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#Warum Deutschland weniger Probleme mit Ungleichheit hat

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Warum Deutschland weniger Probleme mit Ungleichheit hat

Wird Corona die Welt gleicher machen? Während in normalen Zeiten die Ungleichheit meist zunimmt, nivellieren Katastrophen die Einkommensabstände. Kriege, Revolutionen, Staatspleiten und Pandemien eint, dass die Vermögen der Reichen vernichtet werden und ärmere Schichten hinterher mehr Geld haben, weil – so zynisch es klingt – weniger Menschen da sind, die um Arbeitsplätze konkurrieren. Einiges spricht dafür, dass Corona nicht in dieses historische Schema fällt. Aktionäre freuen sich über Kursrekorde, wer keine Aktien besitzt, muss mit Kurzarbeitergeld zufrieden sein. Der Lockdown kommt einer Art von Zwangssparen gleich. Wer sonst Luxusreisen bucht, in Fünfsternehotels absteigt und teure Autos liebt, spart derzeit viel Geld. Die Welt wird nach Corona noch ungleicher sein als heute, zumal ärmere Länder unter Corona stärker leiden. Dieser Tage hat der Internationale Währungsfonds IWF gewarnt, die Kluft zwischen reichen und armen Ländern werde größer werden.

Rainer Hank

Rainer Hank

Freier Autor in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Ungleichheit wird uns somit auch nach der Pandemie beschäftigen. Als ich vor fünfundzwanzig Jahren im Anschluss an ein Sabbatical am MIT in Boston erzählte, ich wolle ein Buch über Ungleichheit schreiben, begegneten mir fragende Blicke. Heute würde ich Bedauern ernten: Haben wir nicht schon genügend Bücher über Ungleichheit?

Weltweit zunehmende Ungleichheit

Die Daten sind eindeutig. Nach einer Phase der Einkommensangleichung in der Nachkriegszeit haben sich seit den achtziger Jahren die Reichen von den Armen statistisch immer weiter entfernt. Dramatisch in den Vereinigten Staaten, mehr oder weniger moderat in Kontinentaleuropa. Bezogen im Jahr 1970 ein Prozent der Reichsten der Welt rund acht Prozent des gesamten Einkommens, bekommen sie inzwischen elf Prozent in Westeuropa und zwanzig Prozent in Amerika. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung verfügte 1970 über etwa zwanzig Prozent des Einkommens. Heute sind es nur noch 12,5 Prozent in Amerika und achtzehn Prozent in Europa. Man sieht, wie sich in rund fünfzig Jahren der angelsächsische vom kontinentaleuropäischen Kapitalismus entfernt hat. Zwar hat weltweit die Ungleichheit zwischen den Staaten abgenommen, innerhalb eines Landes hat sie aber zugenommen. Die globale Ungleichheit dreht sich heute (wieder) mehr um Klassengegensätze und weniger um nationale Unterschiede.

Wer sich über den Stand des ökonomischen Wissens zur Ungleichheit zuverlässig informieren will, findet dazu gutes Material in einem gerade bei MIT Press erschienenen Sammelband, den die beiden Harvard-Ökonomen Olivier Blanchard und Dani Rodrik herausgegeben haben („Combating Inequality“). Die Aufsätze gehen auf eine Ökonomen-Konferenz am Peterson Institute for International Economics in Washington vom Herbst 2019 zurück, also noch vor Ausbruch der Pandemie. Aber, wie gesagt, am Trend dürfte sich nichts ändern.

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Fast alle Beiträger des Sammelbandes sind der Meinung, es brauche politische Maßnahmen zur Linderung der Ungleichheit. Niemand warnt mehr davor, Egalisierungspolitik dämpfe das Wachstum. Eher dominiert die Ansicht, Ungleichheit selbst drossele das Bruttoinlandsprodukt, weil das wirtschaftliche Potential der Geringverdienenden nicht zur Entfaltung kommt und die Reichen Monopolrenten für sich kassieren. Die Vermutung, in einem Sammelband amerikanischer „Salzwasserökonomen“ von der Ostküste dominierten – im Gegensatz zu „Süßwasserökonomen“ der marktwirtschaftlichen Chicago-Schule – mehrheitlich linke Positionen, ist nicht ganz falsch. Indes: Wissenschaftler wie Greg Mankiw, Philippe Aghion, David Autor oder Daron Acemoglu, alle hier vertreten, sind mehr oder minder ideologisch abstinent.

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