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#Was im Kampf gegen Delta entscheidend wird

Was im Kampf gegen Delta entscheidend wird

Die Delta-Welle hält die Regierungen weltweit zunehmend in Atem, doch das Ausbreitungsmuster der ursprünglich in Indien entdeckten Sars-CoV-2-Variante ist keineswegs überall gleich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete bei zuletzt wieder deutlich ansteigenden Fallzahlen und bei inzwischen fast 4,4 Millionen Covid-19-Opfern ein abermaliges Aufflammen des Infektionsgeschehens. Mehr als 90 Prozent der Proben, so die WHO, die in den vergangenen vier Wochen gensequenziert wurden, gehörten zur Delta-Variante. Allerdings liefern noch immer nicht alle Staaten genügend Daten, um die globale dritte Pandemiewelle zweifelsfrei der hochinfektiösen Delta-Variante zuschreiben zu können.

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

Zumindest die Statistiken legen das nahe: Demnach wird der allergrößte Teil der Zuwächse an Infektionen, Erkrankungen und Toten aus Nordamerika mit einem Delta-Anteil von mehr als 90 Prozent gemeldet, insbesondere aus den Vereinigten Staaten, wo vor allem die mit extrem niedrigen Impfquoten und lockeren Corona-Regeln aufwartenden Staaten im Süden – von Florida bis Louisiana und Texas – die höchsten Zunahmen nach der Herbst-Welle im vergangenen Jahr erleben. Auch in Asien, Afrika und Australien – wenn auch mit niedrigeren Inzidenzen als in den Vereinigten Staaten – sowie in Teilen Europas lässt sich aufgrund der Genomanalysen sagen: Delta nutzt sein bedrohlich infektiöses Potential aus, das in den Monaten nach der Indien-Welle in Laborstudien und epidemiologischen Untersuchungen erkennbar geworden ist.

Die Warnung klingt seither immer ähnlich: Weil Delta aufgrund seiner Mutationen mindestens doppelt so infektiös ist wie das Ursprungsvirus, sich in den Schleimhäuten der oberen Atemwege schneller vermehrt und dazu möglicherweise länger ansteckend bleibt, haben vollständige Impfungen höchste Priorität.

Funktionieren die Impfstoffe nicht mehr?

Doch die Fragezeichen mehren sich – und das liegt an den jüngsten Entwicklungen bei Inzidenzen und Erkrankungszahlen. Ausgerechnet die Lage in Indien, das während der schlimmsten Delta-Welle im Frühjahr mehr als 400.000 Infektionen täglich registrierte, ist seit Wochen stabil. Noch immer sind lediglich sechs Prozent des Milliarden-Volks vollständig geimpft. Wie allerdings eine Antikörper-Stichprobe der Regierung im Juni und Juli nahelegte, könnten inzwischen zwei Drittel der Bevölkerung Kontakt gehabt und einen zumindest vorübergehenden Immunschutz haben. Im Februar waren erst bei einem Fünftel der Inder Antikörper nachgewiesen worden. Damit könnte die epidemische Ruhe, die der Subkontinent aktuell mit derzeit nur noch einem Zehntel der Neuinfektionen erlebt, zumindest theoretisch erklärt werden.

Tatsächlich wollen einige Experten so auch den Ende Juli beobachteten steilen Abfall der heftigen Delta-Welle in Teilen Großbritanniens – trotz der Lockerungen zum Sommer hin – erklären. Gebietsweise wurden auf der Insel schon bis zu 90 Prozent Antikörper-Immunität festgestellt. Herdenimmunität also schon? Die meisten Experten sind da skeptisch, weil die Immunität ebenso wie die Verbreitung des Virus auf der Insel sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Dasselbe gilt für Indien: In vielen dichtbesiedelten Metropolen breitet sich Delta offensichtlich immer noch aus.

Nicht unerwartet kommen die Delta-Anstiege in einigen asiatischen Ländern, in denen Sars-CoV-2 lange gut im Griff gehalten werden konnte – auch in Australien. Dort lahmte lange der Impffortschritt, der Anteil an Ungeimpften ist hoch, insbesondere bei den mittleren und jungen Jahrgängen. Was aber, so wunderten sich die Fachleute erstmals Mitte Juli, geschieht dann im Impf-Musterland Israel mit einer Durchimpfungsquote von mehr als zwei Dritteln – und was auch auf Island und Malta, wo die Impfquote bei gut 90 Prozent liegt –, wo nun sogar viele Geimpfte erkranken? Funktionieren die Impfstoffe nicht mehr?

Bei Älteren kann die Immunität nach wenigen Monaten schwinden

Der Schutz vor schweren Erkrankungen und Tod mit den zugelassenen Vakzinen, daran gibt es bisher wenig Zweifel, ist auch mit Delta nach wie vor extrem hoch. Allerdings sind die Impfstoffe nicht perfekt, wenn es um Ansteckungen geht. Jüngere Ungeimpfte, auch Kinder, erkranken häufiger, das zeigen jüngste Daten auch aus den Vereinigten Staaten. Vor allem aber trifft es in Israel viele der vollständig Geimpften. Zwei Drittel der zuletzt an die 400 israelischen Klinik-Patienten in kritischem Zustand waren geimpft, ein Drittel war ungeimpft. Für Immunologen ist das keineswegs unerwartet. Israel hatte bis Ende Januar schon fast zwei Millionen Risikopersonen geimpft, vor allem Alte und Hochaltrige über 65 Jahre. Bei diesen und insbesondere bei den über Achtzigjährigen allerdings, das ist inzwischen klar auch aus Daten deutscher Wissenschaftler, kann die Immunität nach wenigen Monaten deutlich schwinden. Die Antikörper im Blut werden abgebaut, von den hilfreichen T-Immunzellen gibt es altersbedingt auch weniger.

Gestützt wird die Immunitätsverlust-These durch neue, allerdings noch vorläufige Daten aus den Booster-Impfungen bei Risikopersonen in Israel: Unter den mehr als 600.000 Bürgern, die seit Ende Juli eine dritte Impfdosis erhalten haben, ist die an Fallzahlen gemessene Delta-Welle offenbar gebrochen – anders als beim Rest der Bevölkerung. Tatsächlich ist der Anteil von Schwerkranken bei den unter Sechzig- und über Sechzigjährigen wie aus den Impfstudien erwartet: Eine deutliche Minderheit der Geimpften erkrankt.

Die Wirksamkeit gegen Delta von annähernd 90 Prozent bei den Impfstoffen wird in den jüngeren Altersgruppen dem israelischen Coronaspezialisten Dvir Aran zufolge also erreicht. Aber zumindest auch bei einem Teil von ihnen ist der Impfschutz schon teilweise so weit verringert, dass vor allem das Risiko von Ansteckungen etwas erhöht ist. Die mit den ersten Delta-Analysen aufkommenden Gerüchte aber, dass Geimpfte auch andere anstecken, ließen sich in den bisherigen Studien noch nicht klären.

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