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#Warum es bei der Bahn wieder zu Streiks kommen könnte

Warum es bei der Bahn wieder zu Streiks kommen könnte

Die Deutsche Bahn steuert dieses Jahr auf einen Rekordverlust von 5,6 Milliarden Euro zu, gegen ausgleichende Milliardenhilfen des Eigentümers Bund sperrt sich aus Sorge um den Wettbewerb die EU-Kommission in Brüssel – und nun droht auch noch Ärger mit den rivalisierenden Bahngewerkschaften EVG und GDL. Kommt es im neuen Jahr zur Konfrontation, könnten plötzlich unterschiedliche Tarifverträge gelten. Außerdem wären Streiks nach Auslaufen der Tarifverträge und dem Ende der Friedenspflicht im Februar nicht ausgeschlossen. Um das zu vermeiden, will der Bahnvorstand EVG und GDL jetzt so schnell wie möglich an einen Tisch holen.

Kerstin Schwenn

Bisher sichert der sogenannte Grundlagen-Tarifvertrag von 2015 das Nebeneinander der Spartengewerkschaft der Lokführer und der größeren EVG. Diese Vereinbarung zwischen Bahn und GDL verhindert nämlich, dass das Tarifeinheitsgesetz wirkt. Tarifeinheit bedeutet, dass in jedem Betrieb nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Gewerkschaft gilt. Die Gestaltung von Löhnen, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen wäre in ihrer Macht. Dieses Szenario könnte in der Bahn bald eintreten, denn der Grundlagenvertrag läuft am Jahresende aus. Das wäre das Ende der tariflichen Pluralität in der Bahn. „Dieser Tarifvertrag hat keine Nachwirkung“, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Freitag in Berlin. „Wenn eine oder beide Gewerkschaften keine Anschlussregelung wollen, werden wir das Tarifeinheitsgesetz vom 1. Januar an sukzessive anwenden.“ Schließlich müssten die Betriebsabläufe im Unternehmen sichergestellt werden. Das könne schwierig werden, wenn zwei Tarifverträge sich widersprechende Regelungen enthielten.

In den 330 Betrieben müsste dann überprüft werden, welche Gewerkschaft die jeweils größere ist. Dem Vernehmen nach gibt es in 66 Betrieben der Sparten Fernverkehr, Regio und Cargo Überschneidungen – vor allem bei Lokführern und dem Zugpersonal. Bei der Suche nach der größeren Gewerkschaft wäre die Bahn auf Selbstauskünfte der Mitarbeiter angewiesen, denn nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen darf der Arbeitgeber nicht. Allenfalls könnten die Ergebnisse der Betriebsratswahlen ein Indiz sein für die Machtverhältnisse.

Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, spricht Anfang November mit Pressevertretern.


Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, spricht Anfang November mit Pressevertretern.
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Bild: dpa

Weil die Bahn eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens fürchtet, wird der Vorstand aktiv. „Wir wollen eine Anschlussregelung, wir wollen eine einvernehmliche Lösung, wir wollen die geordnete Koexistenz beider Gewerkschaften“, sagte Seiler. Mit der Absage des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky will er sich nicht abfinden. Weselsky hatte nach dem Scheitern der Schlichtung über einen „Corona-Tarifvertrag“ im November eine Anschlussregelung abgelehnt. Er wolle sich die Bedingungen nicht von der EVG diktieren lassen, die sich in der Krise auf relativ moderate Lohnerhöhungen eingelassen hatte. Einen Arbeitskampf nach dem Auslaufen der regulären Tarifverträge Ende Februar schloss Weselsky nicht aus. Er kündigte sogar an, die GDL wolle nicht nur beim Zugpersonal, sondern „in allen systemrelevanten Berufsgruppen“ EVG-Mitglieder abwerben. Der neue EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel revanchierte sich mit der Einordnung als „Realitätsverlust“. Allerdings nimmt die EVG die GDL-Streitlust nicht immer gelassen hin – was wiederum zur Konfrontation mit der Arbeitgeberseite führt. Nachdem die Lokführer in der Schlichtung das Angebot einer „Corona-Prämie“ ausgeschlagen hatten, nahm die EVG diesen Faden wieder auf und forderte den Bonus als Nachschlag zu den längst abgeschlossenen Verhandlungen. Die Bahnführung lehnte das ab.

Der Zwang zur Tarifeinheit könnte die Konkurrenzsituation von EVG und GDL noch verschärfen. Das Streikrecht wäre indes auch der an Mitgliedern schwächeren Gewerkschaft nicht verwehrt. Schließlich könnten Arbeitskampfmaßnahmen, wie das Bundesverfassungsgericht betont hat, dazu beitragen, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Betrieb wieder ändern.

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