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#Herr des Stillen Ozeans

Herr des Stillen Ozeans

Donnerstag Morgen, halb sieben, Bucht von Tokio. 26 Schwimmer springen ins Wasser. Zehn Kilometer durch den Odaiba Marine Park, siebenmal um einen trapezförmigen, 1,43 Kilometer langen Kurs, markiert durch große rote Bojen. Zehn Kilometer durchs freie Wasser, 29,3 Grad, Badewanne. Wie hart der Sport ist, sagt der Brite Hector Pardoe, nachdem er das Rennen auf der letzten Runde aufgeben musste. Ellenbogen im Gesicht, Brille zerborsten, Pardoe in Panik. „Ich dachte, ich hätte mein Auge verloren. Ich habe nichts mehr gesehen. Ich dachte, mein Auge ist ins Wasser gefallen. Ich habe den Rettungsschwimmer angeschrien: Mein Auge! Mein Auge! Ist mein Auge okay?“ Es war okay.

Florian Wellbrock, 23 Jahre alt, sieht alles. Vom ersten Moment an, von der Sekunde, in der er ins Wasser springt. Sein Kopf ragt aus dem Wasser. Weiße Kappe, schwarze Schrift. GER. Deutschland führt, Wellbrock führt, schon an der ersten Boje. Der Regisseur zeigt die Schwimmer von oben, Wellbrocks Körper löst ein Dreieck zarter Wellen aus, wie ein kleines Motorboot. Wellbrock zieht durch das ruhige Wasser der Tokyo Bay, es ist, menschlich eingehegt und wirtschaftlich nutzbar gemacht, der Stille Ozean. Das Wasser warm, die Luft heiß, über die Autobrücken fahren Autos und unten, im Odaiba Marine Park, schwimmt ein deutscher Schwimmer zum ersten Olympiasieg seit Michael Groß 1988. Wellbrock ist an der ersten Boje vorn, und er bleibt es, von einer ganz kurzen Ausnahme abgesehen, nach der vierten Verpflegungsrunde, bis ins Ziel.

Dort, nach zehn Kilometern, nach einer Stunde, 48 Minuten und 33 Sekunden. In Tokio ist es nun 7.48 Uhr, es rauschen mehr Autos über die Brücken, die Sonne scheint, es wird immer heißer, er hat einen Vorsprung von mehr als 25 Sekunden vor dem Ungarn Kristof Rasovszky und dem Italiener Gregorio Paltrinieri. Wellbrock ist an diesem Tag in der Bucht von Tokio so überlegen wie der FC Bayern in der Fußball-Bundesliga, so überlegen, wenn es ein olympischer Vergleich sein soll, wie es das Basketball spielende Dream Team der Amerikaner mal war.

„ Jungs, wollt ihr keinen Wettkampf schwimmen heute?“

Und das Verblüffende, das Erstaunliche ist: Er bemerkt seine Überlegenheit schon, als er gerade erst ins Wasser gesprungen ist. Das Hauen und Stechen, Treten und Kämpfen, all das findet hier statt, man muss nur auf Hector Pardoe hören. Aber es findet ohne Florian Wellbrock statt. „Ich bin in der ersten Runde um die erste Boje rum, habe mich umgeguckt und gedacht: Jungs, wollt ihr keinen Wettkampf schwimmen heute?“

Florian Wellbrock hat eine Art der Kommunikation, aus der man ihm bisweilen den Vorwurf leichter Arroganz stricken könnte. Aber das würde ihm nicht gerecht, und das hängt mit seiner Art des Schwimmens zusammen. Mit seiner Ästhetik und Effizienz, die im offenen Wasser, zumal bei diesen Olympischen Spielen, viel offensichtlicher überlegen sind als bei den Beckenwettbewerben. Dort hat Wellbrock sich übertölpeln lassen im 800-Meter-Rennen. Erster bei der letzten Wende, Vierter beim Anschlag. Überspurtet, vor allem vom Amerikaner Bobby Finke. Eine Niederlage, die an ihm nagte, bis er in den Pazifik sprang am Donnerstag, wie er nach seinem Sieg erzählte.

Am Sonntag dann, über 1500 Meter, dasselbe Spiel: Erster fünfzig Meter vor dem Ende. Aber immerhin Dritter am gegenüberliegenden Beckenrand. Bronze, die erste Medaille eines deutschen Beckenschwimmers seit 21 Jahren, die erste Beckenmedaille für den Deutschen Schwimm-Verband seit Britta Steffens Siegen in Peking vor 13 Jahren. Für Wellbrock eine Medaille der Sorte, über die sich ein Sportler freut, weil es Olympia ist, aber auch eine Medaille von der Sorte, die ihm sagt, dass er geschlagen wurde. „Irgendwo“, sagte er hinterher im ZDF, sei „Gold anvisiert“ gewesen, „als amtierender Weltmeister, aber ich glaube mit einer olympischen Bronzemedaille darf man nicht unzufrieden sein“. Das war am Sonntag. Dann stieg Florian Wellbrock in den Pazifik.

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