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#Was die Globalisierung gefährdet

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Was die Globalisierung gefährdet

Die wirtschaftlichen Kosten einer unter der Pandemie und wachsenden geopolitischen Spannungen leidenden Globalisierung kommen langsam daher, aber sie kommen. Versorgungsengpässe mit wichtigen Ausrüstungsgütern wie Chips beeinträchtigen vor allem die Produktion in der Industrie und damit das Wirtschaftswachstum in den reichen Ländern. Und wo Güter ankommen, werden sie deutlich teurer. Im Juni sind in Deutschland die Erzeugerpreise um 8,5 Prozent gestiegen; nach aller Erfahrung wird sich zumindest ein Teil dieses Anstiegs in den kommenden Monaten auch in den Verbraucherpreisen niederschlagen.

Viele Unternehmen beginnen an der Zuverlässigkeit der internationalen Lieferketten zu zweifeln und wollen daher wieder größere Lagerbestände vorhalten, was ebenfalls die Kosten treiben wird. Geopolitisch nachvollziehbar, industrie- wie standortpolitisch verlockend, wirtschaftlich in aller Regel aber ineffizient und in ökologischer Sicht nicht zwingend vorteilhaft sind Neigungen, Industrieproduktion aus billigen Schwellenländern in die teuren Industrienationen zurückzuverlagern. Ökonomen um Gabriel Felbermayr, den Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, haben kürzlich in einer Arbeit gezeigt, wie sehr ein Rückbau der globalen Lieferketten langfristig allen Beteiligten schadete.

Ernsthafte Sorgen um die Globalisierung seien unnötig, ist oft zu hören. Die Pandemie werde früher oder später ihren Schrecken verlieren, und das Duell zwischen den Vereinigten Staaten und China fördere zwar protektionistische Neigungen in Washington wie in Peking, aber am Ende würden die beiden Supermächte vernünftig genug bleiben und die erheblichen Kosten eines schrankenlosen Wirtschaftskriegs scheuen. Das klingt plausibel, aber ein Blick in die Geschichte rät gleichwohl zur Vorsicht. In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg profitierte die Weltwirtschaft auf beeindruckende Weise von einer ersten Phase der Globalisierung, obgleich sich die führenden Mächte der damaligen Zeit in politischer wie in wirtschaftlicher Sicht als zunehmend erbitterte Rivalen verstanden.

Kooperation bedarf der steten Pflege

Mit dem Ersten Weltkrieg fand diese erste Globalisierung ein brutales Ende, und alle Versuche, sie in der Zwischenkriegszeit wieder zu eta­blieren, scheiterten. Stattdessen begannen drei Jahrzehnte politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verwerfungen; erst nach dem Zweiten Weltkrieg gelang unter amerikanischem Einfluss die Gründung einer neuen liberalen Welthandelsordnung. Das Ergebnis waren Jahrzehnte wirtschaftlichen Wohlstands.

Sich an die herrschenden Verhältnisse zu gewöhnen sei eine besondere Eigenschaft der Menschen, konstatierte John Maynard Keynes nach dem Ersten Weltkrieg in einem wehmütigen Rückblick auf die erste Globalisierung, die ihm nunmehr „ungewöhnlich, instabil, kompliziert, unzuverlässig und vorübergehend“ erschien. Das Keynes-Zitat findet sich in einem aktuellen Abriss des Auf und Abs der Globalisierung durch die Wirtschaftshistoriker Michael D. Bordo und Catherine R. Schenk. Sie anerkennen den Willen der Politik in den vergangenen Jahrzehnten, internationale Zusammenarbeit zu garantieren und schwere Konflikte zu vermeiden, aber sie warnen davor, den Erfolg dieser Bemühungen für selbstverständlich zu halten. Kooperation bedarf der steten Pflege.

Die Globalisierung ist wirtschaftlich insgesamt wohlfahrtsfördernd, aber sie ist es nicht für jedes Individuum. Vor allem in reichen Ländern und in Zeiten technologischen Wandels kennt die Globalisierung auch Verlierer, wenn Industrien von alternden reichen in arme, aber dynamische Länder abwandern. Seit Jahrzehnten wissen auch liberale Ökonomen um die Notwendigkeit, sich dieser Verlierer anzunehmen und ihnen Chancen zu eröffnen, in anderen Wirtschaftszweigen eine Tätigkeit zu finden. Tatsächlich hat sich die Politik in vielen Ländern häufig nicht um diese Menschen gekümmert; sie hat Nachlässigkeit gesät und Populismus geerntet.

Heute wirkt die Globalisierung und damit das langfristige wirtschaftliche Wachstumspotential erstmals seit Jahrzehnten ernsthaft bedroht; gleichzeitig wird der auch durch die Klimapolitik initiierte wirtschaftliche Wandel zahlreiche Menschen vor allem in der Industrie attraktive und ordentlich bezahlte Jobs kosten. Es wäre gut, wenn die Politik die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Folgen dieser Veränderungen nicht erst entdeckte, wenn es zu spät ist.

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