Spiel

#Im Test! Unicorn Overlord

Titel Unicorn Overlord
Japan 08. März 2024
Atlus
Nordamerika 08. März 2024
Atlus
Europa 08. März 2024
Atlus
System PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox Series X/S, Nintendo Switch
Getestet für Nintendo Switch
Entwickler Vanillaware
Genres SRPG
Texte
DeutschlandNordamerikaJapan
Vertonung NordamerikaJapan

Mit Unicorn Overlord strebt Vanillaware nicht nur den Titel des absurdesten Spielnamen an, sondern versucht vor allem die Wurzeln des SRPG-Genres wieder aufleben zu lassen. SRPGs gibt es auch heute noch wie Sand am Meer, allerdings sahen einige Spiele in ihrem Ursprung etwas anders aus, als man bei den aktuellen Titeln vermuten mag. Unicorn Overlord lädt somit zu einer kleinen Zeitreise ein.

Der Begriff SRPG hat über die Welt verteilt viele Bedeutungen. So könnte man bei uns dazu Strategie-RPG sagen, über dem Teich kürzt man diese Spiele mit TRPG ab, was mit dem Zusatz „tactical“ in eine ähnliche Kerbe schlägt. Japan hingegen verstand dieses Akronym immer als „Simulation RPG“, also im Grunde den Gegensatz zu einem üblichen Rollenspiel, das aktive Tasteneingaben erfordert. In einem klassischen SRPG sind Kämpfe simuliert und das nimmt sich auch der neue Vanillaware-Titel zu Herzen.

Natürlich ist es Vanillaware, denn wer wäre sonst in der Lage mit wunderschönen Designs Videospiel-Genres aus längst vergangener Zeit zu neuem Leben zu erwecken? Das Studio füllt seinen Nischenstatus vollends aus, indem man nicht nur seit einer Weile gerne die Genres wie die Unterhose wechselt, sondern auch einem gezeichneten 2D-Look in den Designs treu bleibt. Doch zurück zum Einhorn. Ob Unicorn Overlord auch spielerisch überzeugen kann oder doch vielleicht nur Augenwischerei betreibt, wollen wir uns einmal genauer ansehen.

Klassisches Setup

Unicorn Overlord fackelt nicht lange und springt direkt in die Sache. Das große Königreich Cornia wird von einem einstigen Verbündeten angegriffen und trotz des heldenhaften Einsatzes der Königin muss sie sich der Übermacht geschlagen geben und das Königreich fällt. Eine Kettenreaktion der Ereignisse führt dazu, dass sich auch die anderen Staaten letztlich dem neuen Zenoirischen Herrscher ergeben müssen und fortan die ganze Welt unter dem Joch des erbarmungslosen Unterdrückers steht.

Der einzige Sohn und Kronprinz von Cornia, Alain, flieht und Jahre vergehen, bis er sich bereit sieht, einen Gegenschlag anzuführen. Alain gründet die Befreiungsarmee und nun gilt es jederorts Dörfer, Städte und Staaten zu befreien. Diese simple Prämisse zieht sich quasi auch durch das ganze Spiel, bis man letztendlich das Böse stürzt und die alte Ordnung wiederherstellt. Die Ideologien sind klar verteilt und leider kommt es storytechnisch wenig bis gar nicht zu Überraschungen. Das heißt nicht, dass die Atmosphäre nicht stimmt, allerdings kann man auch nicht behaupten, dass die Geschichte eine große Motivation darstellt.

Die zahlreichen Charaktere, die sich der Befreiungsarmee anschließen, sind ebenso meist weniger vielschichtig als klar definiert in ihrer Absicht und geprägt von ihrer individuellen Vergangenheit. Klar ist für sie nur, aus welchen Gründen auch immer: Alain ist der Protagonist und der Dirigent ihres Schicksals. Das macht sich besonders bei den weiblichen Mitstreitern bemerkbar, die oftmals nach kurzer Zeit schon dem stattlichen Prinzen verfallen. Der fehlenden Charakterentwicklung zum Trotz, schließen sich im Laufe der Geschichte dennoch sympathische und durchweg unterschiedliche Charaktertypen der Truppe an. Für kurzweilige Unterhaltung ist also gesorgt.


Wir leben in einer Simulation

In Unicorn Overlord dreht sich alles um das Kampfsystem beziehungsweise die Vorbereitung dafür. Die Kämpfe selbst gestalten sich ähnlich wie in einem Echtzeit-Strategie-Spiel, zu Beginn stellt man selbst zusammengestellte Truppen auf und versucht daraufhin die gegnerischen Wellen zu unterbinden und strategische Punkte einzunehmen. Treffen zwei Einheiten aufeinander, läuft der Kampf automatisch ab. Siegreich wird man allerdings nur sein, wenn die nötige Vorarbeit geleistet wurde. Stärken und Schwächen der Gegner, sowie die eigenen Skills und Einheitstypen, müssen zunächst studiert werden.

Das Spiel selbst wirft einem lediglich Basisinformationen zu, aus denen man sich dann einen Reim machen muss. Trial and Error ist in der Vorbereitung die Devise und das wird demnach auch vom Spiel ermutigt, indem man an verschiedenen Punkten unverbindliche Schaukämpfe zwischen zwei Truppen abhalten kann. Noch tiefer in die Materie geht es, wenn man sich mit den verschiedenen Skills der Einheiten beschäftigt. Hier kann man aus zahlreichen Konditionen ein Set aus Voraussetzungen für das Ausführen eines bestimmten Skills setzen.

Die Stärke und tatsächlich der Kern von Unicorn Overlord sind diese minutiösen Vorbereitungsphasen. Hier kann man definitiv viel Zeit hineinstecken und die Mühen werden durchaus belohnt, allerdings muss man letztlich auch die Muse dafür haben. Unicorn Overlord ist kein sonderlich herausforderndes Spiel und anstatt einem die vielen Möglichkeiten spielerisch näherzubringen, balanciert man das Spiel so, dass diese Dinge theoretisch gar nicht nötig sind. Das Problem hier ist, dass das Vernachlässigen der Kernkompetenzen des Spiels den Spielspaß komplett in den Keller fallen lässt und Unicorn Overlords Kämpfe im Umkehrschluss eintönig und auslaugend wirken können.




Kämpfe über Kämpfe

Da man in Unicorn Overlord auszieht, um die ganze Welt zu befreien, bietet das Spiel eben auch eine ganze Welt zum Erkunden. Hier gibt es vermeintlich auch viel zu entdecken, alle paar Schritte gibt es ein Fort oder ein Dorf, das Hilfe benötigt oder einfach dem Erdboden gleichgemacht werden muss. Diese verschiedenen Aufgaben sind sogar in einzelne Kategorien unterteilt. Die eroberten Orte bieten dann verschiedenste Händler und auch die Möglichkeit, Städte auszubauen und dedizierte Charaktere als Statthalter einzusetzen. Nebenaufgaben, Eroberungskämpfe oder normale Hauptmissionen sind schließlich aber auch nur im Namen unterschiedlich.

Im Laufe des Spiels wird man kaum noch zwischen den einzelnen Kategorien unterscheiden, denn es sind sowieso nur Kampfschauplätze nach Schema F und laufen auch, bis auf Kleinigkeiten, genau gleich ab. Hier kommt der vormals erwähnte Punkt der Eintönigkeit ins Spiel, der besonders durch die ähnlich aufgebauten Missionen nochmals hervorgehoben wird. Positiv anmerken kann man hier dennoch, dass zusätzliche Kämpfe auch mit besserer Ausrüstung und Statusleveln belohnen, vorausgesetzt man beschäftigt sich auch mit diesen Dingen. Wenn man allerdings bis ins Endgame vordringt ohne jemals die Ausrüstung zu wechseln, dann fällt es hier schwer sich zu motivieren.

Für alle, die trotzdem gerne grinden und noch mehr Kämpfe bestreiten wollen, gibt es auch noch versteckte Herausforderungen. Hier lassen sich Kämpfe uneingeschränkt wiederholen, um schwächere Einheiten auf Stand zu bringen oder etablierte Truppen noch mächtiger zu machen. Das Spiel gibt einem hier auch verschiedene Items und Skills zur Hand, damit man noch schneller auf höhere Level kommt. Ein wenig mehr Abwechslung in den Kämpfen und ein spielerischer Fokus auf die taktische Vorbereitung wären hier für mich allerdings die bessere Entscheidung gewesen.




Alain, Alain, Alain

Spielt man Unicorn Overlord mit japanischer Synchronisation, so wird man den Namen unseres Protagonisten schwer vergessen können. Besonders von den Damen wird man kaum etwas anderes hören als Alain in allen möglichen Betonungen. Ein Aspekt, dem man wohl in den verschiedenen Lokalisationen entgegenwirken wollte, denn die englischen und deutschen Texte unterscheiden sich doch sehr stark von dem Originalskript. Besonders dem Mittelalter-Thema wollte man womöglich mehr Aufmerksamkeit geben und kreierte hochtrabende Dialoge und altertümliche Wortphrasen mit Edelmannattitüden. Besonders im Deutschen wirkt das aber teilweise doch sehr steif und unnatürlich, was ebenso etwas an der eigentlichen Sympathie der Charaktere zehrt.

Alain bleibt dennoch die Hauptfigur und der Fokus. So wird stets Alain gerufen, wenn es Entscheidungen zu machen gilt, denn er ist der Prinz und zukünftige Herrscher. Tatsächlich bietet Unicorn Overlord auch einige Entscheidungen, die das Schicksal meist gegnerischer Charaktere betreffen. Oftmals wird man nämlich nach einer erfolgreichen Schlacht gefragt, ob man den Feind hinrichten oder verschonen soll. Leider sind dies aber keine wirklichen Entscheidungen, denn im Grunde geht es nur darum, ob man die betroffene Person in der Party haben oder aus dem Spiel löschen möchte. Story-Konsequenzen gibt es hier sonst gar nicht.

Wie es sich für einen Harem-Protagonisten gehört, bekommt auch Alain später die Möglichkeit einen Partner auszuwählen. Hier kommt das sogenannte Rapport-Feature zum Tragen, welches die Zuneigung zu verschiedenen Charakteren angibt. Die Zuneigung lässt sich besonders durch Truppen-Zusammenstellungen steigern – ein Wink der Entwickler, sich doch einmal damit zu beschäftigen. Ebenso gibt es sowohl die Option Geschenke an Statthalter zu geben oder gemeinsame Besuche in der Taverne abzuhalten, als auch kleine Interaktionen auf der Karte. Alles Dinge, die neben den Kämpfen eher in den Hintergrund rücken, aber dem Spiel ein wenig mehr Charme geben.


Malerisches Mittelalter

Vanillaware ist bekannt und geliebt für die wunderschönen 2D-Designs, die auf malerische Weise auch Unicorn Overlord ihren besonderen Charme verleihen. Wäre dieses Spiel nicht mit diesen Designs ausgestattet, so würde womöglich niemand davon sprechen, denn spielerisch versteckt man leider, wie erwähnt, seine Stärken. In puncto Ästhetik spielt man seine Karten allerdings wieder vollends aus. Besonders die Hintergründe wissen zu überzeugen und auch wenn man diesmal Charaktere im Gegensatz zu Dragon’s Crown moderater kleidet, können auch diese Designs sehr überzeugen.

Die kleinen Gesten, das schwere Atmen und Charaktere, die sich bewegen, als würden sie ein Tablett mit zerbrechlichem Gut vor ihrer Brust tragen, runden das Vanillaware-Gefühl ab. Unicorn Overlord zieht auch hier, wie jeder andere Vanillaware-Titel, seinen unverkennbaren Charme her. Wahrscheinlich könnte Vanillaware auch einen Walking-Simulator mit einem paralysierten Protagonisten entwickeln und es hätte die gleiche besondere Anziehung und Atmosphäre. Ein Punkt, dem sich der Entwickler wohl auch selber sehr bewusst ist.

Der versteckte Star des Spiels ist aber eigentlich das Essen in den Tavernen. Hier dampft und wobbelt es nur so, dass einem das Herz in die Hose rutscht. Wem die Physik bei den Charakteren zu wenig war, der erlebt den Heureka-Moment in der Taverne. Wieder mal etwas, das Unicorn Overlord eher stiefmütterlich behandelt. Musikalisch schafft man passend dazu einen Soundtrack, der eigentlich nicht besser beschrieben werden kann, als: passend. Nichts Herausragendes oder Störendes.

Einhorn auf Abwegen

In einer Zeit, in der es an klassischen Simulations-RPGs oder Taktik-RPGs mangelt, erweckt Vanillaware wieder mal ein vergessenes Genre zu neuem Leben. Leider verpasst man es meiner Meinung nach, das Genre richtig zu verkaufen und versteckt oftmals seine Stärken hinter wortkargen Erklärungen. Es scheint, als richte man sich ausschließlich auf wenige alteingesessene Veteranen, die sowieso direkt auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad einsteigen, und lässt Interessierte mit einem „Normalen“-Modus zurück, der kaum Herausforderung bietet und zudem die eigentliche Essenz des Spiels umgehen lässt.

Was damit zurückbleibt, ist, dass manche sich einer Welle an eintönigen und auslaugenden Kämpfen gegenübersehen und bei Problemen einfach kurz zum schnellen Grind greifen, ohne sich mit dem Kern des Spiels auseinandergesetzt zu haben. Ich persönlich hatte den meisten Spaß mit Unicorn Overlord, wenn ich meine Truppe für einen Kampf perfekt vorbereiten konnte und wirklich einmal einige Minuten in Ausrüstung und Skill-Setup investierte. Doch all das ist in Anbetracht der unzähligen Kämpfe und einfach zu überwindenden Herausforderungen nur Zeitverschwendung. Ein Manko, das man besser hätte umsetzen sollen.

Unicorn Overlord kann spielerisch unter Umständen enttäuschend herüberkommen, doch die Designs sind hier definitiv außen vor. Ich freue mich schon auf das nächste Nischen-Genre, das Vanillaware mit ihren Designs in die höchsten Höhen katapultieren lassen wird. Wenn Unicorn Overlord eins gezeigt hat, dann ist es, dass auch obskure Genres zahlreiche Anhänger haben und der Erfolg dieses Spiels spricht zweifellos dafür.

 

Story

Simple Gut-gegen-Böse-Erzählung mit wenigen Twists oder Kniffen.

Gameplay

Hoch taktisches Gameplay, wenn man die Zeit in die nötige Vorbereitung investiert. Umsetzung des Spiels geht leider mehr in Richtung eintönige Aneinanderreihung von Kämpfen.

Grafik

Wunderschöne 2D-Designs, die eine einzigartige Atmosphäre schaffen.

Sound

Atmosphärisch passend. Nicht mehr, nicht weniger.

Bildmaterial: Unicorn Overlord, Atlus, Vanillaware

Der Beitrag Im Test! Unicorn Overlord erschien zuerst auf JPGAMES.DE.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Spiel kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!