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#Vor der Mutation zum Krokodil gewarnt

Vor der Mutation zum Krokodil gewarnt

Mit stundenlangen Liveübertragungen, Anhörungen und Wortgefechten, die bisweilen fast in Handgemenge mündeten, war der Untersuchungsausschuss des brasilianischen Senats, der die Rolle der Regierung in der Bewältigung der Corona-Pandemie untersuchte, ein Spektakel. Einige Senatoren, die selbst einen zweifelhaften Ruf haben, spielten sich als Moralapostel auf. Andere genossen einfach das Rampenlicht. Wieder andere diskreditierten den Ausschuss als ein Instrument, um Präsident Jair Bolsonaro zu attackieren. Viel Emotionen waren im Spiel. Und dennoch ist es dem Ausschuss gelungen, Licht in die Mischung aus Negierung, Quacksalberei und Inkompetenz zu bringen, mit der die Regierung einer Pandemie begegnet, die bis heute 600.000 Brasilianern das Leben gekostet hat.

Im über tausend Seiten starken Abschlussbericht werden Anklagen gegen insgesamt siebzig Personen und zwei Firmen empfohlen, die sich 24 verschiedener Delikte schuldig gemacht haben sollen. Auf der Liste stehen neben Präsident Bolsonaro vier aktuelle und drei frühere Minister, eine Reihe von Funktionären, Ärzten, Unternehmern und weitere Personen. Bolsonaro werden unter anderem Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. In seiner ursprünglichen Fassung wurde eine Anklage gegen den Präsidenten wegen Mordes und wegen Völkermordes gegen die indigene Bevölkerung empfohlen. Diese beiden Punkte wurden allerdings entfernt. Weitere Anpassungen könnten in den kommenden Tagen folgen. Voraussichtlich in einer Woche wird der Ausschuss über den Bericht abstimmen.

„Unbegründeter Glauben an die Idee der Herdenimmunität“

Unabhängig von seiner letztendlichen Version zeichnet der Bericht ein verheerendes Bild. Kapitel für Kapitel dokumentiert er das Versagen einer Regierung, welche die Pandemie erst nicht wahrhaben wollte und anschließend die falschen Maßnahmen ergriff. Bolsonaros Handlungen hätten auf seinem „unbegründeten Glauben an die Idee der Herdenimmunität durch natürliche Infektionen und die Existenz früher Behandlungsformen“ basiert, heißt es im Bericht.

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Tatsächlich preist Bolsonaro bis heute den Wirkstoff Chloroquin an, dessen Wirkung gegen das Coronavirus nicht nachgewiesen ist. Etliche Male hielt er die Medikamentenpackung in die Kameras. Doch er beließ es nicht bei seiner persönlichen Überzeugung. Die pharmazeutischen Labors der brasilianischen Armee wurden dazu angehalten, Chloroquin zu produzieren. Ein sogenanntes Präventiv-Kit wurde unter anderem vom Gesundheitsministerium angepriesen. Ein privater Gesundheitsdienstleister hatte gar seinen Patienten das Medikament teilweise ohne deren Wissen verabreicht – angeblich mit der Rückendeckung aus Brasília – und offenbar Studien darüber gefälscht.

Juristische Folgen dürften sich vorerst in Grenzen halten

Einer der wesentlichen Punkte der Untersuchung ist die Beschaffung von Impfstoffen. Als Brasília im vergangenen Jahr schon früh die ersten Angebote für Verträge über Millionen an Impfdosen erhielt, tat sie nichts. E-Mails von Herstellern blieben wochenlang unbeantwortet. Stattdessen warnte der Präsident vor Nebenwirkungen, zum Beispiel vor einer Verwandlung in ein Krokodil. Die Bemühungen des Bundesstaates São Paulo, in Kooperation mit einem chinesischen Hersteller selbst Impfstoffe zu produzieren, zog Bolsonaro ins Lächerliche. Seine „absichtliche und bewusste“ Entscheidung, den Kauf von Covid-Impfstoffen zu verzögern, habe Tausenden von Bürgern unnötigerweise den Tod gebracht, urteilt der Bericht.

Als die Regierung schließlich doch mit dem Impfen begann, entdeckten einige Mitarbeiter das Millionengeschäft dahinter. Die Aufdeckung eines Korruptionsfalls bei der Beschaffung des indischen Covaxin-Impfstoffs gehört zu den weitreichendsten Ergebnissen des Untersuchungsausschusses. Laut einem Zeugen soll der Präsident über die Unregelmäßigkeiten informiert worden sein, habe aber nicht gehandelt. Der Deal mit den Indern kam allerdings nicht zustande. Dennoch hat der Fall eine Reihe von weiteren Ermittlungen anderer Instanzen angestoßen.

Die juristischen Konsequenzen für Bolsonaro dürften sich in Grenzen halten, zumindest solange er Präsident ist. Die politischen Folgen dürften hingegen gravierender sein. Politische Akteure wenden sich von ihm ab. Ohnehin hat Bolsonaros Rückhalt in der Bevölkerung ein Jahr vor der Präsidentenwahl einen Tiefststand erreicht. Der Bericht, der ihm damit die Schuld für den Tod Zehntausender Brasilianer anhängt, dürfte ihm weiteren Schaden zufügen. Der Bericht schließt mit den Worten: „Wir werden es nie vergessen.“

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