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#Vom Notanker zum Kapitän

Vom Notanker zum Kapitän

Die am Rand werden gern übersehen, und das ist meistens ein Fehler. Dabei liegt Passau mit seinen drei Flüssen schon lange nicht mehr am Saum des Eisernen Vorhangs, sondern im Zentrum eines Dreiländerecks, in dem Bayern, Österreich und die Tschechische Republik aneinanderstoßen. Es war ein findiger amerikanischer Offizier und Diplomat, der 1952 auf die Idee kam, dieser Grenzregion ein Festival nachgerade zu verordnen, das den Gedanken eines vereinten Europas am verschlossenen Tor zum Ostblock implementierte.

Ein Auftrag zur Völkerverständigung mit langem Nachhall: Die Festspiele Europäische Wochen Passau, abgekürzt Europäische Wochen und unter Kennern nur „EW“ genannt, finden in diesen Wochen zum neunundsechzigsten Mal statt. Gespielt wird – das war in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein Novum, und bis heute ist es landesweit eine Rarität – an Veranstaltungsorten, die über fünf bayerische Landkreise verteilt sind – Passau, Freyung-Grafenau, Deggendorf, Straubing, Regen und Altötting. In Österreich beteiligen sich die Bezirke Schärding und Grieskirchen, in der Tschechischen Republik die Bezirke West- und Südböhmen.

Wenige Jahre nach Gründung bemerkte man in Passau, dass das Festival Löcher in den städtischen Haushalt riss, die nicht zu stopfen waren. Und so wurde ein Trägerverein gegründet, der als Veranstalter fungiert. Bis heute speist er sich hauptsächlich aus der Stadtgesellschaft. Seine Geschichte ist reich an Verwerfungen, zuletzt gab es in den Zehnerjahren gleich zwei Intendanten, die ihren Posten räumen mussten: Peter Baumgardt im Jahr 2016 und Thomas E. Bauer zwei Jahre später. Der 2019 ins Boot geholte Interims-Spielleiter Carsten Gerhard kannte Passau seit 2012, weil er unter Baumgardt als Dramaturg das Programm mitgestaltet hatte. Vergangenes Jahr bot man ihm den Posten bis 2023 an, ohne Ausschreibung, und nun nennt er sich auch offiziell Intendant.

Chefin des Trägervereins zieht ein Resümee

Die Abgänge von Baumgardt und Bauer seien sicher nicht optimal gelaufen, räumt die in vielen Gremien gestählte Juristin Rosemarie Weber ein, die seit acht Jahren an der Spitze des Trägervereins steht. Ein Generationenkonflikt, von allen Beteiligten aus Sorge um „ihr“ Festival befeuert, der in einen damals nicht geglückten Neustart mündete. Heute ist sie voll des Lobes über den Mann, den sie vor zwei Jahren als „Notanker“ gefragt habe, ob er die künstlerische Leitung übernehmen könne. Der 1976 geborene Musikwissenschaftler und Germanist Carsten Gerhard studierte in Berlin, schrieb Musikkritiken, war Pressesprecher des Deutschen Theaters in München, wechselte zu den Münchner Philharmonikern, bevor er sich im Bereich Kulturmarketing selbständig machte.

Der sportliche Mittvierziger wirkt im F.A.Z.-Gespräch konzentriert und entspannt zugleich, eine Gabe, die dem gebürtigen Schwaben hilft, unter den selbstbewussten Niederbayern auf eine unaufdringliche Art zu reüssieren. Sein Credo: „Ein mit öffentlichen Geldern gefördertes Festival hat die Aufgabe, Türen zu öffnen. Subventionierte Kultur muss auch etwas bieten für Menschen, die keine Hochkultur-Adepten sind.“

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