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#Was Eiyuden Chronicle für einen langjährigen Suikoden-Fan bedeutet

Was Eiyuden Chronicle für einen langjährigen Suikoden-Fan bedeutet


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Ich sitze hier und weiß nicht, ob ich vor Freude weinen oder aus absolutem Unglaube lachen soll. Der Grund: Letzte Woche wurde Eiyuden Chronicle angekündigt, ein spiritueller Nachfolger der Suikoden-Reihe. Das ist an sich nichts Besonderes, denn so gut wie jedes Indie-JRPG bemüht Vergleiche mit großen (und teils sehr nischigen) Rollenspielreihen wie Suikoden, Fire Emblem oder Final Fantasy. Doch hier ist es anders, denn es ist nicht irgendein Indie-Spiel, sondern ein neues Spiel von Yoshitaka Murayama, Junko Kawano und Osamu Komuta. Keine „No-Names“, sondern genau die Leute, die damals bei Konami die Suikoden-Reihe begründet und maßgeblich geformt haben. Doch auch ich bin nicht irgendein Fan; für mich beginnt mit Eiyuden Chronicle ein neues Kapitel nach 20 Jahren Leidenschaft und zehn Jahren harten Kampfes.

Sag mir… kann man das Schicksal verändern?

Meine Reise dürfte vor fast genau 20 Jahren, im Spätsommer 2000, begonnen haben. Ich stand in der Videospielabteilung von Karstadt und habe 100 Mark bekommen, um mir ein neues Spiel auszusuchen. Am Ende musste ich mich zwischen zwei Spielen entscheiden: Suikoden II und Vandal Hearts II. Meine Wahl fiel schließlich auf Suikoden, da mir die Animeoptik des Covers gefiel. Ironischerweise lag Vandal Hearts II, ebenfalls aus dem Hause Konami, eine Demo zu Suikoden II bei. Vielleicht hätte mich mein Schicksal also so oder so zu Suikoden geführt.

Das Spiel habe ich geliebt, aber es stach für mich damals nicht sonderlich heraus aus den JRPGs, die ich bis dahin kannte: Final Fantasy VII und VIII, Breath of Fire III, Wild Arms. Auch wunderte ich mich nicht, dass es der zweite Teil war und ich den ersten Teil nicht kannte; etwas, was ich das „Final Fantasy VII“-Prinzip nenne. Doch schon damals faszinierte mich die Art, wie Suikoden II seine Geschichte erzählte. Im Zentrum der Geschichte standen zwei Freunde, die sich plötzlich auf zwei unterschiedlichen Seiten eines politischen Konflikts befanden. Galt es in anderen Rollenspielen irgendwann einen übermächtigen Boss oder Supersoldat mit heftigem Ödipuskomplex zu besiegen, war die Geschichte in Suikoden trotz aller Magie geerdet. Man trifft Menschen, die unter dem Krieg leiden oder denen ihre Ideale mehr bedeuten als das Gesetz. Kurz: Suikoden II war wie alle anderen JRPGs, aber doch ganz anders.

Eiyuden Chronicle
Schon die Aufmachung des Logos von Eiyuden Chronicle erinnert unweigerlich und sicher nicht zufällig an Suikoden.

Die 108 Sterne des Schicksals

Das Herausstellungsmerkmal Suikodens ist neben der politischen Konflikte sicher die Suche nach den 108 Sternen des Schicksals. Man bereist die Welt und sucht Gleichgesinnte, die sich der eigenen Armee anschließen und in das eigene Hauptquartier einziehen. Dort entstand eine ganz eigene, kleine Stadt: Einige der Charaktere eröffnen Geschäfte, andere wiederum lassen sich lieber in der Bar volllaufen oder gehen angeln. Bei so vielen Charakteren gab es immer einige, die man besonders mochte, und man konnte sich so seine Wunschgruppe zusammenstellen. Der Held und fünf schöne Frauen? Check. Der Held und fünf hartgesottene KriegerInnen? Check. Der Held und fünf Flughörnchen? Check. Oft wird die Suikoden-Reihe als Mischung aus Pokémon und Game of Thrones beschrieben, und das trifft den Kern doch ganz gut.

Doch dass Konami dort eine Serie aufbaute, bekam ich gar nicht mit. Das erste Suikoden (nur auf Englisch) hatte keinen hohen Umlauf, die Visual-Novel-Ableger Suikogaiden Vol. 1 und 2 blieben in Japan und der Eintritt in die PlayStation-2-Ära, Suikoden III, erreichte nur die USA. Dass es die Spiele auch noch gab, bekam ich erst 2005 mit, als ich Suikoden IV im Laden sah. Sofort erkannte ich den Namen, nahm das Spiel mit nach Hause und, obwohl es nicht der beste Teil der Reihe ist, war ich wieder komplett überwältigt. Vor allem merkte ich zum ersten Mal, dass alle Suikoden-Teile in der gleichen Welt, nur zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedenen Orten, spielten. Dadurch wurde ein riesiges, zusammenhängendes Universum aufgebaut, und an jeder Ecke warteten kleine und große Referenzen an vergangene (und teilweise auch erst kommende!) Spiele.

Willst du meiner Fanarmee beitreten?

Auch das kurz darauf erschienene Suikoden Tactics gefiel mir gut, war aber deutlich schwerer geraten. Also wandte ich mich an die größte deutschsprachige Suikoden-Seite, Suikoversum.de (damals Suikoden3.de; der Name kommt von irgendeiner Domainstreitigkeit…), und suchte im dortigen Forum nach Hilfe. Mein Einstieg in die Suikoden-Fanwelt. Im Laufe der Zeit half ich der Seite immer mehr aus, erst als Korrekturleser, später, nach Veröffentlichung von Suikoden V, auch als Inhalteersteller und mittlerweile als Admin. Generell war Suikoden eine Reihe, bei der es immer Nachschub zu geben schien; alle paar Jahre erschien ein neues Spiel. Als man 2008 jedoch mit Suikoden Tierkreis zum ersten Mal einen Teil veröffentlichte, der nicht in der bekannten Welt spielte, nahm der Fanunmut zu. Zu anders, zu vereinfacht, nein, das war für viele nicht das Suikoden, das man seit Jahren liebte.

Auch Konami zeigte immer weniger Interesse an der Reihe. Kein Wort zu neuen Veröffentlichungen in den nächsten Jahren, der Kopf hinter der Reihe, Yoshitaka Murayama, war ohnehin schon nach Suikoden III gegangen. Gleichzeitig wurde es für Spieler immer schwerer, die Spiele zu spielen: Suikoden und insbesondere Suikoden II wurden zu wahren Sammlerobjekten auf eBay, für die man teilweise hunderte Euro lassen musste je nach Zustand. So kam es, dass ich zusammen mit einigen wenigen Gleichgesinnten aus dem englischen suikosource.com-Forum die Idee einer Fanbewegung hatte. Das Suikoden Revival Movement.

Die Wiederbelebungskampagne zu Suikoden zeigte Erfolg

Das Ziel: digitale Wiederveröffentlichungen der Spiele für PlayStation 3. Dass Fandruck wirkte, hatte erst kurz vorher Operation Rainfall bewiesen, die mit Brief- und Social-Media-Kampagnen den Druck auf Nintendo erhöhten, Xenoblade Chronicles, Pandora’s Tower und The Last Story in den USA zu veröffentlichen. Gleichzeitig wollten wir die neuen Medien nutzen und Suikoden-Fans aus aller Welt auf einer Seite vereinen. Das war 2011.

Eiyuden Chronicle
Der Kampf von Suikoden Revival Movement hat sich gelohnt!

Konami hörte auf unsere Kampagnen, die von tausenden Fans aus aller Welt getragen wurden, und reagierte erst verhalten, schließlich aber doch mit digitalen Wiederveröffentlichungen von Suikoden und Suikoden II. Selbst Suikoden III erhielt 2015 zum ersten Mal eine Veröffentlichung in Europa. Doch nach der Veröffentlichung von Suikoden IV 2017 ebbte der Enthusiasmus ab, was vor allem daran lag, dass sich Sony entgegen früherer Äußerungen dazu entschied, das PS1-Classics-Programm nicht auf PlayStation 4 fortzuführen. So konnten die Wiederveröffentlichungen nur auf PlayStation Vita und 3 gespielt werden, zwei Konsolen, die damals schon so gut wie tot waren.

Und Konami hört auf, zuzuhören. Was die Reihe brauchte, war eine Collection mit allen alten Spielen für moderne Konsolen und Steam, doch Konami war bereits auf dem absteigenden Ast. Spätestens seit dem Ausstieg Kojimas 2015 war Konami kreativ am Ende und hatte keinerlei Köpfe oder Leute in führender Position mit einer Vision.

Die Sache in die eigene Hand nehmen

Die jahrelangen Kampagnen ohne wirklichen Zugewinn laugten auch die Community aus. Doch wir arbeiteten im Hintergrund weiter, führten eines der wenigen internationalen Interviews mit Murayama und begannen etwas Lobbyarbeit. Der Erfolg von Koji Igarashi und Bloodstained, dem geistigen Castlevania-Nachfolger, auf Kickstarter führte uns zu der Frage: Könnte man nicht einen Suikoden-Nachfolger finanzieren?

Wir begannen, die kreativen Köpfe von früher zusammenzuführen, neben Murayama vor allem Junko Kawano (beteiligt an Suikoden, Suikoden IV und Tactics) und Osamu Komuta (beteiligt an Suikoden Tactics, Tierkreis und dem Japan-exklusiven Tsumugareshi Hyakunen no Toki). Einige von uns reisten letztes Jahr nach Tokyo, um im Rahmen einer orchestralen Aufführung von Suikoden-Musik direkt mit den Leuten vor Ort zu reden. Alles so geheim, dass selbst ich als Mitgründer der Bewegung von alldem nur anekdotisch wusste.

Und jetzt ist da Eiyuden Chronicle…

Und jetzt Eiyuden Chronicle. Ist es Suikoden VI? Nein. Ist es mehr Suikoden als ich Konami derzeit zutrauen würde? Auf jeden Fall. Als ich intern hörte, dass wirklich ein neues Projekt kommt, war ich zuerst skeptisch; zu viel Angst hatte ich vor einem billigen Handyspiel. Und dann das: Das Spiel wurde in zwei Stunden finanziert (doppelt so schnell wie Bloodstained) und erreichte nach nur 24 Stunden anderthalb Millionen US-Dollar. Es ist unglaublich. Alles am Spiel sieht und fühlt sich wie Suikoden an, ohne Suikoden zu sein. Ich habe das Spiel sofort gebackt und freue mich, Eiyuden Chronicle in ein paar Jahren spielen zu können. Auch mit der Angst, dass das Spiel meine Erwartungen nicht erfüllen könnte.

Eiyuden Chronicle
2022 beginnt diese neue Reise.

Und doch bleibt, 20 Jahre nach meiner ersten Suikoden-Erfahrung, die Hoffnung auf mehr Suikoden. Denn auch wenn Konami schweigt, schauen sie zu. Nach dem Erfolg von Bloodstained folgten eine Castlevania-Netflixserie sowie die Castlevania Anniversary Collection. Schafft es Konami vielleicht, auch Suikoden wieder zurück ins Rampenlicht zu bringen? Ich wünsche es mir – übrigens genauso wie Yoshitaka Murayama, der intern öfter betont hat, dass auch er sich ein wiederbelebtes Suikoden wünscht. Damit würden zehn Jahre Fankampf erfolgreich enden. Doch die Zukunft heißt erst einmal Eiyuden Chronicle und ich bin froh, dass es überhaupt eine Zukunft gibt.

von Matze

Kickstarter-Kampagne zu Sui… Eiyuden Chronicle läuft

Die Kickstarter-Kampagne zu Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes könnt ihr nach wie vor unterstützen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels steht sie bei über 2,1 Millionen Euro. Durch Stretch-Goals werden derzeit Stück für Stück weitere Charaktere und Nebenbeschäftigungen für das ambitionierte JRPG enthüllt beziehungsweise finanziert.

Die Veröffentlichung von Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes ist für den Herbst 2022 geplant. Als Plattformen zugesichert sind PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series X und PCs. Eine Veröffentlichung für Nintendo-Hardware wird außerdem angestrebt. Zudem wird es deutsche Bildschirmtexte geben.

Bildmaterial: Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes, Rabbit & Bear Studios

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