Wissenschaft

#Was sich alles aus Baumrinde herstellen lässt

Baumrinde gilt in der Holzindustrie als Abfallprodukt, das meist entweder zur Energieerzeugung verbrannt oder als Mulch im Beet ausgelegt wird. Dabei ließen sich mit der Borke auch zahlreiche nachhaltige Produkte wie Möbelplatten oder sogar Schuhsohlen und Handtaschen herstellen. Eine Industriedesignerin hat das tatsächliche Potenzial der Baumrinde nun experimentell herausgekitzelt.

Die Rinde eines Baumes macht zehn bis 20 Prozent von dessen Gesamtvolumen aus. Hochgerechnet auf das hierzulande geschlagene Holz fallen so jedes Jahr rund vier Millionen Kubikmeter Borke an. Doch diese enorme Menge ist für die moderne Holzindustrie nicht viel mehr als Abfall. 44 Prozent der abgeschälten Baumrinde werden zur Energie- und Wärmegewinnung einfach verbrannt beziehungsweise landen als Mulch im Gartencenter. Nur etwa 19 Prozent der Holzabfälle bekommen ein zweites Leben als Zusatzstoff für Spanplatten eingehaucht.

Ein Comeback für die Rinde

„Ursache dafür, dass solche Biomaterialien in der Bauwirtschaft und im Design kaum eine Rolle spielen, ist, dass wenig Wissen über ihre Struktur und die daraus resultierenden Eigenschaften vorhanden ist und somit auch nicht über ihre Verarbeitung und Anwendungen“, sagt Industriedesignerin und Forscherin Charlett Wenig. Doch das war nicht immer so. So bauten die indigenen Völker Nordamerikas und des Amazonas zum Beispiel einst ihre Kanus aus Rinde. Und noch im 19. Jahrhundert bestanden die Hütten von Holzfällern in einigen Teilen Österreichs aus Borke.

Um der Baumrinde ein Comeback als nützliches Material zu ermöglichen, hat Wenig nun ausführlich zu deren Eigenschaften und möglichen Einsatzgebieten geforscht. Zu ihren Versuchsobjekten zählten die Borke der brandenburgischen Waldkiefer, der Stieleiche, der Europäischen Lärche und der Europäischen Weißbirke.

Von der Tischplatte bis zur Schuhsohle

In ihren Tests fand die Forscherin zum Beispiel heraus, dass sich Rinden mit geringem Energieaufwand miteinander verpressen lassen – und das ganz ohne chemische Leime, sondern allein mithilfe der natürlichen Klebeeigenschaften der Borke. „Durch das Verpressen entstanden Platten, die im Möbelbau als Regal- und Tischplatten zum Einsatz kommen könnten, da sie sich sägen, fräsen und bohren lassen. Zudem weisen sie eine Oberflächenqualität auf, die mit geschliffenen Oberflächen von Massivholz vergleichbar sind“, erklärt Wenig.

In weiteren Experimenten entdeckte die Industriedesignerin noch deutlich unkonventionellere Einsatzbereiche für die abgeschälten Rinden. Als Wenig etwa die Borke der brandenburgischen Kiefer mit einer Glyzerin-Wasser-Lösung behandelte, ließ diese sich so weit flexibilisieren, dass sie sich als elastische Sohle für Highheels, Sandalen und knöchelhohe Schuhe eignete. Es gelang Wenig sogar, die flexible Rinde zu Jacken und Röcken zu verweben.

„Aufgrund meiner Forschungsergebnisse sehe ich das Potenzial von Rinde aber nicht in der Produktion von Bekleidung, sondern eher für Accessoires wie Taschen, Schuhe und Schmuck oder im Bereich des Designs für Interieur, als Verpackungsmaterial und temporäre, leichte Architektur“, so die Forscherin. Es könnte also gut sein, dass uns in Möbelhaus und Schuhgeschäft bald neue Kreationen aus Rinde erwarten.

Quelle: Technische Universität Berlin

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