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#Wellness in der Baggerschaufel

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Wellness in der Baggerschaufel

In einer verlassenen, steinigen Gegend weit im Osten der Ukraine liegt eine Baggerschaufel herum. Ein Lastwagen nähert sich, ein Mann steigt aus, er nimmt einen Schlauch und zieht ihn so lange hinter sich her, bis er bei dem längst funktionslos gewordenen Maschinenteil angelangt ist. Nun erst wird deutlich, was er vorhat: Er lässt Wasser einlaufen, legt Holz unter, zündet es an, dann zieht er sich aus, und steigt in den inzwischen gefüllten, mächtigen Tieflöffel – so nennt man unter Fachleuten diesen Gegenstand, der hier zu einer Wanne unter grauem Himmel umfunktioniert wird. Der Mann heißt Serhiy, er hat beruflich mit dem Element zu tun, in dem er sich hier erquickt. Er fährt Wasser aus in einer Zone, die nach einem langen Krieg völlig vergiftet ist. Die Szene mit dem Bad wirkt tatsächlich ein wenig so, als könnte sie auch auf einem fremden Planeten spielen.

Es ist aber die Ukraine, und zwar in jenem Niemandsland, das ein Krieg mit Russland hinterlassen hat. Durch eine minimale Differenz weist Valentin Vasyanovich seinen Film „Atlantis“ als Fiktion einer alternativen Zukunft aus: Die Geschichte von Serhiy, so sagt es ein Insert zu Beginn, spielt im Jahr 2025, „ein Jahr nach dem Ende des Krieges“. Das würde bedeuten, dass die Auseinandersetzungen mit Russland um das Donbass in der Wirklichkeit von „Atlantis“ so eskaliert sind, dass sie im Jahr 2024 eine Wüste hinterlassen haben.

Vasyanovich erzählt „Atlantis“ in Form von Tableaus. Die Kamera steht meistens so, dass sie ein sorgfältig komponiertes Bild ergibt, in dem dann etwas geschieht. Die forensische Untersuchung einer der vielen Leichen in dieser Landschaft ist ein prominentes Beispiel für diesen frontalen und zugleich distanzierten Stil: zuerst steht nur ein Tisch in einem Raum, dann wird ein Body Bag hereingetragen, ein Mann setzt sich an einen Computer, zwei Ärzte beginnen, die Überreste des schon stark verwesten und mumifizierten Mannes zu verzeichnen.

Auszug eines nie erklärten Krieges

Jedes Detail wird diktiert, bis sie schließlich zu den Projektilen kommen, die der Tote im Mund hat. Hier ergibt die Untersuchung eine Hypothese: Es handelte sich wohl um einen Scharfschützen, der in Gefangenschaft geriet und unter Folter dazu gezwungen wurde, die Kugeln aus seiner Waffe zu fressen. Eine stellvertretende Begebenheit aus einem niemals offiziell erklärten Krieg, in dem die Grausamkeit auch damit zu tun hat, dass die Gegner einst gemeinsam in einem Staat lebten. In der Sowjetunion, die in der Industrieregion um die Metropolen Donezk und Luhansk eine ihrer identitätsstiftenden Zonen hatte.

Valentin Vasyanovich wurde gerade volljährig, als der real existierende Sozialismus zu kollabieren begann. Er stammt aus dem westukrainischen Zhytomir. 2017 machte er mit „Black Level“ auf sich aufmerksam, einer Verknüpfung verschiedener Geschichten aus dem modernen Kiew, auch da fiel schon auf, dass ihm an einer Ästhetik gelegen ist, die seinen Gestaltungswillen als Regisseur deutlich erkennen lässt. „Black Level“ hatte auch eine starke Pointe: Nachdem längere Zeit keinerlei Dialog zu hören ist, beginnt man sich zu fragen, ob dahinter eine Leitidee für den ganzen Film steckt, und tatsächlich hält Vasyanovich das so durch.

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