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#Vom Comeback des Telefonierens

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Vom Comeback des Telefonierens

Haben Sie schon mal gesehen, wie eine junge Kollegin im Büro eine Telefonweiterleitung eingerichtet hat? Nein? Das liegt daran, dass sie es vermutlich nicht kann. Bürotelefone sind für die Generationen Z und Y, für meine Generation, der reine Horror. Normalerweise sind schließlich wir es, die mit Geduld und ein bisschen Genugtuung den erfahrenen Kollegen technische Probleme erklären. Die den Unterschied zwischen Snapchat und Tiktok kennen, und die einen Skype-Call für alle einrichten können. Doch mit einem einfachen Telefon können wir nicht umgehen. Geht einfach nicht! Haben wir schließlich nie gelernt.

Johanna Dürrholz

Ich kann trotzdem gar nicht so genau sagen, wann es losging, das mit dem Nicht-mehr-telefonieren-Wollen. Und ob es wirklich nur am Smartphone und an Messengerdiensten liegt. Früher, mit dem Siemens C-irgendwas, haben wir mit dem Schwarm und der Freundin auch gern SMS ausgetauscht – war nur leider meist teuer. Also telefonierten wir stundenlang. Meine beste Freundin und ich gewöhnten uns sogar an, zu Hause fernzusehen und gleichzeitig zu telefonieren und das Gesehene dann zu kommentieren. Wir schauten zum Beispiel „The Simple Life“ auf MTV und überlegten, wen wir netter oder blöder fanden: Paris Hilton – oder doch Nicole Richie? Manchmal schwiegen wir uns sogar am Telefon an. Nach der Schule zu telefonieren, obwohl man sich bis gerade eben noch live und in Farbe gesehen hatte, das war auch eine Art Lebensgefühl.

Stundenlang schickte man in den nuller Jahren teure SMS hin und her.


Stundenlang schickte man in den nuller Jahren teure SMS hin und her.
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Bild: Wolfgang Eilmes

Später dann kamen die Smartphones, die Messengerdienste, die Nachrichten-Flatrates und mit ihnen das Bedürfnis, einander jede noch so kleine Kleinigkeit per Textnachricht mitzuteilen. Stundenlang schickte ich mit Freundinnen und Freunden belanglose Nachrichten hin und her. Irgendwann wurden die schriftlich ausgetragenen Unterhaltungen ernster, tiefer. Sich per Textnachricht auszutauschen, das kann auch sehr intim sein. Man kann sich einander anvertrauen, ohne dass die Stimme oder die Mimik einen verraten. Man kann Dinge ausformulieren, derer man sich vorher gar nicht so bewusst war.

Bei Anruf Panik

Und man beginnt, sich einen Ton anzueignen, einen Chat-Ton, der klarmacht: Jetzt ist es ernst. Oder eben: Jetzt ist es lustig. Lustig geht gut mit Gifs und Emojis, klar. Ernst geht gut mit dem klassischen Punkt. (Der kann aber auch ein Zeichen dafür sein, dass jemand beleidigt ist.) Eine Weile darauf kamen dann die Sprachnachrichten in unser Leben und mit ihnen die Möglichkeit, sehr lange und komplizierte Sachverhalte einander mitzuteilen, ohne dass das Störmedium Smartphonetastatur im Weg steht und ohne dass die andere Person in diesem Moment available sein muss. Sprachnachrichten sind eigentlich Textnachrichten für Faule.

Mit dem Aufkommen dieser Kommunikationsmöglichkeiten starb eine andere Verständigungsform fast gleichzeitig aus: der casual call. Es gab irgendwann noch genau drei Personengruppen, die einen anriefen: Verwandte. Chefs. Menschen, die über den Handyvertrag reden wollten. Alle anderen ließen einen telefonisch möglichst in Ruhe. Und wenn doch mal jemand anrief? Bekam man schwitzige Hände, versuchte nebenbei die Nummer zu googeln oder fragte sich, was ausgerechnet diese Person zu diesem Zeitpunkt, also jetzt in diesem Moment, denn gerade von einem wollen könnte. Unerhört!, dachte man, so reinzuplatzen! Ins Leben! Und das dachte man selbst dann, wenn man eigentlich gar nichts zu tun hatte, womöglich gemütlich zu Hause auf der Couch saß. Wer anrief, war der Feind. Oder störte zumindest. Doll.

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