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#Vor der EZB-Sitzung: Geldpolitik braucht Grenzen

Vor der EZB-Sitzung: Geldpolitik braucht Grenzen

Die Europäische Zentralbank dürfte auf der Sitzung ihres Zentralbankrats am kommenden Donnerstag zusätzliche Lockerungen ihrer Geldpolitik beschließen. Aber möglicherweise werden die Lockerungen nicht so weit gehen, wie es sich besonders Teilnehmer an den Finanzmärkten wünschen. Darauf deutet eine sich leicht ändernde Tonalität der Äußerungen aus dem Eurotower im Frankfurter Ostend.

Zunächst hatte Präsidentin Christine Lagarde mehrfach prononciert Risiken für den wirtschaftlichen Ausblick betont. Dann gelang es Chefvolkswirt Philipp Lane Ende November ausgerechnet an dem Tag, an dem die Rendite zehnjähriger portugiesischer Staatsanleihen erstmals in ihrer Geschichte unter Null fiel, öffentlich über eine mögliche Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen in der Eurozone („besorgniserregende Signale“) zu sinnieren.

In der vergangenen Woche blieb es Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel vorbehalten, die Debatte wieder etwas einzufangen. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg konstatierte sie „historisch niedrige Finanzierungsbedingungen“, die sie als „bedeutende Unterstützung“ der Wirtschaft einordnete. Verbunden mit der Feststellung, die EZB habe „bereits eine Menge erreicht“ geht es nach ihrer Ansicht nun vor allem darum, die günstigen Finanzierungsbedingungen auf längere Zeit zu bewahren, aber nicht darum, sie noch viel weiter zu senken.

Spürbare Erholung im kommenden Jahr

Geldpolitik wirkt, wie Ökonomen seit Jahrzehnten wissen, mit einer langen, aber auch veränderlichen Verzögerung. Eine Ende 2020 getroffene geldpolitische Entscheidung wird ihre volle Wirkung frühestens im Laufe des kommenden Jahres entfalten. Auch wenn die zweite Welle der Pandemie derzeit nicht nur auf der Wirtschaft, sondern noch viel stärker auf der Stimmung der Menschen lastet, spricht derzeit nichts gegen eine spürbare wirtschaftliche Erholung im kommenden Jahr – nicht zuletzt wegen der Impfstoffe.

So wie die Bundeskanzlerin zurecht daran erinnert, dass die im Zuge der Pandemie zugesagten Finanzhilfen nicht dauerhaft bleiben können, sollte sich die EZB jenseits der Debatte über Hilfen in der aktuellen Krise auch mit der Frage befassen, wie sie im Zuge einer wirtschaftlichen Erholung allmählich einen Ausstieg aus ihrer sehr expansiven Geldpolitik finden kann. Die Gefahr, dass sie zu lange expansiv bleibt, lässt sich jedenfalls nicht von der Hand weisen.

Ein in dieser Hinsicht falscher Schritt wäre eine Verlängerung des speziell für die Pandemie entwickelten Wertpapieranleihekaufprogramms weit über das derzeit angenommene Ende der Konjunkturschwäche hinaus. Auch eine Zusage, die sehr günstigen Finanzierungskosten auf längere Sicht zu garantieren, könnte negative Begleiteffekte erzeugen. Welchen Sinn hätte es, die Banken in die Kreditvergabe zu treiben, wenn gleichzeitig die Warnungen vor einer Zunahme der faulen Kredite in den Bankbilanzen zunehmen?

Deflation nicht in Sicht

Aufrufen zur geldpolitischen Mäßigung wird regelmäßig entgegengehalten, die Inflationsrate sei leicht negativ und liege damit deutlich unter dem Inflationsziel der EZB. Das stimmt, aber erstens sollte die aktuelle Inflationsrate angesichts der durch die Pandemie bedingten Einflüsse auf die Preise nicht weniger Güter und Dienstleistungen mit etwas Vorsicht betrachtet werden. Und zweitens zeigen sich vor allem in den Vereinigten Staaten mit dem Anstieg von Anleiherenditen und Inflationserwartungen Vorboten einer Entwicklung, die in den kommenden Monaten auch die Eurozone erreichen sollte. Für ein Abkippen der Wirtschaft in eine dauerhafte und lähmende Deflation spricht derzeit nichts.

Ein zweiter Einwand gegen die Akzeptanz von Grenzen in der Geld- und Finanzpolitik lautet, Zweifel am „Wumms“ erzeugten eine die Erholung der Konjunktur gefährdende Unsicherheit in der Wirtschaft und in der Bevölkerung. Die Frage muss gestattet sein, ob nicht das Gegenteil der Fall ist und gerade die unablässige Betonung von Risiken durch die Geld- und die Finanzpolitik Unsicherheit erzeugt und so mehr Schaden als Nutzen stiftet. Weite Teile der Bevölkerung haben nach Umfragen einen wachen Sinn für expansive Politik in einer schweren Krise. Sie dürften aber wenig Verständnis für eine Perpetuierung expansiver Politik besitzen. Die meisten Menschen glauben aus gutem Grund nicht an ein finanzielles Perpetuum Mobile.

Die Geldpolitik hat, wie Schnabel zurecht sagt, in dieser Krise zweifellos positive Wirkungen entfaltet. Sie ist aber zumindest an ihre Grenzen gegangen; auch haben die Gefahren einer unheilvollen Abhängigkeit von der Finanzpolitik und den Finanzmärkten zugenommen. Der Unabhängigkeit und dem Handlungsspielraum der EZB wäre eine Geldpolitik dienlich, die sich Grenzen zu setzen weiß.

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