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#Von Textilpiratinnen und Möbelparasiten

„Von Textilpiratinnen und Möbelparasiten“

Samstagnachmittag auf der Mariahilfer Straße. Dicht an dicht schlendern die Menschen über Wiens größte Einkaufsstraße. H&M, TK Maxx, Pull & Bear, Zara oder C&A: Viele Bekleidungsketten haben hier eine Filiale. Mittendrin in den konsumberauschten Wogen stehen drei junge Frauen an einem Tisch. Sie sprechen mit Passantinnen und Passanten, verteilen Flyer, bearbeiten Pullover mit einem Fusselrasierer. Über ihnen weht eine Flagge, schwarz wie die der Piraten. Doch anstelle des Totenkopfs ist eine Socke darauf zu sehen, durchbohrt von einer Nähnadel mit Faden.

Denn die Designerinnen Alexandra Fruhstorfer, Giulia Fabro und Nina Sandino haben sich den bewussteren Umgang mit der Ressource Textil auf ihre Fahnen geschrieben. Sie propagieren Pflegen, Reparieren, Tauschen. „Dare to Wear und Share, Mariahüf!“ heißt ihr Projekt, mit dem sie an der diesjährigen Ausgabe des Festivals „Vienna Design Week“ teilnehmen. Sie haben ein Lastenrad zur mobilen Tausch- und Reparierstation umgebaut, inklusive Kleiderstange und Umkleide. Damit steuern sie Shopping-Orte an – und kommen mit den Menschen da ins Gespräch, wo Fast Fashion verkauft wird.

„Dare to Wear und Share, Mariahüf!“ ist typisch für viele der Projekte, die zur Vienna Design Week in Wien zu sehen sind. Während andere Events des jährlichen Designkalenders mit Produktneuheiten und aufwändigen Inszenierungen den Konsum feiern, gehört die Wiener Woche zusammen mit der „Dutch Design Week“ in Eindhoven zu den Terminen, bei denen auch kritische, experimentelle und unkonventionelle Gestaltungsprojekte zu sehen sind. Vor der Kulisse der K.-und-K.-Prachtbauten zeigt sich, was vor allem die junge Generation umtreibt: Nachhaltiges Wirtschaften ist erwartungsgemäß omnipräsent.

Designer mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund

Aber auch Teilhabe und Gemeinschaften sind wiederkehrende Sujets. So thematisiert die Ausstellung „Liquid House“, dass migrantische Communities im Design nach wie vor marginalisiert werden. Workshops von Designern mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund sollen die oft elitäre Disziplin öffnen. Die Gruppe „The Department“ wiederum erklärt den 6. Wiener Bezirk kurzerhand zur Weltausstellung und erkundet für ihr Projekt „Expo“ die vorhandenen Geschäfte, Institutionen und Dienstleistungsbetriebe. Auf den Straßen des Bezirks verteilten sie während des Festivals eine Karte, in der vom Restaurant über den Taxistand bis zum Seniorentreff das ganze Angebot verzeichnet ist.

Nachhaltiges Wirtschaften ist erwartungsgemäß omnipräsent.


Nachhaltiges Wirtschaften ist erwartungsgemäß omnipräsent.
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Bild: Vienna Design Week

Klingt erstmal banal, aber selbst langjährigen Anwohnern ist das Potenzial ihrer Nachbarschaft oft nicht bewusst. Und „Expo“ zeigt, genauso wie etwa „Dare to Wear und Share“, dass Design nicht nur das Gestalten von Produkten bedeuten muss. Auch Dienstleistungen und Services können entworfen werden.

Natürlich sind während der Vienna Design Week auch jede Menge herkömmliche Gebrauchsgegenstände und Möbel zu sehen. Doch häufig stehen dahinter alternative Produktions- oder Konsummodelle. Studierende der Wiener Universität für angewandte Kunst etwa haben Schirme aus Solarmodulen gebaut, um Strom zu erzeugen – mit bereits gebrauchten Photovoltaikpaneelen.

Alternative Produktions- oder Konsummodelle

Architekturstudierende aus Ferrara wiederum haben einfache Outdoor-Möbel entwickelt und die Baupläne im Sinne des Open-Source-Gedanken zum Nachbauen zur Verfügung gestellt. Designerin Jutta Goessl hat gemeinsam mit einem Lieferservice für Gemüsekisten ein kreislauffähiges Verpackungssystem entworfen. Statt in Pappboxen sollen die Lebensmittel in faltbaren Mehrweg-Kunststoffkisten geliefert werden. Maßgeschneiderte Abdeckungen und Hüllen aus wiederverwendeten Planen schützen die Ware beim Transport.

Auch das Amüsante, Heitere und Skurrile hat bei der Vienna Design Week auch immer seinen Platz.


Auch das Amüsante, Heitere und Skurrile hat bei der Vienna Design Week auch immer seinen Platz.
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Bild: Vienna Design Week

Und im Auftrag der Vienna Design Week untersuchte das Designduo Ante Up einen so urbanen wie unwirtlichen Wiener Ort, die Kreuzung von Ottakringer Straße und Wattgasse. Um dieser Ecke mehr Aufenthaltsqualität zu verleihen, konzipierte Ante Up kleine parasitäre Möbelstücke, die sich mit Gurten an die Pfosten von Laternen oder Schildern schnallen lassen, etwa ein Sitz, eine Ablage oder eine Halterung für Pflanztöpfe. Design im Dienste der Gesellschaft, aber mit einem charmanten Twist.

Denn das Amüsante, Heitere und Skurrile hat bei der Vienna Design Week auch immer seinen Platz. Mit Designerinnen und Designern, die die vielfältigen Eigenschaften der Instantnudel erkunden. Oder aussortierte Vasen mit neuen Aufsätzen in Kerzenständer und Zahnbürstenhalter verwandeln. Es wäre ja langweilig, wenn Gestaltung immer nur bitterernst und weltverbessernd wäre.

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