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#Gaza und Ukraine: Verrät Google Maps militärtaktisch relevante Daten?

Apple und Google haben ihre Kartendienste für Israel und Gaza im Zuge des Nahostkrieges eingeschränkt. Es ist nicht der erste Konflikt, in dem Echtzeit-Verkehrsdaten eine militärtaktische Rolle spielen.

Jeffrey Lewis konnte schon Stunden vor der offiziellen Ankündigung von Präsident Wladimir Putins „militärischer Spezialoperation“ klare Anzeichen für den russischen Überfall auf die Ukraine identifizieren: auf dem Kartendienst Google Maps.

Gregor Grosse

Redakteur in der Politik.

Der Professor und Militärfachmann am Middlebury In­stitute of International Studies in Kalifornien teilte am frühen Morgen des 24. Februars 2022, kurz vor Kriegsbeginn, auf Twitter (heute X) einen Screenshot, auf dem Google Maps eine Staumeldung nahe der ukrainischen Grenze anzeigte. Für Lewis und sein Forschungsteam war das der endgültige Beweis, dass die russische Invasion kurz bevorsteht: „Das bestätigte unsere Annahme, dass auf dieser Straße eine russische Einheit vorrückt“, sagt Lewis der F.A.Z.

Dass eine einfache Staumeldung auf Google Maps einen militärischen Großangriff vorhersagt, klingt zunächst abwegig. Aber dass Kriegsparteien aus öffentlich verfügbaren Verkehrsdaten militärtaktische Rückschlüsse ziehen könnten, beweist nun auch der Krieg in Nahost.

Einige Funktionen werden ausgesetzt

Die amerikanischen Konzerne Google und Apple haben kurz vor Beginn der israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen ihre Navigationssysteme für die Region eingeschränkt. Auf den populären Kartendiensten Google Maps, Waze (ebenfalls von Google) und Apple Maps sind seit Ende Oktober keine Informationen über die Verkehrslage und Auslastung auf den Straßen Israels und Gazas abrufbar – offenbar auf Wunsch der israelischen Armee, wie der Nachrichtendienst Bloomberg berichtete.

Google sammelt Standort und Bewegungsdaten der Handys von Google-Maps-Nutzern, um das Verkehrsaufkommen darzustellen. In Friedenszeiten ein nützliches Tool für zivile Nutzer, um Staus oder Unfälle zu umgehen, können diese Daten im Krieg wichtige Informationen über Truppen- oder Fluchtbewegungen liefern. Google schaltete bereits im Kontext des Ukrainekriegs unter anderem nach Absprache mit lokalen Behörden einige Funktionen seines Navigationssystems ab. Auf Nachfrage teilt ein Google-Sprecher der F.A.Z. mit: „Wie schon früher in Konfliktsituationen und als Reaktion auf die sich entwickelnde Situation in der Region haben wir aus Rücksicht auf die Sicherheit der lokalen Communities vorübergehend die Möglichkeit deaktiviert, aktuelle Verkehrsbedingungen und Verkehrsinformationen in Israel und Gaza anzuzeigen.“ Die Routen zu einem bestimmten Ziel würden jedoch weiterhin angezeigt, heißt es. Auch die Fahrtzeit ist auf Google Maps noch zu sehen. Fragen zu der voraussichtlichen Dauer der Einschränkungen und ob diese auf Wunsch Israels erfolgten, ließ das Unternehmen unbeantwortet.

Israelische Panzer auf einer Straße in der Nähe des Gazastreifens


Israelische Panzer auf einer Straße in der Nähe des Gazastreifens
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Bild: AFP

Apple reagierte auf eine entsprechende Anfrage bislang nicht. Auf Apple Maps wurden zuletzt allerdings ebenfalls keine Staumeldungen in der Region angezeigt, es wurde nur die voraussichtliche Fahrtdauer zum Ziel abgebildet.

Das Vorgehen von Jeffrey Lewis und seinem Team zeigt eindrücklich, wie über Echtzeit-Verkehrsdaten Truppenbewegungen verifiziert werden können. Die Wissenschaftler haben in den Wochen vor Kriegsbeginn Russlands Truppenaufstellungen an der ukrainischen Grenze zunächst über Satellitenbilder überwacht. Die meisten dieser Aufnahmen hätten darauf hingewiesen, dass „die Russen dort für eine Weile bleiben – sozusagen campen“, sagt Lewis.

„Niemand hat uns geglaubt“

Doch schließlich bemerkte das Team ein Satellitenbild, das sich von den anderen unterschied: Allem Anschein nach war auf einer Straße von der russischen Stadt Belgorod in der Nähe zur Ukraine eine große bewaffnete russische Einheit mit militärischen Fahrzeugen einschließlich Panzern in Bewegungsbereitschaft zu erkennen. Das sei ein Beleg gewesen, dass der russische Überfall wahrscheinlich in den nächsten 24 bis 48 Stunden beginnen würde. „Wir haben versucht, das mit der Presse zu teilen – aber niemand hat uns geglaubt.“

Also zogen die Wissenschaftler zur Verifizierung die Echtzeit-Verkehrsdaten von Google Maps heran, um ungewöhnliche Bewegungen festzustellen. „Wir haben auf Google Maps eine Staumeldung gesehen, genau an der Stelle, wo wir die russische Einheit auf Satellitenbildern lokalisiert haben“, sagt Lewis. Das sei ein sehr großer Zufall gewesen – der offensichtlich keiner war.

Die Google-Maps-Daten deuteten darauf hin, dass die Russen dort Straßenblockaden errichtet hätten, erklärt ­Lewis. Frühere Verkehrsdaten zeigten, dass es um diese Uhrzeit, drei Uhr morgens lokaler Zeit, an dieser Stelle noch nie einen Stau gegeben habe. Der auf Google Maps angezeigte Stau habe sich dazu in Richtung der ukrainischen Grenze bewegt. „Ab diesem Moment war es eindeutig: Die russische Einheit marschiert auf die Ukraine zu.“ Wenige Stunden später, um kurz vor sechs Uhr, erklärte Wladimir Putin in einer Fernsehansprache dem Nachbarland den Krieg. Lewis geht davon aus, dass die von Google gesammelten Handysignale nicht von russischen Soldaten stammten, da es entsprechende Anweisungen gegeben haben dürfte, keine Mobilgeräte zu nutzen. Vermutlich habe es sich um Daten von zivilen Nutzern gehandelt, die von den Straßenblockaden aufgehalten wurden.

Mit der Abschaltung der Verkehrsdaten werde allen Kriegsparteien die Fähigkeit genommen, über öffentliche Kartendienste feindliche Truppenbewegungen nachzuvollziehen, so Lewis. Im Gegensatz zur Hamas hat Israel das aber wohl auch nicht nötig. Dessen Aufklärungsmöglichkeiten und Geheimdienste zählen bekanntlich zu den besten der Welt.

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