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#Viel mehr als Weihnachtskaraoke

Viel mehr als Weihnachtskaraoke

Die Angst, wie es weitergehe in den kommenden Monaten, sei jetzt eigentlich größer als während des ersten Lockdowns, meint die Oboistin und Schalmeienspielerin Katharina Bäuml. Wann wird ein halbwegs normaler Konzertbetrieb wieder möglich sein? Kann ihr Ensemble, die auf Alte Musik spezialisierte Capella de la Torre, überleben? Die freie Szene trifft es hart. Konzerte entfallen, die damit verbundenen Einnahmen ebenso. „Wir dürfen klagen“, sagt Bäuml „aber wir müssen auch selbst etwas tun.“ Sie hat eine neue Streaming-Plattform initiiert, die im September freigeschaltet wurde.

Keine reine Corona-Idee: Bäuml hatte sich schon vor der Pandemie-Zeit gefragt, wie ein direkteres Zusammentreffen mit dem Publikum möglich sein könnte. Die Nöte der konzertfreien Zeit beförderten den Planungsprozess. Auftritte kostenlos über soziale Medien zu streamen kam für die Ensembleleiterin aus Prinzip nicht in Frage: Als freier Musiker sollte man nicht auch noch aktiv zum Werteverfall der eigenen Leistung beitragen. Ein Streaming-Portal mit Bezahlschranke also, wobei derzeit ein fester Betrag noch entfällt und stattdessen um Spenden gebeten wird.

Die Plattform soll offen sein für weitere Ensembles, weshalb ein eher neutraler Name gewählt wurde: Bei „Studio4culture“ soll Platz sein nicht nur für Alte Musik, sondern auch für zeitgenössische Musik oder Jazz, ähnlich wie es die Capella de la Torre auch schon in ihren Konzerten erprobt.

Der Rias-Kammerchor als befreundetes Ensemble ist bereits mit im Boot. Zwei Konzerte des Chores lassen sich bislang in der Mediathek abrufen neben den Auftritten der Capella. Ähnlich wie in der Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker gibt es Begleitprogramm: erläuternde Interviews mit den Künstlern etwa und Informationen zum Programm in wählbarer Länge. Gar der Blick in die Partitur, die die Musikerinnen und Musiker der Capella meist selbst aus den Originalquellen erstellen, wird ermöglicht. Nach dem gestreamten Konzert stehen die Protagonisten eine weitere halbe Stunde vor der Kamera, die Zuschauer können per Chat Fragen stellen. Eine Art der direkten Zuschauerbeteiligung, wie sie in Talkshows im Fernsehen mittlerweile üblich ist, im Bereich des Klassik-Streamings aber durchaus neu.

Was die Beteiligung des Publikums angeht hat Katharina Bäuml, die nicht müde wird zu betonen, dass Streaming kein Ersatz für ein echtes Konzerterlebnis sein kann, einen weiteren Versuchsballon gestartet und lädt in chorfeindlichen Zeiten zur „Winterkaraoke“ ein: Sänger des Rias-Kammerchores und Instrumentalisten der Capella de la Torre haben Advents- und Weihnachtslieder aufgenommen und laden zum Mitsingen ein. Texte und Noten werden bereitgestellt, singfrohe User können ihre Heimvideos einsenden.

Bei der Finanzierung der Plattform helfen neben Spenden vor allem Mittel aus dem Rettungsprogramm, das die Kulturstaatsministerin für die freie Szene aufgelegt hat. Doch kostet die Realisierung eines Streamings wie die Betreuung der Homepage viel Geld: Techniker und Programmierer arbeiten selten zu Tagessätzen, wie sie freie Musiker gewohnt sind. Etwa doppelt so teuer werde ein Konzertauftritt durch das Streaming, sagt Bäuml. Gelder, die auf lange Sicht erst einmal bereitgestellt werden müssen. Gleichwohl glaubt die Ensembleleiterin an die Zukunft des Projekts. Weitere Ensembles, die gerne über die neue Plattform senden würden, haben bereits Interesse angemeldet. Derweil ist der Capella de la Torre eine Präsenz im Internet sicher, während die Konzerthäuser geschlossen sind: Am 16. Dezember wurde bereits ein Weihnachtskonzert freigeschaltet, am 23. Dezember wird ein nächstes folgen, weitere sind bereits aufgenommen worden. Katharina Bäumls Jahresbilanz fällt derweil deutlich aus: Sie habe noch nie so viel gearbeitet wie in diesem Jahr. Weniger im musikalischen Bereich als bei der Beschäftigung mit technischen und rechtlichen Fragen.

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