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#„Von transatlantischen Flitterwochen sind wir weit entfernt“

„Von transatlantischen Flitterwochen sind wir weit entfernt“

Die amerikanische Regierung setzte zum Auftakt des ersten Treffens des transatlantischen Handels- und Technologierats am Mittwoch in Pittsburgh alles daran, die enge Partnerschaft mit der EU hervorzuheben. Der Austausch von Waren und Dienstleistungen habe sich 2019 auf 1,1 Billionen Dollar belaufen; die Direktinvestitionen der EU in den USA hätten 2,9 Billionen Dollar, die der Amerikaner in Europa 3,6 Billionen Dollar ausgemacht; auf beiden Seiten des Atlantiks hingen fünf Millionen Jobs davon ab, hob das Außenministerium hervor. Das gegenseitige Verhältnis beruhe auf gemeinsamen Werten, fairem Wettbewerb auf marktwirtschaftlicher Basis, Rechtsstaatlichkeit und dem Respektieren der Menschenrechte. Deshalb habe der amerikanische Präsident Joe Biden die EU auch eben noch als „unverzichtbaren Partner“ bezeichnet.

Tatsächlich wäre das Treffen beinahe gar nicht zustande gekommen. Da Frankreich sich von dem Mitte September ohne Absprache von den USA, Australien und Großbritannien geschlossenen Militärpakt düpiert fühlte – und Canberra in dem Rahmen auch ein lukratives U-Boot-Geschäft mit Paris aufkündigte –, stand zwischenzeitlich sogar eine Absage im Raum. „Von transatlantischen Flitterwochen sind wir weit entfernt“, sagt der EU-Abgeordnete der Grünen, Reinhard Bütikofer.

Dennoch wäre eine Absage des hochrangigen Treffens der beiden Kommissionsvizepräsidenten Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis mit dem amerikanischen Außenminister Antony Blinken, Handelsministerin Gina Raimondo und der Handelsbeauftragten Katherine Tai kaum im Interesse der Europäer gewesen. Soll der auf dem EU-US-Gipfel im Juni vereinbarte Rat doch das neue Rückgrat der transatlantischen Beziehungen werden. Aus Sicht der EU soll er helfen, die von Biden aufrechterhaltenen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium abzuschaffen und die Welthandelsorganisation (WTO) aufzuwerten.

Exportkontrollen und Regeln für Digitalkonzerne

Beide Seiten wollen in dem Gremium gemeinsame Ansätze für Zukunftsthemen wie die Künstliche Intelligenz und die Versorgung der Industrie mit wichtigen Gütern, allen voran den knappen Halbleitern, finden – wobei es auf französischen Druck hin zunächst nur um die kurzfristige Versorgung gehen soll. Das ist auch, aber nicht nur als Antwort auf das jüngste Zerwürfnis zu verstehen. Paris dringt generell auf mehr „Autonomie“ in der Halbleiterversorgung.

Es geht um die Kontrolle von Unternehmenskäufen aus Drittstaaten, Exportkontrollen, die Regulierung der Digitalkonzerne oder den Missbrauch moderner Technik zur Überwachung von Menschen oder der Manipulation von Wahlen. Insgesamt zehn Arbeitsgruppen sollen sich um die verschiedenen Aspekte kümmern. Vieles davon ist, ohne dass das Land genannt wird, gegen China gerichtet. Für die amerikanische Seite ist der Handels- und Technologierat fester Bestandteil von Bidens Strategie, das Vordringen Chinas einzuhegen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Arbeitsgruppe zu technologischen Standards für Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Arzneimittel oder die vernetzte Güterproduktion („Industrie 4.0“). Mit der gemeinsamen Arbeit an Standards für „kritische und zukunftsweisende Technologien“, wie es in der gemeinsamen Stellungnahme der EU und der Vereinigten Staaten zum Auftakttreffen heißt, wollen Europäer und Amerikaner verhindern, dass künftig die Chinesen globale Standards definieren und damit die Bedingungen für den Handel mit den betroffenen Produkten vorgeben. Genau das ist ein zentraler, wenn auch meist von den greifbareren Investitionen in Infrastrukturprojekte überdeckter Bestandteil der chinesischen Seidenstraßeninitiative.

Die Sorge über China wird in der EU zwar ausdrücklich geteilt. Zugleich aber sehen die Europäer in dem Land auch nach wie vor einen wichtigen Handelspartner. So wollen die Kommission und Staaten wie Deutschland oder Frankreich vermeiden, dass das Gremium zu „einer unproduktiven Übung im China-Bashen“ wird, wie es die ehemalige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström formuliert hat. Die divergierenden Interessen der Vereinigten Staaten und der EU in dieser Frage auszubalancieren dürfte die größte Herausforderung für den Rat werden. Zunächst aber gilt es nach den Spannungen der jüngsten Zeit, zu denen auch der Abzug aus Afghanistan und der Vorstoß Bidens zur Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe beigetragen haben, das transatlantische Vertrauen zu stärken.

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