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#Welche Notenbank ihren Kurs nun strafft

Welche Notenbank ihren Kurs nun strafft

Zentralbanken auf der ganzen Welt ringen angesichts der stark gestiegenen Inflation um ihren geldpolitischen Kurs. Einige haben die bislang sehr lockere Geldpolitik schon etwas gestrafft, andere warten noch ab. Gerade erst hatte Amerikas Notenbank Federal Reserve (Fed) einen schrittweisen Ausstieg aus ihren Anleihekäufen angekündigt – und löste damit am Donnerstag ein regelrechtes Kursfeuerwerk an den Börsen aus. Der Dax erreichte mit 16.050,60 Punkten zeitweise den höchsten Stand in seiner Geschichte.

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Unterdessen hat die britische Notenbank am Donnerstag entgegen den Markterwartungen keine Leitzinserhöhung beschlossen, sondern den Zins beim Rekordtief von 0,1 Prozent belassen. Auch darauf reagierten die Märkte deutlich: Der Pfund-Wechselkurs fiel zeitweise um bis zu 0,8 Prozent von 1,18 auf 1,17 Euro.

Die große Frage ist jetzt: Wie stark setzt die Fed-Entscheidung die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck, ihrerseits auch schneller als geplant zu einer Normalisierung zu kommen? EZB-Präsidentin Christine Lagarde war zuletzt – trotz der auch in der Eurozone bis auf 4,1 Prozent gestiegenen Inflationsrate – bemüht, Spekulationen am Markt über einen vorzeitigen Ausstieg aus den Anleihekäufen und eine erste Zinserhöhung schon im kommenden Jahr zu zerstreuen.

Es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass die Bedingungen für eine Anhebung im kommenden Jahr erfüllt seien, sagte sie in Lissabon. Im EZB-Rat gibt es auch Stimmen wie die von Bundesbankpräsident Jens Weidmann, die auf eine schnellere Straffung pochen. Weidmann hat – wohl auch, weil er nicht durchdringt – seinen Rückzug von der Bundesbankspitze angekündigt.

Druck auf die EZB wächst

Unter Druck setzen könnte Amerikas Vorpreschen die EZB nun in zweifacher Weise: argumentativ und technisch. Bankenverbände wie der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken und auch manche Stimmen aus der Politik fordern seit längerem ein Ende der Krisen-Anleihekäufe – das könnte sich verschärfen.

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Rein technisch könnte der Druck auf Europas Notenbank wachsen, wenn das transatlantische Zinsgefälle zunimmt und der Wechselkurs des Dollar gegenüber dem Euro immer stärker wird. Unmittelbar auf die Fed-Entscheidung hatte der Wechselkurs des Dollar gegenüber dem Euro zugelegt. Die Rendite der Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit war gefallen – ein Zeichen wohl auch, dass die Anleger für die Eurozone, anders als für Amerika, so schnell nicht mit höheren Zinsen rechnen.

„Die Fed hat angekündigt, dass sie ihre Anleihekäufe bis Ende Juni 2022 in acht gleichmäßigen Schritten einstellen möchte“, sagte Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Bankenhauses Berenberg. „Damit ist sie der EZB weit voraus, die ja bisher nur ihr Krisenprogramm etwas zurückgefahren hat.“ Selbst bei einem fahrplanmäßigen Ende des Krisenprogramms Ende März 2022 wolle die EZB ja ihr normales Ankaufprogramm weiterführen, bis die erste Zinserhöhung unmittelbar bevorstehe: „Auf eine Ankündigung der EZB, ihre Anleihekäufe gänzlich einzustellen, werden wir wohl bis zum Frühling oder Sommer 2023 warten müssen. Wir rechnen damit, dass die EZB im September 2023 ihre Anleihekäufe beendet und dann im Dezember 2023 erstmals die Leitzinsen erhöht.“

Während die geldpolitische Wende in manchen Ländern für die Sparzinsen in Deutschland wenig Auswirkungen haben dürfte, könnten die Bauzinsen in den nächsten Monaten von einer allgemeine Aufwärtsentwicklung der Zinsen bewegt werden, meint Mirjam Mohr, Vorstand beim Baufinanzierungsvermittler Interhyp: „Die Mehrheit der von uns befragten Experten erwarten dadurch einen weiteren Aufwärtstrend bei den Bauzinsen.“

Zurückhaltung nicht nur in Großbritannien

In Großbritannien glauben nun Analysten mit großer Mehrheit an eine erste Zinserhöhung im Dezember. Die Entscheidung in London fiel mit sieben gegen zwei Stimmen im geldpolitischen Komitee MPC der Bank of England. Auch Notenbankchef Andrew Bailey selbst hatte die Erwartungen eines Zinsschritts befeuert. Laut Mitteilung der Bank of England hat das Komitee „geurteilt, dass die aktuelle Ausrichtung der Geldpolitik angemessen“ sei, dass aber „über die kommenden Monate“ Zinsanstiege wahrscheinlich nötig werden. Gleichzeitig gab die Notenbank eine neue Inflationsprognose von bis zu 5 Prozent in den kommenden Monaten bekannt.

Die norwegische Zentralbank entschied am Donnerstag ebenfalls gegen eine Zinserhöhung. Sie kündigte aber an, dass ihr Leitzins im Dezember auf 0,25 steigt. In Zentral- und Osteuropa hat unterdessen die durch eine starke Konjunktur, steigende Löhne und hohe Preise für den Energieimport angeheizte Inflation manche geldpolitischen „Tauben“ gehörig erschreckt. Angesichts eines aktuellen Anstiegs der Verbraucherpreise um 7 Prozent tritt nun auch die polnische Notenbank nach langem Zögern auf die geldpolitische Bremse. Gleich um 0,75 Punkte auf 1,25 Prozent erhöhte sie am Mittwoch dem Leitzins, nachdem er erstmals im Oktober erhöht worden war.

Die Notenbanken Ungarns und der Tschechischen Republik treiben ihre Zinssätze seit dem Sommer Schritt für Schritt nach oben. Gründe sind das makroökonomische Umfeld sowie spendable Regierungen, die nicht nur Corona-Folgen, sondern auch Parlamentswahlen und ihr politisches Überleben im Blick haben. Die Prager Notenbank hob am Donnerstag den Leitzins um überraschend hohe 1,25 Punkte auf 2,75 Prozent an, in Budapest liegt er aktuell bei 1,8 Prozent. Auch Rumänien und länger schon die Ukraine sind auf den Zug aufgesprungen, die russische Notenbank macht ihrem Namen als geldpolitischer „Falke“ Ehre mit einem Leitzins von 7,5 Prozent bei einer Geldentwertung von knapp über 8 Prozent. Einen anderen Weg, den sinkender Leitzinsen bei steigender Inflation, geht die Türkei: Hier hat die Notenbank auf Geheiß des Präsidenten die Zinsen auf nun 16 Prozent gesenkt, und das bei steigender Inflation, die an der Marke von 20 Prozent kratzt.  

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