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#Verbotsdebatte: Die Tiktok-Konkurrenz lauert

Die Zahlen des Tiktok-Mutterunternehmens Bytedance zeigen: Der Markt für Kurzvideos ist groß und kann beträchtlichen Einfluss haben. Für den Fall eines Verbots in Amerika bringen sich jetzt schon Konkurrenten in Stellung.

Niemand scheint mehr ohne Tiktok auszukommen. Bundeskanzler Olaf Scholz, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft oder der amerikanische Präsident Joe Biden – sie alle meldeten sich in den vergangenen Wochen und Monaten bei Tiktok an oder schlossen im Falle der Nationalmannschaft sogar eine Medienpartnerschaft mit der Kurzvideoplattform. Schätzungsweise 1,5 Milliarden Nutzer lassen sich monatlich vom unendlichen Fluss der Videos hinfortschwemmen. Fast 21 Millionen Menschen sind es in Deutschland, in den Vereinigten Staaten 170 Millionen. Die chinesische Schwester-App Douyin soll 750 Millionen Nutzer haben.

Ob dieser Nutzerzahlen verwundert ein starker Gewinnanstieg des Mutterunternehmens Bytedance nicht. Laut dem Finanznachrichtendienst Bloomberg sprang der Gewinn von Bytedance im Jahr 2023 um 60 Prozent von 25 auf 40 Milliarden Dollar. Der Umsatz soll 120 Milliarden Dollar betragen haben, im Vergleich zu 80 Milliarden im Vorjahr. Im vergangenen Dezember bot das Unternehmen an, für 5 Milliarden Dollar Anteile von Investoren zurückzukaufen. Damit kommt das nicht börsennotierte Unternehmen auf eine Bewertung von 268 Milliarden Dollar.

Vornehmlich machen die beiden Plattformen Tiktok und Douyin ihr Geld mit Werbung. Für Nutzer wird sie nahtlos in den Fluss von Videos eingebettet, zum Beispiel wenn sie in der Smartphone-App ein Video wegwischen. Auch sind viele Marken und Unternehmen auf der Plattform aktiv, und sogenannte Influencer verdienen Geld, indem sie ihre Inhalte mit bezahlter Produktwerbung verweben. Auch eine Shopping-Funktion hat Tiktok in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich mittlerweile.

Wirtschaftsfaktor Tiktok

Einem Anfang April veröffentlichten Bericht von Tiktok zufolge setzten kleine und mittlere Unternehmen in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr mithilfe der Plattform 14,7 Milliarden Dollar um. Tiktok geht davon aus, dass kleine und mittlere Unternehmen, die Tiktok verwenden, rund 24,2 Milliarden Dollar zur amerikanischen Wirtschaft beigetragen haben.

Solch rosige Zahlen veröffentlicht das Unternehmen sicherlich auch, weil es in den Vereinigten Staaten um seine Existenz bangen muss. Im Moment diskutiert der amerikanische Senat ein Gesetz, das Bytedance aufgrund seiner Verbindungen nach China zwingen könnte, Tiktok in den Vereinigten Staaten zu verkaufen. Die Furcht ist, dass die Kommunistische Partei Chinas die große Reichweite der Plattform nutzen könnte, um Einfluss auf ihre Widersacher auszuüben.

Wachstumssegment Kurzvideos

Falls das Gesetz den Senat passiert und vom Präsidenten unterzeichnet würde – Joe Biden signalisierte trotz seiner eigenen Tiktok-Präsenz schon Zustimmung –, könnte Tiktok zunächst der Betrieb untersagt werden, bevor es verkauft würde. Das ließe einen großen Kuchen, der im Moment schnell größer wird, auf dem Tisch stehen. Dem internationalen Werbeverband IAB zufolge haben sich die Werbeausgaben für Kurzvideos in den Vereinigten Staaten von 2020 bis 2022 auf 6,2 Milliarden Dollar verdoppelt.

In der jetzigen Verbotsdebatte bringen sich Spieler in Stellung, die den Kuchen unter sich aufteilen wollen. Vor Ostern wurde bekannt, dass das Berufsnetzwerk Linkedin von Microsoft mit Kurzvideos experimentiert. Offenbar wettet Microsoft damit auf eine Zersplitterung des Marktes. Tiktok bietet im Moment für zahlreiche Nutzergemeinschaften eine Heimat. Sie organisieren sich unter sogenannten Hashtags. Unter #careertok sammeln sich etwa Influencer, die Karriereratschläge in knappen Videos weitergeben. Linkedin dürfte diese Gruppe mit offenen Armen begrüßen.

Eigene Anbieter für verschiedene Gemeinschaften?

Auch der Essenslieferant Uber Eats testet in einigen amerikanischen und kanadischen Städten eine Kurzvideofunktion. Tiktok selbst hebt in seinem Wirtschaftsbericht die Bedeutung der Gastronomie hervor, die mehr als ein Viertel des Umsatzes von 14,7 Milliarden Dollar unter kleinen und mittleren Unternehmen ausmacht. Uber Eats will Videos nur anzeigen, wenn ein Restaurant dem Nutzer auch Essen liefern kann.

Anderswo zeigte sich schon, wie ein Tiktok-Verbot sich niederschlägt. 2020 verbot Indien die App im Land, und 200 Millionen Nutzer fanden sich über Nacht quasi digital heimatlos. Im August 2020, zwei Monate nachdem Tiktok verboten wurde, schickte Meta über Instagram seine Reels ins Rennen. Im September folgte Google mit Youtube-Shorts. 2021 zog die Instagram-Schwesterplattform Facebook nach. Lokale Start-ups hatten keine Chance gegen die US-Konzerne, die Wettbewerber schnell verdrängten.

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