Wissenschaft

#Warum die Venus so „heißblütig“ ist

Präsentationsvideo zur Studie. © Southwest Research Institute

Was ist das Geheimnis des „feurigen Temperaments“ und des „jugendlichen Aussehens“ unserer planetaren Nachbarin? Aus einer Modellsimulationen geht nun hervor: Im Vergleich zur Erde wurde die Venus in ihrer frühen Entwicklungsgeschichte von härteren Einschlägen getroffen. Dies führte zu einem besonders heißen Kern, der für den ausgedehnten Vulkanismus und die damit verbundenen Erneuerungsprozesse der Oberfläche sorgte, erklären die Wissenschaftler.

Anfangs kreiste eine lockere Materiescheibe um die junge Sonne, dann ballte sich das Material zu immer größeren Gebilden zusammen – die Planeten unseres Sonnensystems entstanden. Dabei bildeten sich auch zwei Gesteinsplaneten, die viele Gemeinsamkeiten aufweisen, sich aber dennoch deutlich unterscheiden. „Eines der Geheimnisse des inneren Sonnensystems besteht darin, dass Erde und Venus trotz ihrer ähnlichen Größe und Dichte in auffallend unterschiedliche Weise funktionieren, was sich insbesondere auf die Prozesse auswirkt, die Materialien durch die Planeten bewegen“, sagt Erst-Autorin Simone Marchi vom Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder.

Warum so anders?

Im Fall der Erde sind die dynamischen Prozesse von der Plattendynamik geprägt: Die Erdkruste ist in große Stücke aufgeteilt, die gleichsam auf dem glutflüssigen Untergrund schwimmen. Dabei kollidieren sie oder überlagern sich, wodurch sich Gebirge auffalten und stellenweise glutflüssiges Material an die Oberfläche dringt. Doch der irdische Vulkanismus ist bescheiden im Vergleich zur Rekordhalterin der „Heißblütigkeit“ im Sonnensystem: Die Venus besitzt mehr als 80.000 Vulkane – 60-mal mehr als die Erde. Die Venusvulkane sitzen nicht an Plattenrändern, denn die gibt es bei unserer planetaren Nachbarin nicht: Sie besitzt eine durchgehende Oberfläche, die von den zahlreichen Vulkanen durchlöchert wird. Durch ihre Lavaströme haben sie zu den vergleichsweise jungen Oberflächenstrukturen der Venus geführt, geht aus früheren Studien hervor.

Warum die Venus allerdings einen so intensiven Vulkanismus aufweist, ließ sich bisher nicht überzeugend erklären. Im Rahmen ihrer Studie sind Marchi und ihre Kollegen deshalb nun durch Modellsimulationen gezielt der Frage nachgegangen, inwieweit Einschläge von Planetenbausteinen in der frühen Entstehungsgeschichte der Venus eine Rolle gespielt haben könnten. Das multidisziplinäre Team entwickelte dazu Kollisionsmodelle auf der Grundlage bekannter Daten und kombinierte sie mit Simulationen geodynamischer Prozesse, um die Folgen der Einschläge für die langfristige Entwicklung der Venus abzuschätzen.

Folgen einer besonders „wilden“ Jugend

Wie das Team berichtet, belegen ihre Ergebnisse nun einen maßgeblichen Effekt des frühen Bombardements: „Aus unserer neuen Modellierung geht plausibel hervor, dass besonders energiereiche Kollisionen auf der Venus zu dem langlebigen Vulkanismus und dem jungen Oberflächenalter der Venus geführt haben“, resümiert Senior-Autor Jun Korenaga der Yale University in New Haven. „Die gewaltige vulkanische Aktivität wird durch einen sehr heißen Kern angetrieben, der zu heftigen inneren Schmelzprozessen führt“, sagt der Wissenschaftler. Wie das Team erklärt, haben die im Vergleich zur Erde besonders harten Einschläge auf der Venus mit ihrer etwas weiter innen liegenden Umlaufbahn zu tun. Denn beide Planeten entstanden zwar in derselben Nachbarschaft, als die Materieklumpen miteinander kollidierten und sich nach und nach zu den beiden Gesteinsplaneten vereinigten. Aber die geringfügigen Unterschiede in der Entfernung von Erde und Venus zur Sonne prägten die Einschlagsprozesse deutlich.

Wie die Forscher erklären, krachten die Planetenbausteine mit mehr Wucht in die Venus, weil sie sich schneller um die Sonne bewegt als die Erde. Außerdem sausten wohl auch Impaktoren in den jungen Planeten, die von außerhalb der Erdumlaufbahn ins Innere des Sonnensystems gelangt waren. Sie besaßen den Wissenschaftlern zufolge besonders viel kinetische Energie. „Die hohen Aufprallgeschwindigkeiten führten dann zu einer besonders intensiven Silikatschmelze“, sagt Co-Autorin Raluca Rufu vom SwRI. „Dadurch entstanden ein sehr heißer Kern und ein Mantel aus geschmolzenen Materialien“, so die Wissenschaftlerin. Dies prägte offenbar die nachfolgende geophysikalische Entwicklung der Venus, erklärt das Team. „Wenn man die energetischen Einwirkungsszenarien in Modellsimulationen integriert, lässt sich das Ausmaß des Vulkanismus auf der Venus problemlos berechnen“, sagt Korenaga.

Bei ihrem Forschungsthema richtet sich nun der erwartungsvolle Blick der Forscher auf die derzeit geplanten Forschungsmissionen: Sowohl die NASA also auch die Europäische Weltraumorganisation ESA wollen neue Sonden zur Venus schicken, die unter anderem den Vulkanismus ins Visier nehmen sollen. „Das Interesse an der Venus ist derzeit groß“, sagt Marchi. „Unsere Ergebnisse können den bevorstehenden Missionen jetzt zugutekommen und die Missionsdaten könnten wiederum helfen, sie zu bestätigen“, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: Southwest Research Institute, Fachartikel: Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-023-02037-2

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