#Warum Weselsky wirklich streikt
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GDL-Chef Weselsky zettelt einen Bahnstreik an, weil er die Arbeitszeiten für alle reduzieren will. Warum bevormundet er die Arbeitnehmer so?
Schon in normalen Zeiten legt der Name Claus Weselsky Bahnfahrern Zornesfalten über die Augen, und in diesen Tagen führt der Name noch zu deutlicheren Grimassen. Weselsky ist ein Unikum in der deutschen Streiklandschaft, und die aktuellen Tarifverhandlungen zwischen der Bahn und seiner Lokführer-Gewerkschaft GDL sind der Schlusspunkt eines ganz besonderen Lebenswerks: Weselsky hat bei der Bahn die Konkurrenz zweier Gewerkschaften eingeführt. Er hat seine kleine Gewerkschaft groß gemacht, indem er immer noch härter gestreikt hat als die anderen – in einem Betrieb, der daran nicht pleitegehen kann, weil Fahrgäste und Steuerzahler ihn schon immer wieder rauspauken werden.
Doch am Ende von Weselskys Berufsleben steht eine Auseinandersetzung, die für Deutschland gar nicht so untypisch ist: der Kampf um die Arbeitszeit. In den aktuellen Verhandlungen ist gar nicht die Lohnerhöhung das größte Streitthema der aktuellen Verhandlungen, sondern die Arbeitszeit. Die Bahn leidet sowieso schon unter Personalmangel, aber die Arbeitszeit von Schichtarbeitern soll nach Weselskys Willen von 38 auf 35 Stunden gesenkt werden. Wenn er sich damit durchsetzt, behindert Weselsky den Bahnverkehr noch viele Jahre nach seinem Renteneintritt.
Andere Branchen kennen diesen Streit auch: In der Stahlindustrie geht es um die Vier-Tage-Woche, die Lehrergewerkschaft GEW will „Vollzeitbeschäftigung neu definieren“. Wenn man nur ein bisschen darüber nachdenkt, ist das eigentlich eine seltsame Forderung. Schließlich ist es heute schon kein Problem, die Arbeitszeit zu reduzieren. In Deutschland gibt es ein Recht auf Teilzeit. Trotz aller Krisenstimmung ist der Arbeitskräftemangel in Deutschland so groß, dass sich sowieso kaum ein Arbeitgeber den Teilzeit-Wünschen seiner Mitarbeiter widersetzt.
Warum darf nicht jeder selbst die Arbeitszeit reduzieren?
Die freiheitliche Lösung wäre also ganz simpel: Das Gehalt fällt ein bisschen höher aus, und anschließend arbeitet jeder so viel, wie er mag. Manche nehmen das Geld, andere reduzieren ihre Arbeitszeit und verdienen so viel wie vorher. Jedes Gewerkschaftsmitglied hätte die Wahl. Bei der Bahn gibt es sogar schon einen Tarifvertrag, der nach diesem Prinzip funktioniert. Es könnte so einfach sein. Warum macht Deutschland es doch wieder so kompliziert? Weil den meisten Leuten am Ende eines fast genauso wichtig ist wie ihre Arbeitszeit: die Arbeitszeit der anderen.
Wer nur für sich die Arbeitszeit reduziert, hat es nicht so leicht. In den Schichtplan passt die neue Arbeitszeit nicht richtig rein, man muss vielleicht mit Überstunden und freien Tagen arbeiten. Sogar in Bürojobs mit Gleitzeit hat jeder es gut, wenn die anderen weniger arbeiten: Wenn firmenweit die Vier-Tage-Woche eingeführt ist, kann niemand ein wichtiges Meeting am Freitag ansetzen. Am Schluss geht es um Karrierechancen. Wer mehr arbeitet, sammelt mehr Erfahrung, schafft am Ende mehr und bekommt deshalb eher die nächste Beförderung. Da ist es doch ganz wunderbar, wenn man die Kollegen per Tarifvertrag zwingen kann, auch weniger zu arbeiten!
Das Solidaritätsprinzip führt jetzt ins Chaos
Bis hierhin ist dieses Prinzip nicht neu. Es ist das alte Solidaritätsprinzip der Gewerkschaften: Sie kämpfen gemeinsam für einheitliche Standards, damit niemand den anderen über- oder unterbietet.
Doch jetzt führt das Solidaritätsprinzip geradewegs ins Chaos. In den kommenden Jahren werden in Deutschland immer mehr Menschen in Rente gehen, immer weniger junge Leute in den Beruf kommen, der Arbeitskräftemangel wird immer heftiger werden. Doch die Deutschen wollen immer kürzer arbeiten, das gilt übrigens nicht nur für die jungen Leute, sondern quer durch alle Altersklassen. Es ist auch in Ordnung so.
Aber dass man gleich allen die Arbeitszeit kürzt, auch wenn sie lieber mehr arbeiten und mehr verdienen wollen – diese Forderung passt nicht in die Zeit. Wer länger arbeiten möchte, muss das tun dürfen. Das ist gut für die betroffenen Arbeitnehmer, gut für die Unternehmen und gut für das Land.
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