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#Warum die Türkei einen russischen Getreidefrachter festsetzt

„Warum die Türkei einen russischen Getreidefrachter festsetzt“

Die Zhibek Zholy ist ein unter russischer Flagge fahrendes Frachtschiff. Es ist 140 Meter lang, 17 Meter breit und kann 7100 Tonnen Fracht befördern. Damit ist es für die Meere der Welt nicht eben groß, aber doch groß genug, um das Schwarze Meer, das Mittelmeer oder Flussmündungen wie die der Donau befahren zu können – und in kleinen Häfen Fracht aufzunehmen und zu löschen.

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Derzeit aber fährt der im Jahr 2016 in Dienst gestellte Frachter nicht, er liegt seit Sonntag vor der türkischen Küste still. Schiffs-Tracker verorten ihn vor der Küste von Karasu, keine 200 Kilometer östlich der Einfahrt in den Bosporus. Er liegt da, weil die türkischen Behörden ihn festgesetzt haben. Denn das Schiff soll Getreide geladen haben. Die ukrainische Regierung behauptet, die Russen hätten es gestohlen.

Der türkische Zoll hat das Schiff am Sonntag festgesetzt, türkische Ermittler untersuchen jetzt nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg die Herkunft des Getreides an Bord. Für Kiew ist allein das schon ein diplomatischer Erfolg.

Kampfdrohnen, aber keine Sanktionen

Die Türkei hat zwar den Überfall Russlands auf die Ukraine verurteilt, versucht aber zu beiden Seiten gute Kontakte zu behalten. Für sie ist der Fall „Zhilek Zholy“ unangenehm. Die Regierung in Ankara beliefert die Ukraine mit Kampfdrohnen und trägt die Sanktionen des Westens gegen Russland nicht mit.

Mehrfach fanden in der Türkei, wenn auch erfolglos, Verhandlungen mit russischen und ukrainischen Regierungsvertretern statt über einen möglichen Waffenstillstand, zuletzt über den Export von Getreide, auf das viele Mittelmeeranrainer und andere Staaten angewiesen sind. Die Ukraine und Russland gehören zu den weltgrößten Exporteuren von Getreide.




Die Ukraine beschuldigt Russland schon lange, Getreide und andere Produkte aus den besetzten Gebieten abzutransportieren. Erst am Montag hatte der der staatliche Informationsdienst aus Mariupol berichtet, die Besatzer würden dort Walzgut und Getreide mit kleinen Flussschiffen zu Ladeplattformen in „neutrale“ Gewässer vor der Küste von Kertsch transportieren und dann dort für den Weitertransport auf größere Frachtschiffe umladen.

„Auf dem Weg in befreundete Länder“

Ähnlich soll es sich im Fall des festgehaltenen Getreidefrachters verhalten. Der ukrainische Botschafter in Ankara, Vasyl Bodnar, hatte die Türkei zuvor aufgefordert, „notwendige Maßnahmen“ zu treffen, denn dessen gestohlene Getreidefracht stamme aus der besetzten ukrainische Hafenstadt Berdkjansk am Nordufer des Asowschen Meeres. Laut Medienberichten hatte der Chef der pro-russischen Regierung, Evgeny Balitsky, das am 30. Juni auch auf Telegram gepostet: „Nach zahlreichen Monaten der Verzögerung hat das erste Handelsschiff den Handelshafen Berdjansk verlassen, 7000 Tonnen Getreide sind auf dem Weg in befreundete Länder.“

Russlands Außenminister Sergej Lawrow bestätigte am Montag zwar, dass das Schiff russische Eigner habe, Details müssten aber noch geklärt werden. „Das Schiff ist wirklich unter russischer Flagge, aber ich denke, es gehört Kasachstan und die Ladung wurde im Rahmen eines Vertrags zwischen Estland und der Türkei transportiert“, sagte er Journalisten.

Erdogan zuversichtlich

Die Türkei hat ein großes Interesse daran, den Getreideexport wieder in Gang zu setzen. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte vorige Woche gesagt, es stünden etwa 20 Schiffe in der Region bereit, um das Getreide im Namen der Ukraine zu transportieren, sobald eine Einigung erzielt wurde. „Wir werden versuchen, diese Produkte zu transportieren und sie in Drittländer zu re-exportieren“, sagte Erdogan. Russland verlangt aber für die Freigabe der Häfen die Aufhebung westliche Sanktionen.

Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj warten noch etwa 22 Millionen Tonnen Getreide aus der Vorjahresernte auf ihren Export. „Für den Herbst erwarten wir etwa 60 Millionen Tonnen. Die Lage ist sehr schwierig“, sagte er zu Wochenbeginn. Dennoch gibt es kleine Fortschritte mit Exporten nach Rumänien sowie Zentraleuropa.

Im Mai seien 1,74 Millionen Tonnen Getreide exportiert worden, nach lediglich 200.000 Tonnen im März, heißt es in Kiew. Wenn sich die Logistik weiter verbessert, sei es möglich, die Exporte auf 2,5 Millionen Tonnen im Monat zu steigern. Das entspräche etwa 50 Prozent des Vorkriegsniveaus, sagte der stellvertretende Vorsitzende der All-Ukrainischer Agrarrates.

Selenskij versicherte derweil, seine Regierung kämpfe auf allen diplomatischen Ebenen dafür, dass Länder kein Getreide russischer Anbieter kauften, welches diese in den blockierten ukrainischen Häfen gestohlen hätten. Die „Zhibek Zholy“ soll einstweilen vor der Küste von liegen bleiben, bis die Untersuchungen zur Herkunft des Getreides abgeschlossen sind.

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