Nachrichten

#Viele Argumente dagegen sind nicht stimmig

„Viele Argumente dagegen sind nicht stimmig“

Zugegeben, man kann die Worte Dienst und Pflicht für verstaubt halten. Erst recht, wenn man sie zusammennimmt und daraus eine Dienstpflicht macht. Kein Wunder also, dass ihre Gegner genau darauf abzielen. Die Jungen Liberalen etwa finden, Steinmeiers Vorschlag eines Gemeinschaftsdienstes komme aus der „Mottenkiste“. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, spricht abwertend von einem „Klassiker aus dem Sommerloch“. Als wäre in dem Umstand, dass etwas alt ist, automatisch schon das Urteil darüber enthalten.

Es gibt durchaus gute Argumente gegen eine Dienstpflicht. Zum Beispiel, dass es die Bundeswehr überfordern würde, wenn es zu viele Wehrdienstleistende gäbe. Es geht schon mit den Kasernen los. Davon hat die Armee zu wenige, um jedes Jahr Hunderttausende Heranwachsende zu beherbergen. Sie hat kaum Munition, um ihnen das Schießen beizubringen, und nicht genug Tarnfleck, um sie einzukleiden. Wer die Wehrpflicht zurück will, muss Milliarden ausgeben und Jahre warten, bis sie wieder funktioniert. Aus Sicht der Kritiker noch dazu mit zweifelhaftem Nutzen.

Was es brauche, seien keine bibbernden Wehrpflichtigen, die schon damit überfordert sind, ein Gewehr zu entsichern, sondern hoch spezialisierte Berufssoldaten. Manche verweisen auf das Grundgesetz, das Zwangsarbeit untersagt. Und viele heben hervor, dass Jugendlichen in der Pandemie genug abverlangt wurde. Jahre hat man ihnen durch die Maßnahmen genommen, jetzt soll nicht noch ein weiteres dazukommen.

Berufsheer und Wehrpflicht schließen sich nicht aus

All diese Einwände stimmen. Sie sind aber nur dann besonders stimmig, wenn man einiges weglässt. Beispiel Zwangsarbeit. Im Grundgesetz steht, niemand dürfe zur Arbeit gezwungen werden. Da steht aber auch: „Außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“ Man muss schon mitten im Satz aufhören zu lesen, um aus dem Grundgesetz abzuleiten, dass eine Dienstpflicht per se verfassungswidrig wäre. Außerdem hat niemand gefordert, dass die Feldjäger ausrücken sollen, falls sich jemand weigert, ein paar Monate im Altenheim zu arbeiten. Warum definiert man den Willen, der Gemeinschaft zu dienen, nicht als Teil der Eignung? Wer ihn partout nicht aufbringen will, der ist eben ungeeignet. Eine Dienstpflicht wäre auch dann ein Signal, wenn sie nicht bedingungslos durchgesetzt würde.

In einem Seniorenheim im brandenburgischen Wildau betreut ein junger Mann im Rahmen seines Bundesfreiwilligendienstes einen älteren Herrn.


In einem Seniorenheim im brandenburgischen Wildau betreut ein junger Mann im Rahmen seines Bundesfreiwilligendienstes einen älteren Herrn.
:


Bild: dpa

Verkürzt sind auch die Argumente gegen eine Wehrpflicht. Die Bundeswehr mag im Moment andere Sorgen haben. Das heißt aber nicht, dass eine Wehrpflichtarmee Unsinn ist. Die Ukraine zeigt, wozu eine solche imstande ist. Wenn Postboten und Professoren gemeinsam ihr Land verteidigen, können sie selbst einem übermächtigen Gegner standhalten. Ein schlagkräftiges Berufsheer und die Wehrpflicht schließen sich zudem nicht aus. Sie ergänzen sich vielmehr. Das kann man in Finnland sehen. Die Berufssoldaten sind für die komplizierten Sachen zuständig, Cyberangriffe, große Angriffsoperationen, die Luftabwehr. Reservisten und Wehrpflichtige bewachen wichtige Straßen und verhindern Sabotageakte. Nur, wenn es hart auf hart kommt, schickt man sie an die Front. Wenigstens wissen sie dann, wie man ein Sturmgewehr bedient. Kaum überraschend also, dass es Verteidigungsfachleute gibt, die einer Wehrpflichtarmee etwas abgewinnen können. Das wird in der Diskussion gerne weggelassen, um sie gleich abzuwürgen. Stichwort Mottenkiste.

Dann gibt es noch den Einwand, Jugendliche hätten in der Pandemie genug geleistet. Der ist am leichtesten zu entkräften. Denn eine Dienstpflicht beträfe erst künftige Generationen und nicht die, die heute 17 ist. Sie könnte sogar befreiend wirken. Und zwar für alle, die gerne ein Freiwilligenjahr machen würden, sich aber nicht trauen, weil sie Angst haben, im Berufsleben zurückzufallen. Es kann selbst jemand vom Dienst profitieren, der am Anfang dagegen war. Weil er Menschen kennenlernt, mit denen er sonst nichts zu tun hätte, Alte, Gebrechliche, Behinderte und Leute unterschiedlicher Bildungsstufen. Weil er lernt, was sie bewegt, und dass es für viele wichtiger ist, was ein Liter Sprit an der Tankstelle kostet als ein Liter frisch gepresster Orangensaft.

Man muss gar nicht vom Zusammenhalt der Gesellschaft reden. Man kann mit Thatcher der Meinung sein, dass es so etwas wie eine Gesellschaft nicht gibt, sondern nur eine Ansammlung von Individuen. Damit die aber friedlich zusammenleben können, müssen sie dieselbe Sprache sprechen. Damit ist mehr gemeint als die Landessprache. Sie müssen verstehen, was ihren Nachbarn umtreibt und antreibt, auch wenn sie ihn nicht zum Grillen einladen wollen. Wenn eine Dienstpflicht dazu einen Beitrag leisten könnte, wäre sie sicher nicht verkehrt – und verstaubt wäre sie schon gar nicht.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!