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#Wechseljahre: Mehr Östrogenrezeptoren im Gehirn

Bei Frauen in den Wechseljahren nimmt der Spiegel des Hormons Östrogen ab. Neben körperlichen Symptomen haben viele Frauen in dieser Phase auch psychische und kognitive Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, Gedächtnisstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten. Eine Studie hat nun sichtbar gemacht, wie die Menopause das Gehirn verändert. Hirnscans zeigen, dass die Anzahl der Östrogenrezeptoren in zahlreichen Hirnregionen zunimmt und auch nach den Wechseljahren hoch bleibt. Eine hohe Dichte an Rezeptoren ist dabei mit typischen Beschwerden der Wechseljahre assoziiert. Diese Erkenntnis könnte dabei helfen, die Ursachen der Probleme besser zu verstehen und gezielter zu behandeln.

Hormone aus der Klasse der Östrogene erfüllen im Körper zahlreiche Funktionen: Zum einen steuern sie den weiblichen Menstruationszyklus und sind damit entscheidend für die Fortpflanzung. Zum anderen wirken sie sich auch unabhängig von der Fortpflanzung auf Stoffwechselprozesse aus. Insbesondere die biologisch aktivste Form, Östradiol, kann zudem über Rezeptoren im Gehirn unsere Stimmung und kognitive Leistungsfähigkeit beeinflussen. Wenn der Östrogenspiegel während der Wechseljahre sinkt, erleben viele Frauen nicht nur körperliche, sondern auch psychische und kognitive Symptome. Was genau dabei im Gehirn vor sich geht, ließ sich allerdings bisher kaum nachverfolgen.

Weniger Östrogen – mehr Rezeptoren

Ein Team um Lisa Mosconi von der Weill Cornell Medicine in New York hat nun eine Technik entwickelt, mit der sich die Östrogenrezeptoren im Gehirn zu untersuchen lassen. In einer Proof-of-Concept-Studie scannten die Forschenden die Gehirne von jeweils 18 gesunden Frauen vor, während und nach der Menopause mit Hilfe der sogenannten Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Um die Östrogenrezeptoren im Gehirn sichtbar zu machen, spritzte das Team den Probandinnen einen sogenannten Tracer, der an die Rezeptoren bindet und im Hirnscan aufleuchtet. Zusätzlich absolvierten die Probandinnen kognitive Tests und füllten Fragebögen zu möglichen Wechseljahrssymptomen aus.

„Mit dieser Methode konnten wir zum ersten Mal die Aktivität der Östrogenrezeptoren im Gehirn messen und potenzielle Prädiktoren für einige häufige Symptome der Wechseljahre identifizieren“, sagt Mosconi. So stellten die Forschenden fest, dass die Dichte der Östrogenrezeptoren mit dem Fortschreiten der Wechseljahre zunimmt und auch ein Jahrzehnt nach Ende der Wechseljahre noch hoch ist. „Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen kompensatorischen Mechanismus, ausgelöst durch den sinkenden Östrogenspiegel“, erklärt das Team. Die zusätzlichen Rezeptoren bilden sich demnach, um das noch verbleibende Östradiol möglichst optimal auszunutzen.

Zusammenhang mit kognitiven Symptomen

Der Unterschied in der Rezeptorzahl zwischen Frauen vor und nach der Menopause war so deutlich, dass sich allein mit Blick auf die Östrogenrezeptoren in vier Schlüsselregionen des Gehirns – der Hypophyse, dem Nucleus caudatus, dem posterioren cingulären Kortex und dem mittleren frontalen Kortex – mit 100-prozentiger Genauigkeit voraussagen ließ, ob der entsprechende Hirnscan von einer Frau vor oder nach den Wechseljahren stammte. „Die Effekte waren unabhängig vom Alter, dem Östradiol-Spiegel im Blutplasma oder dem Transportprotein für Sexualhormone“, berichtet das Team. Bei Frauen während der Menopause lag die Rezeptordichte auf einem mittleren Niveau, das mit zunehmender Dauer der Wechseljahre anstieg.

Der Abgleich der Hirnscans mit den Ergebnissen der kognitiven Tests sowie den selbstberichteten Beschwerden enthüllte deutliche Assoziationen: „Eine höhere Östrogenrezeptor-Dichte in den Zielregionen war bei Frauen während und nach den Wechseljahren mit einer schlechteren Gedächtnisleistung verbunden und sagte das Vorhandensein von selbstberichteten Stimmungsschwankungen und kognitiven Symptomen nach der Menopause voraus“, berichten die Forschenden. Besonders aussagekräftig war dabei die Rezeptordichte in kognitiven Hirnregionen wie dem Hippocampus und dem frontalen Kortex sowie in Regionen wie dem Thalamus, die mit der Stimmung in Verbindung gebracht werden.

Neue Forschungsansätze

Aus Sicht der Forschenden kann die von ihnen eingesetzte Bildgebungstechnik dabei helfen, die neurophysiologischen Ursachen für Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen und Co. besser zu verstehen. Auch mit Blick auf sogenannte Hormonersatztherapien, die dazu beitragen können, Wechseljahrsbeschwerden zu lindern, könnten entsprechende Hirnscans neue Erkenntnisse liefern. „Wir hoffen zum Beispiel herauszufinden, ob sich die Dichte an Östrogenrezeptoren unter einer Östrogentherapie verändert und ob dies zu weniger Symptomen und besseren Leistungen bei kognitiven Tests führt“, erklärt Mosconi. Die Erkenntnis, dass die hohe Rezeptorzahl noch lange nach Ende der Wechseljahre zu beobachten ist, deutet den Forschenden zufolge überdies darauf hin, dass Hormonersatztherapien auch in höherem Alter noch sinnvoll sein könnten.

Quelle: Lisa Mosconi (Weill Cornell Medicine, New York) et al., Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-024-62820-7

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