#Nur noch raus aus Kabul
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„Nur noch raus aus Kabul“
Während die Taliban am späten Sonntagabend den Präsidentenpalast und das Staatsfernsehen in Kabul einnehmen, erklärt einer ihrer Sprecher den Krieg für beendet. „Dank Gott ist der Krieg in diesem Land vorbei“, sagt Mohammad Naeem. „Heute ist ein großer Tag für das afghanische Volk und die Mudschahedin (gemeint sind die Taliban). Sie ernten die Früchte ihrer Bemühungen und Opfer der vergangenen zwanzig Jahre.“ Der Sender Al Jazeera zeigt, wie sich eine Gruppe von Kämpfern am Schreibtisch des geflohenen Präsidenten Aschraf Ghani niederlässt. In einer Aufnahme lauschen sie dem Sprechgesang eines Vorbeters. Zwei der Kämpfer scheinen sich Tränen vor Rührung aus den Augen zu wischen.
Zur gleichen Zeit spielen sich am Kabuler Flughafen dramatische Szenen ab. Tausende sind noch am Abend zu Fuß und in Autos dorthin geeilt, in dem verzweifelten Versuch, die von den Taliban belagerte Hauptstadt zu verlassen. Videos zeigen, wie auf dem Rollfeld Hunderte wahllos auf Flugzeuge zulaufen, ohne jegliche Abfertigung. Am Morgen strömten immer mehr Menschen dazu. Sie drängeln sich auf Flugzeugtreppen und hangeln sich an Geländern entlang, um ins Innere eines Zivilflugzeugs zu gelangen. Nicht minder dramatisch geht es auf dem militärischen Teil des Flughafens zu. Der Sender Tolo zeigt Bilder junger Afghanen, die sich an der Außenwand eines amerikanischen Militärflugzeugs festhalten, während es bereits auf die Startposition rollt.
„Eine offene inklusive islamische Regierung“?
Eine andere Aufnahme zeigt dicht gedrängte Menschen, die am Eingang zum Flughafen in Panik eine Absperrung durchbrechen und auf das Terminal zulaufen. Im Hintergrund sind Schüsse zu hören, möglicherweise von Sicherheitskräften, die versuchen, den Ansturm durch Warnschüsse in die Luft aufzuhalten. Laut einem Bericht des Wall Street Journals werden am Flughafen mindestens drei Menschen durch Schussverletzungen getötet. Andere sollen im Gedränge von Flugzeugtreppen und sogar von startenden Flugzeugen gestürzt sein. Das amerikanische Militär übernimmt laut Berichten amerikanischer Medien die Kontrolle über den Luftraum und die Flugsicherheit auch des zivilen Teils des Flughafens.
Als zivile Flüge ausgesetzt werden, während amerikanische Militärflugzeuge zunächst weiter starten und landen, reagieren viele Afghanen in den sozialen Netzwerken mit Wut und Abscheu. Die afghanische Luftfahrtbehörde erklärt später, der zivile Teil des Flughafens sei bis auf Weiteres geschlossen. Der Luftraum sei „dem Militär überlassen worden“. Wie die politische Zukunft Afghanistans aussieht, ist am Montag zunächst nur in Ansätzen erkennbar. Ein Sprecher der Taliban sagt dem Sender Al Jazeera, die Ausgestaltung der neuen Regierung werde „bald“ bekannt gegeben. Man wolle nicht international isoliert sein. Der gleiche Sprecher sagt der Nachrichtenagentur AP, die Taliban würden in den nächsten Tagen Gespräche führen, um eine „offene, inklusive islamische Regierung“ zu bilden.
Als Verhandlungspartner haben sich zuvor der frühere Präsident Hamid Karzai, der Leiter des Hohen Rats für Nationale Versöhnung Abdullah Abdullah sowie der frühere Mudschahedin-Führer Gulbuddin Hekmatyar in Stellung gebracht. Karzai teilt am Sonntagabend auf Facebook und Twitter mit, er werde gemeinsam mit Abdullah und Hekmatyar einen Koordinierungsrat bilden. Dieser solle eine friedliche Machtübergabe ermöglichen. Das wirft die Frage auf, ob es vorab Absprachen mit den Taliban gegeben hat, die fast kampflos die Hauptstadt einnahmen. Der ehemals starke Mann im Norden, Atta Mohammad Noor, hatte am Samstag von einer „Verschwörung“ gesprochen, bevor er vor den Taliban nach Usbekistan floh. Am Montag bleibt unklar, ob die Taliban ihre Macht tatsächlich teilen wollen.
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