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#Warum für Reisen im Sommer etliche Hürden bleiben

Warum für Reisen im Sommer etliche Hürden bleiben

Immerhin: Der große Krach vor den Sommerferien ist ausgeblieben. Es wird einen verbindlichen digitalen Impfnachweis für die gesamte Europäische Union geben. Er heißt nun „Digitales EU-Covid-Zertifikat“. Darauf haben sich die Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Rats der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission am Donnerstagabend geeinigt. Jeder Bürger hat Anspruch darauf, kostenlos.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Allerdings wird das Zertifikat für viele nicht mehr rechtzeitig zu den Sommerferien kommen. Und die Mitgliedstaaten haben sich einen weiten Spielraum bewahrt, um zusätzliche Reisebeschränkungen wie Test- und Quarantänepflichten zu verhängen. Angesichts der hohen Erwartungen, die das Parlament geschürt hat, dürfte das noch zu allerlei Enttäuschungen führen.

Das gilt zunächst vor allem im Norden der Union, wo die Sommerferien schon bald beginnen. In Finnland etwa ist das Anfang Juni der Fall, in Schleswig-Holstein am 19. Juni. Wer dann gleich aufbrechen will, muss sich gut über sein Reiseland informieren. Denn die neue bindende Verordnung tritt erst am 1. Juli in Kraft, und auch dann bleiben den Staaten noch sechs Wochen Zeit, um den digitalen Nachweis einzuführen.

Gelingt das auch in Deutschland?

Bisher haben 18 der 30 teilnehmenden Staaten erfolgreich getestet, dass ihre nationale App grenzüberschreitend Daten verifizieren kann. Das geschieht über eine Schnittstelle, welche die EU-Kommission entwickelt hat. „Alle Mitgliedstaaten müssen im Juni vollständig einsatzbereit werden, damit sie am 1. Juli mit vollem Tempo starten können“, mahnte der zuständige Justizkommissar Didier Reynders am Freitag. Er hoffe, dass das auch in Deutschland gelinge, fügte er hinzu.

Hierzulande, aber auch andernorts, müssen die Daten von Millionen Menschen, die schon geimpft wurden, nämlich erst zentral erfasst und mit dem neuen System verknüpft werden. Voraussichtlich werden die Apotheken dafür zuständig sein, Nachweise nachträglich zu digitalisieren. Bis dahin bleibt nur der gelbe Impfpass für Reisen; er soll als gleichwertig anerkannt werden. Ob schon eine Impfdosis reicht oder ob es zwei sein müssen, entscheidet jeder Staat selbst. Sicher ist man nur, wenn die Impfung komplett abgeschlossen wurde.

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Am längsten und härtesten haben Parlament und Rat um die Formulierung zu möglichen nationalen Einschränkungen des freien Reisens für Zertifikate-Inhaber gerungen. Im endgültigen Text der Verordnung heißt es nun, dass „die Mitgliedstaaten von zusätzlichen Reisebeschränkungen absehen sollen“, etwa weiteren Tests und Quarantänepflichten, „es sei denn, sie sind notwendig und verhältnismäßig, um die öffentliche Gesundheit in Reaktion auf die Covid-19-Pandemie sicherzustellen“. Das verschafft den Mitgliedstaaten weiten Spielraum für nationale Maßnahmen. Sie müssen zwar wissenschaftliche Erkenntnisse und Daten der EU-Infektionsschutzbehörde „berücksichtigen“, doch sind die Erkenntnisse oftmals nicht eindeutig – oder sprechen sogar dafür, unterschiedliche Gruppen auch unterschiedlich zu behandeln.

Das werden vor allem jene zu spüren bekommen, die vor Reisen noch nicht abschließend geimpft sind, sondern bloß einen negativen Test oder eine Bescheinigung über ihre Genesung vorlegen können. Der Test ist nur eine Momentaufnahme; wie lange er gültig bleibt, ist nicht verbindlich geregelt. Wer in mehrere Staaten reist, muss sich voraussichtlich mehrmals testen lassen. Genesene wiederum verfügen nach derzeitigen Erkenntnissen über einen geringeren Schutz als Geimpfte. Diese Nachweise sollen in der ganzen EU nur gültig sein, wenn die Erkrankung nicht länger als ein halbes Jahr zurückliegt; Staaten können das weiter einschränken. Wie lange der Impfschutz vorhält, soll nach vier Monaten erstmals überprüft werden.

Wer muss die Kosten für Tests tragen?

Umstritten war in den Verhandlungen auch, wer die Kosten von Corona-Tests für Reisende tragen soll. In Frankreich sind diese kostenlos, in Deutschland und vielen anderen Ländern nicht. Das Europäische Parlament wollte Gratis-Tests festschreiben, doch liegt das außerhalb seiner Kompetenz. Am Ende sprang die Kommission mit einem gesichtswahrenden Angebot ein: Sie will den Kauf von Tests mit 100 Millionen Euro unterstützen, insbesondere für Menschen, die aus beruflichen oder privaten Gründen oft Grenzen überwinden müssen.

Bei genauem Hinsehen reicht das aber nicht weit: für maximal zwei Millionen PCR-Tests, die nach ein paar Tagen verbraucht sind. Justizkommissar Reynders drang am Freitag darauf, dass die Staaten zunehmend auch die billigen Antigen-Tests akzeptieren, wenn deren Zuverlässigkeit steigt. Dann würde die Summe für zwanzig Millionen Tests reichen, was ebenfalls kaum ins Gewicht fällt.

Die größte Unbekannte, die im Sommer alle Reisewilligen beeinträchtigen kann, sind neue und noch gefährlichere Virus-Mutanten. Derzeit haben Fachleute vor allem die indische Variante B.1.617.2 im Blick, die mindestens so ansteckend ist wie die britische. Zwar deuten erste Erkenntnisse daraufhin, dass die verfügbaren Impfstoffe auch dagegen wirken und jedenfalls vor schweren Verläufen schützen, doch gilt auch das nur bis zur nächsten Mutation.

Von Indien koppeln sich die EU-Staaten gerade ab, das nächste Land könnte das Vereinigte Königreich sein. Auf die grüne Liste von Ländern, aus denen wieder touristische Einreisen möglich sind, wird das Land so bald nicht kommen. Auch EU-Staaten, die den Ausbruch bei sich nicht unter Kontrolle bekommen, werden schnell wieder erleben, wie sich der Schengen-Raum für sie schließt.

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