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#Vom Durst nach Erlebnis und Ausbruch

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Vom Durst nach Erlebnis und Ausbruch

Der Herrscher als Blumenjunge und Spielkind. Seine Gedanken drehen sich um Lampions statt um Schlachtpläne, um Sterne statt Geschosse. Um eine Krone aus Blumen und einen Himmel, der strahlt. Ein Träumer, ein Verwunderter: König Sardanapal, der letzte König des assyrischen Reiches, gilt dem Schauspieler Fabian Hinrichs als Idol. In der heutigen Folge der „Spielplanänderung“ schwärmt er von seinem freien Geist, dem unerbittlichen Bestreben, keine vorgefertigte Rollen zu erfüllen, keine vorgegebene Laufbahn einzuschlagen, nicht einen „fremden Lebensvollzug umzusetzen“, sondern das Leben als „eine Kette von Augenblicken“ zu genießen.

Hinrichs hat das Theaterstück „Sardanapal“ von Lord Byron als zu Unrecht vergessen bezeichnet und im November 2019 im Feuilleton dieser Zeitung mit einem fulminanten Text vorgestellt. Darin hieß es: „Die vergessenen Werke des angelsächsischen Erfolsautors Nummer eins der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts heißen „Manfred“, „Childe Harold“, „Kain“ und – „Sardanapal“. Während „Nathan der Weise“ und überhaupt Lessing im Allgemeinen ruhig eine Zeitlang auf der Ersatzbank der Theater-Nationalmannschaft Platz nehmen könnten, verdient insbesondere die mühelose, frecherweise als Tragödie bezeichnete und Goethe gewidmete, doch peinlicherweise vergessene Melange aus Tragödie, Burleske und Melodram namens „Sardanapal“ eine strahlende Wiedergeburt“.

Hinrichs Appell erregte Aufmerksamkeit bis in die Intendantenetagen hinein. Und so wird Hinrichs das Stück in nicht allzu ferner Zukunft an der neu geleiteten Berliner Volksbühne auf die Bühne bringen. Sein wichtigster Gesprächspartner dabei ist der erfahrene Anarcho-Dramaturg Carl Hegemann. Im Kreuzberger Restaurant „Jolesch“ spricht Charlotte Bernstorff in der heutigen Folge der F.A.Z.-Videoserie „Spielplanänderung“ mit ihm über dieses außergewöhnliche Theaterstück.

Wunsch nach der Gleichheit aller

Sardanapals hedonistischer Leitspruch: „Iss, trink und lieb – der Rest ist keinen Heller wert“ ist auch deshalb so exzeptionell, weil er eben nicht nur dem König selbst, sondern all seinen Untertanen ein genussvolles Leben befiehlt. Er kenne in der gesamten Theatergeschichte kein Stück, so Hegemann, „bei dem sich Menschen so schnell so gut ändern können“ und das gleichzeitig die „Ambivalenz des modernen Menschen“ auf so bemerkenswerte Weise vorzeichne: Jenen Widerspruch zwischen der Sehnsucht nach Einzigartigkeit und dem Wunsch nach der Gleichheit aller. Szenenbilder aus der Videoinstallation „Los Muros de Chile“ des deutsch-schweizerischen Videokünstlers Louis von Adelsheim kontrastieren die gedankliche Analyse des Stücks. Genauso wie filmische Sequenzen der beiden Schauspieler Roberto Romeo und Mirjam Kuchinke, die sich im Hanauer Barockschloss Philippsruhe an Flügel und auf Throne gesetzt haben, um jenem „Kaltgefühl der Falschheit“, das Sardanapal bei der Bezeichnung „Herrscher“ überkommt, eine funkelnde Bühne zu bieten.

Was dieses urromantische Stück so anziehend auch für unsere Tage macht, ist nicht nur seine Aversion gegen die hohle Moral, sondern vor allem auch sein Durst nach Erlebnis und Ausbruch. Das beste Stück also für die Feier der Postpandemie.

Alle Folgen der Video-Theaterserie finden Sie hier in der Übersicht.

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