#Was Familienväter glücklich macht
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„Was Familienväter glücklich macht“
Moderne Familienpolitik zielt vor allem darauf, Frauen bessere Karrierechancen zu ermöglichen und Männer zu ermutigen, sich mehr in Haushalt und Kinderbetreuung einzubringen. Gleichberechtigung in Beruf und Familie lautet das erklärte Ziel. Aber macht eine solche Rollenverteilung Frauen und Männer auch zufriedener? Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis: Nein. Zumindest solange Betreuungsangebote für Kinder und gesellschaftliche Normen sich nicht stärker verändern, sind Männer und insbesondere Väter am zufriedensten, wenn sie viel arbeiten. Die Zufriedenheit von Frauen hängt dagegen kaum von ihren Arbeitszeiten ab.
Johannes Pennekamp
Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.
Das ist das Resultat einer länderübergreifenden Analyse des Marburger Soziologen Martin Schröder, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Social Indicators Research“ veröffentlicht wurde. Ausgangspunkt der Untersuchung war die Frage, welche von zwei konkurrierenden Theorien richtig ist: die sogenannte Rollenkonflikttheorie, laut der Menschen dann am zufriedensten sind, wenn sie sich auf eine Haupttätigkeit konzentrieren können, also beispielsweise Beruf oder Kinderbetreuung. Oder die gegensätzliche Theorie, die annimmt, dass niemand gerne auf eine Rolle beschränkt ist. Aus ihr lässt sich ableiten, dass sowohl Frauen als auch Männer am liebsten beide weniger als Vollzeit arbeiten. So relevant diese Frage für Familien und die Politik erscheint, so wenige länderübergreifende Auswertungen gibt es dazu, heißt es in der Studie.
Das Ergebnis des Soziologen, das sich auf mehr als 740.000 Befragungsdaten von Erwachsenen aus sieben Ländern stützt, ist eindeutig: In Westdeutschland, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Australien, Südkorea und der Schweiz sind Männer, die mehr als 40 Stunden die Woche in ihrem Beruf arbeiten, am zufriedensten. Für Väter ist der Effekt noch größer – sie erreichen in Deutschland die höchsten Zufriedenheitswerte aller untersuchten Gruppen überhaupt. Die Lebenszufriedenheit von Frauen hängt dagegen sehr viel weniger mit ihrer wöchentlichen Erwerbsarbeit zusammen. In Westdeutschland steigt die Zufriedenheit der kinderlosen Frauen der Studie zufolge mit den Arbeitsstunden zwar an; die Kurve beginnt bei etwas mehr als 40 Wochenstunden aber anders als bei den Männern wieder zu sinken. Die Zufriedenheit der befragten Mütter war in Deutschland höher als die der kinderlosen Frauen. Sie bleibt nahezu konstant, unabhängig von der Arbeitszeit.
Die klassische Rollenverteilung ist nicht unbeliebt
Hinzu kommt: Frauen sind zufriedener, wenn ihre Männer lange arbeiten. Die Zufriedenheit der Männer hängt dagegen kaum von den Arbeitszeiten ihrer Frauen ab. Die traditionelle Rollenverteilung habe also empirisch gesehen Vorteile: „Die Resultate zeigen, dass dieses Muster die Lebenszufriedenheit maximiert“, schreibt Schröder, der kürzlich ein Buch darüber geschrieben hat, was die Deutschen zufrieden macht. In seiner Studie kommt er zwar zu dem Schluss, dass in Ländern mit traditionelleren Rollenbildern die Unterschiede zwischen den Geschlechtern größer sind als zum Beispiel in Ostdeutschland, wo Frauen schon immer mehr gearbeitet haben. Seine Simulation zeige aber, dass die Differenzen auch in dem theoretischen Fall bestehen blieben, dass in einem Land die Vorstellung völliger Gleichberechtigung herrsche. Das alles sieht Schröder als Bestätigung für die Rollenkonflikttheorie.
Miriam Beblo, Volkswirtschaftsprofessorin der Universität Hamburg, die unter anderem zu den Themen Familie und Arbeit forscht, hält die Ergebnisse nicht für überraschend. So hätten beispielsweise schon frühere Studien gezeigt, dass in Westdeutschland Frauen mit Kindern am zufriedensten sind, wenn sie in Teilzeit arbeiten. Das könne unter anderem damit zusammenhängen, dass sie häufiger in einer traditionellen Ehe leben als ostdeutsche Frauen und sich entsprechend den klassischen Normen verhalten. Denn aus der Forschung sei bekannt, dass viele Menschen auch schon dann glücklicher sind, wenn sie die an sie gestellten gesellschaftlichen Erwartungen erfüllen – sich also zum Beispiel gut um die Kinder kümmern.
Der Soziologe Prof. Dr. Martin Schröder erforscht immer wieder die Themengebiete der sozialen Ungerechtigkeit und der Zufriedenheit des Menschen.
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Bild: dpa
Allerdings stelle sich die Frage nach Henne und Ei, die viele Studien nicht beantworten können: Entstehen diese Normen, weil Mütter am liebsten weniger arbeiten? Oder arbeiten die Frauen weniger, weil es eben diese Erwartungen an sie gibt? „Normen und individuelle Einstellungen verändern sich wechselseitig, sie sind außerdem von vielen weiteren Faktoren abhängig“, sagt die Forscherin. Deshalb sei es schwierig, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten.
Braucht es einfach mehr Betreuungsangebote?
Was folgt familienpolitisch aus den Ergebnissen? Soziologe Schröder betont, dass es wichtig sei, Frauen und Männern zu ermöglichen, sich das Leben zwischen Arbeit und Familie so aufzuteilen, wie sie es für richtig halten. „Aber zu probieren, gerade Väter zu weniger Arbeit anzuregen, und Mütter dagegen zu probieren, stark in den Arbeitsmarkt zu drängen, scheint eher die Zufriedenheit zu senken als zu erhöhen, und das nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern, für die ich Daten habe“, sagte Schröder der F.A.Z. In seiner Studie konnte er nicht untersuchen, welche Rolle es spielt, dass noch immer Frauen die Hauptlast der Hausarbeit tragen und Betreuungsangebote für Kinder oft schon mittags enden. Andere Studien zeigen, dass die Zufriedenheit von berufstätigen Müttern zunimmt, wenn der Arbeitgeber mehr für die Kinderbetreuung tut. Ob in einer Welt, in der es umfassende Betreuungsangebote und gleich verteilte Hausarbeit gibt, beide Geschlechter mit weniger Erwerbsarbeit glücklicher wären, könne er nicht sagen, so Schröder. „In der empirisch zu untersuchenden Welt ist das jedenfalls nicht der Fall.“
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