Nachrichten

#Was für ein irrer Trip

„Was für ein irrer Trip“

Manche Dinge gehen so lange gut, bis sie nicht mehr gutgehen – wie die Drogenpartys, die der Frankfurter Psychodoktor Adrian Goser (Martin Wuttke) als Therapiesitzung verkauft: Sechs seiner Patienten verlieren bei einer rauschhaften Sitzung erst den Verstand und wenige Minuten später das Leben. Sie stimmten zwar zu, dass Goser ihnen zu sonorem Geschwafel einen Cocktail aus Champagner und irgendwelchen Tropfen anrührte. Der Abend auf seinem Anwesen – ein Schlösschen mit hohen Bäumen und eisernem Tor – war nicht ihr erster Versuch, per „Psycholyse“ eine „Reise zum Ursprung“ zu machen. Aber diesmal gerieten die Dinge stärker außer Kontrolle als sonst (wildes Rotlicht), die Teilnehmer zuckten, jaulten und verdrehten die Augen (noch mehr Geflacker), dann hatten die Kollegen von der Tatort-Reinigung zu tun.

Adrian Goser, einziger Überlebender des Abends, ist in Untersuchungshaft. Martin Wuttke, von 2008 bis 2015 auch das Gesicht des MDR-Kommissars Andreas Keppler, mimt ihn als sinistren Denker am Rande des Wahnsinns. Damit man ihm alles zutraut, muss er ein unschuldiges Vögelchen im Arm streicheln. Er sieht aus wie weiland Burt Lancasters „Birdman of Alcatraz“ und sagt pseudoschlaue Monologe auf: „Man sagt ja Vögel wären frei. Aber was für eine Art von Freiheit soll das sein? Ihr Bewusstsein ist viel zu klein. Die haben gar keine Kapazität für Freiheit.“

Rolle von Drogen im Urchristentum

Die Kommissare Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich), die sich nach Abschluss ihres 16. Falls endlich duzen werden, reagieren auf Gosers Sprüche so unterschiedlich, wie es das Genre vorschreibt. Janneke, einst Polizeipsychologin, hat „nicht alles, aber einiges“ von Goser gelesen. Sie war durchaus fasziniert: „Der schreibt gar nicht schlecht.“ Brix hält ihn für einen Spinner, und er ist vollkommen raus, als Janneke von den Thesen eines amerikanischen Professors zur Rolle von Drogen im Urchristentum raunt.

Sie beschließen, was bei einem Verdächtigen wie diesem nur schiefgehen kann: eine gemeinsame Tatortbegehung mit Handschellen-Abnahme. Und es treten auf: eine Diplomatentochter, die ein Kindheitstrauma als Performance-Künstlerin zu verarbeiten sucht (Aenne Schwarz), ein Ex-Soldat (Frederik von Lüttichau), der vor seiner Begegnung mit Guru Goser „nur noch töten“ wollte, ein hoch­begabtes Komponistengespenst (Pit Bukowski) und ein „rauchendes Baby mit Sprachfehler“. Das aber nur auf Anrufbeantworter spricht.

Experimentiert gern: Martin Wuttke als Dr. Adrian Goser


Experimentiert gern: Martin Wuttke als Dr. Adrian Goser
:


Bild: HR

Ein großes Tohuwabu setzt ein, zersetzt mit Schüssen und garniert mit Zeilen von Rainer Maria Rilke („Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe, und hinter tausend Stäben keine Welt“) und Deutungen von Arnold Schwarzenegger: „Schwarzeneggers Biographie umfasst von den mystischen Anfängen mit Conan bis hin zur metareferenziellen Erfüllung des Selbst in ,Last Action Hero‘ die komplette menschliche Erfahrung. Für mich ist die Wahl eines Schwarzenegger-Lieblingsfilms wie ein Sternzeichen.“

Man ahnt, in welche Richtung das Spektakel gedacht war: Regie führte Nikias Chryssos, der mit Michael Comtesse das Drehbuch schrieb. Von Chryssos stammt die hochgelobte Groteske „Der Bunker“ (2015), die Rezensenten wie ein gemeinsamer Film von David Lynch und Helge Schneider erschien. 2021 legte er ein absurdes Sektendrama nach, das dem Münchner Filmfest gefiel. Ein abgeschiedener Ort, ein Guru mit Gefolgschaft – man erkennt Motive aus beiden Filmen im „Tatort“ wieder.

Aber die Wirkung ist nicht dieselbe, weil „Leben Tod Ekstase“ (in trashigen Riesenbuchstaben) dafür nicht streng genug komponiert ist. Schon die mit Lichtschalter-Effekten und reichlich Zeitlupe geschaffene Drogentrip-Atmo am Anfang wirkt lächerlich. In der zweiten Hälfte wird dieser karnevaleske, ausgerechnet in einer ehe­maligen Suchtklinik gedrehte „Tatort“ endgültig zur Freak-Show.

Wer sehen will, weshalb „Leben Tod Ekstase“ trotzdem durch den Penis eines Blauwals in die Geschichte eingehen wird, kann kurz vor Ende einschalten.

Der Tatort: Leben Tod Ekstase läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.


Trailer
:

Tatort: leben Tod Ekstase


Video: ARD, Bild: HR

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!