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#Warb sie Jeffrey Epsteins Opfer an?

Warb sie Jeffrey Epsteins Opfer an?

Die erste Niederlage musste Ghislaine Maxwell schon ein­stecken, bevor der Strafprozess gegen sie überhaupt begonnen hatte. Bereits vor den Eröffnungsplädoyers an diesem Montag entschied das Bundes­gericht in Manhattan, dass die Mädchen und Frauen, die sie für den verstorbenen New Yorker Finanz­manager Jeffrey Epstein angeworben haben soll, während des Verfahrens „Opfer“ genannt werden dürfen.

Nach Maxwells Festnahme im Sommer 2020 hatte eines der Opfer schwere Vorwürfe erhoben. „Sie ist ein sexuelles Raubtier, das mich und unzählige weitere Kinder verführt und missbraucht hat. Ohne Ghislaine hätte Jeffrey nie das tun können, was er getan hat“, sagte es aus. Maxwell soll für Epstein mehr als 20 Jahre lang Minder­jährige und junge Frauen rekrutiert haben. Vor Schulen und in Einkaufs­zentren sprach sie angeblich regelmäßig Opfer an und brachte sie zu Epsteins Anwesen in Manhattan, New Mexico, Florida oder auf seine Karibikinsel Little Saint James. Dort soll Maxwell sie mit Massagen, gegenseitigem Ausziehen und Unterhaltungen über Sex auf Übergriffe vorbereitet haben.

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Die Mädchen und Frauen gaben zu ­Protokoll, sie seien nicht nur von dem als Sexualtäter vorbestraften Epstein, sondern wiederholt durch seine prominenten Bekannten missbraucht worden. Auch Maxwell soll einige der Mädchen belästigt haben. In der Anklage gegen die 59 Jahre alte Britin fasst die Staatsanwaltschaft die Anschuldigungen zu Straftatbeständen wie „Transport von Minderjährigen zum Zweck rechtswidriger sexueller Aktivität“ und „Anwerbung Minderjähriger für illegalen Geschlechtsverkehr“ zusammen.

Während Ankläger und Verteidigung in den vergangenen 16 Monaten über „Victims“, Zeugen und Sachverständige stritten, saß Maxwell in einer Zelle des Metro­politan Detention Center in Brooklyn. Den vorerst letzten Antrag ihrer Anwälte, sie gegen mehr als 20 Millionen Dollar Kaution freizubekommen, hatte die Vorsitzende Richterin Alison Nathan vor zwei Wochen abgewiesen. Da Maxwell nach Epsteins Tod untergetaucht sei und ihr ­Vermögen kleingerechnet habe, bestehe Fluchtgefahr. Das frühere It-Girl der Londoner Upper Crust, eine Tochter des britischen Medienmoguls Robert Maxwell, beschwerte sich derweil über die Haft­bedingungen. Das Betonbett sei zu hart, das Essen mit Maden versetzt und die ­dauerbeleuchtete Zelle mit zehn Quadrat­metern zu klein.

Die Verteidigung wirft der Bundesstaatsanwaltschaft vor, der Prozess gegen Maxwell sei überhaupt nur ein Stellvertreterkrieg. Nach Epsteins Suizid in einer Zelle des Metropolitan Correctional Center in New York vor zwei Jahren müsse ein Urteil her. Ian Maxwell, der Bruder der Angeklagten, nannte das Verfahren am Freitag den „am stärksten hochgejubelten Prozess des Jahrhunderts“.

Auch ehrliche Antwort kann Pseudoerinnerung darstellen

Wie in den vergangenen Wochen durchsickerte, bemüht die Verteidigung eine eher ungewöhnliche These. Sie versucht in den kommenden sechs Prozesswochen zu beweisen, dass Maxwells Anfüttern potentieller Opfer, das sogenannte Grooming, nichts mit Epsteins sexuellen Übergriffen zu tun hatte. Dazu ließen die Anwälte den renommierten forensischen Psychiater Park Dietz auf die Liste der Sachverständigen setzen. Dietz, bekannt aus Prozessen gegen Serienmörder Jeffrey Dahmer, Unabomber Theodore Kaczynski und Reagan-Attentäter John Hinckley, soll den Vorwurf der Staatsanwaltschaft wider­legen, Maxwell habe als Epsteins Zuhälterin Mädchen für ihn und seine Entourage angelernt. „Die Anklage geht davon aus, dass es so etwas wie Grooming durch einen Stellvertreter gibt. Dr. Dietz sind aber keine Fälle dieser Art bekannt“, fasste die Verteidigung zusammen.

Die Aussagen der vier geladenen Opfer soll derweil die Psycho­login Elizabeth Loftus erschüttern. Loftus, die auch in Harvey Weinsteins Vergewaltigungsprozess gehört wurde, gilt als Fachfrau für das Phänomen der falschen Erinnerung. Als Sachverständige der Verteidigung soll sie den Geschworenen erklären, dass auch die emotionale, ehrliche Aussage eines Opfers eine Pseudoerinnerung darstellen kann.

Maxwell beteuert derweil ihre Unschuld

Anstelle psychiatrischer Theorien hatten die meisten Beobachter der Causa ­Epstein/Maxwell auf Enthüllungen über ­mögliche prominente Mittäter gehofft. Wie nach Epsteins Verhaftung im Sommer 2019 bekannt wurde, pflegten der ehemalige Lehrer und seine frühere Lebensgefährtin enge Kontakte zu Persönlichkeiten wie dem verstorbenen KI-Forscher Marvin Minsky, Prinz Andrew, Microsoft-Gründer Bill Gates sowie den früheren amerikanischen Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump. Auch Bill Cosby, Kevin Spacey und der Prominentenanwalt Alan Dershowitz sollen auf den Passagierlisten von Epsteins Privatflieger, genannt Lolita-Express, ­stehen. In einem Notizheft vermerkte Maxwell zudem, wer im Pleasure Palace, ­Epsteins Anwesen in Florida, zu Gast war. Die geheimen Notizen bleiben aber geheim. Wie Richterin Nathan ankündigte, lässt sie aus Maxwells inzwischen berühmtem Black Book nur die Seiten über mutmaßliche Opfer, gelistet in der Rubrik „Massage“, als Beweis zu.

Maxwell beteuert derweil ihre Unschuld. „Ich habe kein Verbrechen begangen“, ­versicherte sie dem Gericht bei einer Anhörung vor einigen Tagen. Ihre Verteidiger gehen noch weiter. Maxwell sei keine Täterin, sondern Opfer. Nach dem Tod ihres Vaters, dessen nackter Leichnam Ende 1991 vor den Kanarischen Inseln geborgen wurde, habe sie Epstein zum neuen, starken Mann in ihrem Leben er­koren. „Jeffrey Epstein war ein brillanter Mann mit Eigenschaften, die jeder Psychiater kennt. Wie viele Menschen, die es zu Macht und Geld bringen, hat er seinen Heiligenschein-Effekt ausgenutzt, um sich mit Personen zu umgeben, die er nach Gut­dünken lenken konnte“, versuchten die Anwälte, das Bild einer manipulierten Angeklagten zu zeichnen. Grooming-by-proxy, falsche Erinnerungen und jetzt noch der Halo-Effekt? Die Verteidigung scheint auf Verwirrung bei den Geschworenen zu setzen. Falls die Strategie nicht aufgeht, erwarten Maxwell bis zu 80 Jahre Haft.

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