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#Belgien lässt zwei Akw zehn Jahre länger am Netz

„Belgien lässt zwei Akw zehn Jahre länger am Netz“

Alexander De Croo war sichtlich erleichtert, als er am Freitagmorgen mit einer wichtigen Mitteilung vor die Presse trat. Man habe sich mit dem Betreiber der belgischen Atomkraftwerke im Grundsatz darauf verständigt, die Laufzeit von zwei Reaktoren um zehn Jahre zu verlängern, mithin bis zum Jahr 2036. „Das ist ein entscheidender Schritt, um die Energieunabhängigkeit unseres Landes zu sichern“, sagte der belgische Premierminister. „Zum ersten Mal nehmen wir unser Schicksal in Bezug auf Energie selbst in die Hand, und das auf intelligente Weise“. Neben ihm saß, mit deutlich ernsterer Miene, Energieministerin Tinne Van der Straeten. Die flämische Grüne hat in den vergangenen vier Monaten die schwierigen Verhandlungen mit dem Betreiber Engie Electrabel geführt – als Vertreterin einer Partei, die sich ganz dem Atomausstieg im Jahr 2025 verschrieben hatte.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Doch gestand auch Van der Straeten unumwunden ein, dass sich die Rahmenbedingungen fundamental verändert hätten. Die Entscheidung sei „im Kontext eines Krieges auf europäischem Boden gefallen“. Die Energieversorgung sei damit eine Frage der nationalen Sicherheit geworden, deshalb bringe die Entscheidung Sicherheit für die Unternehmen und Bürger. „Ja, das wird einen Preis haben“, sagte sie, „aber der Nutzen wird den Preis übersteigen“. Belgien setzt damit ein Zeichen, das sich auch auf die Debatte über eine Laufzeitverlängerung in Deutschland auswirken könnte. Es ist nach den Niederlanden schon das zweite Nachbarland, das seine Pläne zum Atomausstieg revidiert. In den Niederlanden sollen sogar zwei neue Atomkraftwerke gebaut werden.

Ursprünglich wollte Belgien 2025 aussteigen

Die in Brüssel regierende Sieben-Parteien-Koalition hatte im Herbst 2020 nach langen und komplizierten Verhandlungen das Ziel bekräftigt, bis 2025 aus der Kernenergie auszusteigen. Allerdings sah der Kompromiss einen Bericht zur Versorgungssicherheit und zur Preisentwicklung vor. Den wiederum nutzten die wallonischen Liberalen im vorigen November, um eine Fortsetzung der Koalition mit einer Laufzeitverlängerung zu verknüpfen. Im März, drei Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, verständigte sich die Koalition dann tatsächlich darauf, dass die Reaktoren Doel-4 nahe Antwerpen und Tihange-3 bei Lüttich zehn Jahre länger am Netz bleiben. Diese beiden jüngsten Reaktoren wurden 1985 in Betrieb genommen und haben eine Gesamtleistung von zwei Gigawatt.




Damit begann aber erst der schwierigste Teil, die Verhandlungen mit dem französischen Energiekonzern Engie. Der hatte zunächst überhaupt kein Interesse an einer Verlängerung und wollte sich stattdessen auf den Ausbau erneuerbarer Energien konzentrieren. Das Unternehmen verwies darauf, dass eine Entscheidung zur Verlängerung früher hätte gefällt werden müssen. Natürlich ging es dabei auch darum, den Preis hochzutreiben. Das betraf nicht nur die notwendigen Investitionen von mindestens einer Milliarde Euro in die Sicherheit der beiden Reaktoren. Es ging auch um eine Teilung des Betriebsrisikos und um die Kosten des Rückbaus und für die Entsorgung des Atommülls. Sie werden von der Regierung auf 41 Milliarden Euro geschätzt. Engie konnte aus einer Position der Stärke heraus verhandeln und stellte immer neue Bedingungen.

Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, aber nun sind die wichtigsten Elemente klar. Die beiden Reaktoren sollen im November 2026, nach einer einjährigen Modernisierung, wieder hochgefahren werden. Für den Betrieb gründen Engie und der belgische Staat eine gemeinsame Gesellschaft. De Croo stellte am Freitag klar, dass es sich dabei um eine Kapitalbeteiligung zu fünfzig Prozent handle, mit der sich der Staat strategische Mitsprache sichere. Man werde sich aber nicht in die operative Unternehmensführung einmischen. Die Kosten des Rückbaus werden von Engie getragen. Die Kosten der Atommüllentsorgung sollen auf Grundlage eines neuen Gutachtens ermittelt werden. Die Verhandlungen werden sich dann um eine „Obergrenze“ für Engie drehen; der Staat übernimmt das Risiko für darüber hinausgehende Zahlungen. Man nähere sich damit dem deutschen Modell an, sagte De Croo. Bis Jahresende soll eine schriftliche Vereinbarung stehen.

Der Vorsitzende der wallonischen Liberalen, der die Atomwende im vorigen Jahr betrieben hatte, forderte am Freitag die Verlängerung weiterer Reaktoren. „Andernfalls riskiert unser Land den Blackout und dramatische Preise“, schrieb Georges-Louis Bouchez auf Twitter. In Belgien sind noch fünf weitere Blöcke in Betrieb, die gemäß eines Stufenplans bis 2025 stillgelegt werden sollen, nach dann jeweils vierzig Jahren Laufzeit. Als nächstes gehen Ende September Doel-3 und Anfang Februar nächsten Jahres Tihange-2 vom Netz. Vorige Woche hatte schon die flämische Energieministerin gefordert, dies um jeweils zwei Monate zu verschieben, um besser über den Winter zu kommen. Allerdings wies Engie das umgehend zurück. Es dauere fünf Jahre, um eine Verlängerung vorzubereiten, sagte eine Sprecherin. Die Brennstäbe müssten komplett erneuert, die Sicherheit müsse aufwendig überprüft werden.

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