Aufräumarbeiten vorangehen. Dieser Eindruck beim ersten Mal hat Spuren hinterlassen, das konnte ich nicht einfach so abhaken. So geht es vielen Helfern. Mittlerweile sind zumindest die Trümmer der eingestürzten Häuser weggeräumt worden. Nicht alle Verschütteten konnten vorher geborgen werden. Die Trümmer wurden in große Gruben geschüttet, das ist ein gespenstischer Anblick, denn unter diesem Schutt liegen noch sterbliche Überreste. Aber in einer 400.000-Einwohner-Stadt wie Antakya, die in der Nähe von Iskenderun liegt, ist fast jedes Haus so beschädigt, dass es abgerissen werden muss – und das hat noch gar nicht angefangen. Das ist ein unbegreiflicher Anblick, es sind nur noch wenige Menschen in dieser Geisterstadt. Manche wohnen in Containern, aber Hundertausende sind weggezogen. 

Was für Beschwerden haben Ihre Patienten in dem Erdbebengebiet?
Das ist ein ganz buntes Bild. Heute wurden hier 225 Patienten betreut, das erstreckt sich über die gesamte Bandbreite der Medizin, von Dingen, die eigentlich ein Hausarzt erledigt, bis zu Notfällen wie einem Schlaganfall- oder Herzinfarktverdacht. Es gibt mittlerweile einige staatliche und einige von NGOs geführte Feldkrankenhäuser. Das, in dem ich arbeite, wird von der Stadt Istanbul betrieben. Da die medizinische Infrastruktur komplett zusammengebrochen ist, müssen die Feldkrankenhäuser tatsächlich alles leisten, vom Verschreiben von Rezepten bis zur Intensivtherapie. Momentan sind viele Atemwegsinfektionen zu beobachten. Viele Patienten klagen seit dem Erdbeben über Husten. Die Menschen waren großen Mengen anorganischer Stäube ausgesetzt; das kann bei Inhalation  chronische Lungenerkrankungen hervorrufen wie COPD, Pneumokoniosen und Lungenfibrosen. Das ganze Ausmaß wird sich erst noch zeigen, da die Krankheiten langsam voranschreiten. Da werden Erinnerungen an die Lungenerkrankungen der Erst­helfer des 11. Septembers wach. Bei denen haben sich durch den Staub verschiedene chronische Lungenkrankheiten entwickelt – dazu könnte es hier in noch größerem Ausmaß kommen. Darum muss man sich frühzeitig kümmern, die Menschen dürfen damit nicht alleingelassen werden. Auch wenn viele noch gar nicht so weit sind, sich um ihre eigene Gesundheit zu kümmern.

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