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#Von Portugal aus in die Welt

Lissabon war lange Zeit vor allem für ge­kachelte Häuserfassaden, melancholischen Fado-Gesang und Stockfisch be­kannt. Seit einigen Jahren aber erlebt auch die zeitgenössische Kulturszene der bei Touristen beliebten portugiesischen Ka­pitale einen Aufschwung. Internationale Künstlerinnen und Künstler sind in die Küstenstadt gezogen, neue Galerien haben eröffnet, ob von lokalen Händlern wie Bruno Murias und Francisco Fino oder von ausländischen Wettbewerbern wie Monitor aus Rom und Maisterravalbuena aus Madrid.

Schon kurz nach der Jahrtausendwende wurden mehrere Anläufe unternommen, eine Kunstmesse in Lissabon zu etablieren, doch erst seit 2017 kann ein Ableger der spanischen ARCO vor Ort reüssieren. Im vergangenen Jahr zählte die Veranstaltung 13.000 Besucher. Untergebracht ist die ARCO Lisboa am Ufer des Tejo in ei­ner ehemaligen Seilfabrik der portugiesischen Marine. Wo früher Schiffstaue ge­flochten wurden, reihen sich nun Messekojen in dem rund 400 Meter langen Gebäude aus dem 18. Jahrhundert.

Bei der Galerie Guns & Rain (Johannesburg): Tuli Mekondjo (Namibia), „A child with its mother is one heart“, 2021, Mischtechnik mit Collage und Stickerei auf Leinwand, 85,5 mal 49,5 Zentimerer, 3500 Euro


Bei der Galerie Guns & Rain (Johannesburg): Tuli Mekondjo (Namibia), „A child with its mother is one heart“, 2021, Mischtechnik mit Collage und Stickerei auf Leinwand, 85,5 mal 49,5 Zentimerer, 3500 Euro
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Bild: Tuli Mekondjo / Guns & Rain

An der sechsten Ausgabe beteiligen sich 86 Galerien, wovon nur 25 aus Portugal stammen. Die ARCO Lisboa legt seit drei Jahren einen Schwerpunkt auf Afrika, bestehen doch durch die Kolonialgeschichte Portugals bis heute enge Verbindung zu Ländern wie Angola oder Moçambique. Acht Aussteller von dem Kontinents sind vertreten, die bewusst keiner eigenen „exotischen Sektion“ zu­geordnet sind, wie die zuständige Kuratorin Paula Nascimento betont.

Mit dabei ist die Galerie Guns & Rain aus Johannesburg, an deren Stand mit Archivfotos bedruckte Stoffbilder von Tuli Mekondjo hervorstechen. Die 1982 in Angola geborene Tochter namibischer Eltern bezieht sich auf die deutsche Ko­lonialgeschichte Namibias und die Be­freiungskämpfe des Landes, das nach Jahrzehnten unter südafrikanischer Verwaltung erst 1990 die Unabhängigkeit er­langte. So hat die Autodidaktin, die 2022 als DAAD-Stipendiatin nach Berlin kam, eine Karte historischer Radiostationen auf eines ihrer Bilder genäht. Tuli Me­kondjo ist in Flüchtlingslagern aufgewachsen und drückt in ihren Arbeiten auch die Sehnsucht nach Zugehörigkeit aus, etwa in ihrer Mischtechnik „A child with its mother is one heart“ von 2021 (3500 Euro). Am Stand der Galerie African Arty aus Casablanca dominieren leuchtende Farben. Die marokkanische Künstlerin Rahma Lhoussig taucht auf ihrem Acrylbild „I will See You When I Fall Asleep“ eine in sich gekehrte Frauenfigur in Bonbontöne (4500 Euro). Auch die 2021 in Lissabon gegründete Galeria .insofar bringt Expertise für afrikanische Gegenwartskunst mit und zeigt Fotos von Maskenträgern, die der Angolaner Edson Chagas ins Bild gebannt hat.

Werke Paula Regos präsentiert die Lissabonner Galeria 111, die über Jahrzehnte mit der voriges Jahr gestorbenen portugiesischen Malerin zusammenarbeitete. Feminismus trifft auf schwarzen Hu­mor in zwei Pastellen Paula Regos aus dem Jahr 2010. Sie zeigen gestürzt am Boden liegende Fußballerinnen; beide tragen das Gesicht der Künstlerinnen. Eine der Sportlerinnen spielt mit der Rü­ckennummer sieben auf den Weltstar Ro­naldo an (je 95.000). Eines von Paula Regos hintersinnigen Gruppenbildern ist mit dem Pastell „Maria Magdalena“ vertreten (230.000).

Bei der Galería Pelaires (Palma): Ana Laura Aláez, „Acarícia y golpea“, 2023, Harz und Eisen, Preis auf Anfrage


Bei der Galería Pelaires (Palma): Ana Laura Aláez, „Acarícia y golpea“, 2023, Harz und Eisen, Preis auf Anfrage
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Bild: Galería Pelaires

Generell fällt auf der Messe die starke weibliche Präsenz auf, so auch am Stand von Cristina Guerra/Lissabon), die seit mehr als zwanzig Jahren die Internationalisierung der portugiesischen Kunstszene vorantreibt. Dieses Jahr ertönt von ihrem Stand arabischer Klagegesang, der von einer Soundskulptur der 1958 in Ma­puto geborenen Angela Ferreira ausgeht. Die politische Künstlerin, der die Kunsthalle Recklinghausen derzeit eine Re­trospektive im Rahmen der Ruhrfestspiele widmet, setzt sich in der Arbeit mit der Emanzipationsbewegung in Iran aus­einander. Eine stark gegenwartsbezogene Soloschau bietet auch die lokale Ga­lerie Uma Ulik mit Plexiglasbildern und ei­nem Video von Paulo Arraiano. Seine Werkreihe „Postfossil“ lässt fleisch­fressende Pflanzen auf Industrieroboter treffen, während Künstliche Intelligenz Qual­len zu einem Tänzchen einlädt.

Neben dem regulären Galerienprogramm zeigt die Messe elf weitere Solopräsentation in einem eigenen Bereich. Zeller von Almsick aus Wien präsentiert dort Gemälde des in Taipeh geborenen Malers Hong Zeiss. Seine Öl­bilder erforschen Muster von Gesteinsstrukturen, erschöpfen sich aber nicht in Fotorealismus (17.000). Dürst Britt & Mayhew aus Den Haag widmen ihre Ko­je der mexikanischen Künstlerin Ale­jandra Venegas mit geschnitzten kleinen Objektbildern: Es sind symbolisch aufgeladene Landschaften.

Gedränge herrschte bei der Vernissage in der Messesektion „Opening Lisboa“, wo bezahlbare Kunst im Vordergrund steht. Die von den Kuratorinnen Chus Martínez und Luiza Teixeira de Freitas getroffene Auswahl versammelt in einer architektonisch offenen Struktur 23 junge oder neu zur ARCO Lisboa stoßende Galerien. In der unter Oberlichtern heißesten und zugleich coolsten Zone gehen Galerien wie General Expenses aus Mexiko oder die Münchner Galerie Jahn & Jahn, die 2022 in Lissabon eine Dependance eröffnet hat, auf Tuchfühlung.

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