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#Vom Klima-Kleber zum Sofa-Sitzer

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Klima-Aktivisten lieben Sofas. Zumindest schleppen sie gerne versiffte Polstermöbel vom Sperrmüll in die Hörsäle, erklären die Räume dann für besetzt ­– und fläzen sich auf die Couch. Meistens bleiben sie da ein paar Tage, reden über den Klimawandel, essen Brote mit Hummus und schauen auch mal einen Film zusammen. Was im Grunde ziemlich nett ist. Nur leider versuchen sie, der universitären Gemeinschaft ihre Interpretation der Krise aufzudrücken. Und blockieren dafür den Lehrbetrieb. Was gar nicht so schlau ist.

Seit vergangener Woche besetzten Aktivisten immer wieder Hörsäle in verschiedenen Uni-Städten. Dazu hatte die Bewegung „EndFossil: Occupy!“ aufgerufen, und Studierende in ganz Deutschland sind dem gefolgt. Ob in Magdeburg oder Würzburg, in Bielefeld, Berlin oder München. In Bremen blieben sie sogar eine ganze Woche. Nach Angaben der Aktivisten sei es zu mehr als 20 Besetzungen in Deutschland gekommen. Und bereits im vergangenen Herbst blockierten Studierende vereinzelt Hörsäle.

Die Klima-Proteste sind an der Uni angekommen – und werden wohl bleiben. Die Protestformen werden bunter: Neben Klima-Klebern und Kartoffelbrei-Werfern gibt es jetzt auch die Sofa-Sitzer. Allen gemein ist, dass sie keine sonderlich radikale Form des zivilen Widerstands gewählt haben, ihre Protestformen aber dennoch Folgen haben, welche die Aktivisten nicht ganz überschauen. Blockierte Straßen sind ein unkalkulierbares Risiko, wo Autofahrer keine Rettungsgassen bilden. Beschmutzte Kunstwerke können trotz Glasscheiben Schaden nehmen. Und besetzte Hörsäle sind eine Absage an die Bildungsgesellschaft.

Hier beginnt die Barbarei!

„Während sich die Klimakrise verschärft, können wir nicht in der Vorlesung sitzen“, sagen die Aktivisten. Der Impuls ist nachvollziehbar. Warum soll ich heute Theorien pauken, wenn ich morgen mit den Eisbären um die Wette schwimmen muss? Wem in Anbetracht dieser berechtigten Frage aber nichts Besseres einfällt, als einen Hörsaal zu besetzen, der hat leider nichts verstanden. Denn ohne Bildung lässt sich die Welt nicht verändern. Und dafür braucht es den Hörsaal.

Der ist der Ort, an dem akademisches Wissen zirkuliert. Studenten lernen hier die Grundlagen eines Faches, Professoren überführen dort ihre Forschung in Lehre und die universitäre Gemeinschaft nutzt den Raum zur Debatte. Alles das ist wichtig, damit sich Wissen mehrt. Ein Wissen, ohne das auch der Klimawandel nicht zu besiegen ist. Ob grüne Technologien, neue Wirtschaftsmodelle oder ein Verständnis von menschlichem Verhalten, all das liegt nicht in der Sofa-Ritze versteckt. Sondern kommt aus den Köpfen von Menschen.

Damit es da rauskommen kann, müssen die Köpfe vorher etwas gelernt haben. Nun muss man sich damit abfinden, dass es im Grundstudium einfach noch zu früh ist, Patente für die Rettung der Welt zu entwickeln. Nur wer die Grundlagen kennt, kann auch auf große Ideen kommen. Der Gang durch die Bildungsinstitution ist müßig, aber er kann nicht übersprungen werden. Wer den Hörsaal blockiert, nimmt sich und anderen die Chance, wirklich etwas zu verändern.

Wer jetzt einwenden mag, dass dies, ach, papperlapapp, doch alles nur ein symbolischer Akt ist, dem sei entgegnet: Umso schlimmer! Hier beginnt die Barbarei! Wer Bildungsorte für fremde Zwecke instrumentalisiert, beraubt sie ihrer gesellschaftlichen Kraft. Wer eine Universität unter das Klima-Primat stellen will – auch wenn das Anliegen noch so hehr ist – beraubt sie ihrer Freiheit. Forschung und Lehre entfalten nur ihr volles Potenzial, wenn Wissenschaftler und Studierende so arbeiten können, wie sie möchten. In aller Vielfalt und Meinungsverschiedenheit. Nur im Disput rollt der langsame Karren der Erkenntnis voran. Wer ihn beschleunigen möchte, schafft das sicherlich nicht dadurch, Lernräume ihrer Vielfalt zu berauben.

Das alles ist umso befremdlicher, als Studierende die Blockadeure sind. Also junge Leute, die das Wesen der Bildung eigentlich kennen müssten. Und die Lust darauf haben sollten, ihren Kopf herauszufordern und Dinge zu lernen, die Zeit brauchen. In dem Wissen, dass man heute im Hörsaal sitzen muss, um morgen die Gegenwart zu gestalten. Und zwar auf harten Holzstühlen. Und nicht auf ranzigen Sofas, die zu vielem einladen – aber nicht zum Denken.

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