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#Wenn der Partner den Lebenstraum nicht unterstützt

Wenn der Partner den Lebenstraum nicht unterstützt

Musik lief eigentlich immer. Als wir uns im Club kennenlernten, als er mir seine Facebook-Fanpage schickte, als der erste Track nach mir benannt wurde. Mit einem Musiker zusammen zu sein, bedeutete für mich: Die Frau sein, die während seiner Auftritte bis in die frühen Morgenstunden am Seitenrand stand. Ich war „die Freundin von“, nie gehörte ich mir selbst. Ständig schrie ich gegen seine Musik-Anlage an, um meiner Stimme Gehör zu verschaffen. Es ging um sein Mixtape, seine erste Platte, seinen Traum. Aber was war mein Traum?

So ganz wagte ich es noch nicht, ihn auszusprechen. Meine Leidenschaft für das Schreiben erwachte schon im Kindesalter, war aber jahrelang eine heimliche Liebe geblieben. Ein bisschen schämte ich mich für dieses Gefühl, das mich währenddessen überkam: Freiheit. Aber das kleine Mädchen in mir, das jahrelang in der hintersten Reihe des Klassenzimmers gesessen und immerzu geschrieben hatte, es wollte nicht schweigen.

Ich sprach beiläufig von meinem gleich als töricht geltenden Wunsch, während er sich in der Küche ein Steak briet. „Journalismus, das wollen viele“, sagte er, ohne den Blick von der Pfanne zu heben. „Da bist du nicht der Typ für.“ Er erzählte von seiner Schwester, die in Amerika Journalistik studiert hatte, die viel Aufwand betrieben habe und doch gescheitert sei. „Du hast ja recht“, sagte ich lächelnd. „Aber was, wenn du anders bist als seine Schwester?“, schrie das kleine Mädchen in mir, dickköpfig und frech. Ich versuchte, seine Stimme zu ignorieren, einfach wegzuhören – so, wie er es getan hatte.

„Es ist nur ein Praktikum, beruhig dich mal“

Es muss schon Mittag gewesen sein, als ich neben ihm aufwachte und eine Nachricht in meinem Mail-Postfach fand: eine Bestätigung für ein Praktikum bei einer großen Tageszeitung. Ich hatte mich beworben, ohne ihm davon zu erzählen, und es hatte sich angefühlt, als würde ich ihn betrügen. Dass ich mir größte Mühe geben würde, verkündete ich dennoch voller Tatendrang, obwohl ich noch mit Schlafsand in den Augen im Bett lag. „Es ist nur ein Praktikum, beruhig dich mal“, erwiderte er. „Nach den zwei Monaten dort wirst du diese Menschen nie wieder sehen.“ Er verstand nicht. Dass ich, bevor ich überhaupt an ein Praktikum gedacht hatte, schon vorhatte, freie Autorin für jene Tageszeitung zu werden, verriet ich ihm nicht. Heimlich fing ich an zu träumen. Ohne ihn.

Je mehr er auf meinem Traum und mir herumtrampelte, desto stärker wurde mein Wunsch. In einer Papeterie kaufte ich ein Büchlein mit weißen Blanko-Seiten, dazu einen nagelneuen schwarzen Kugelschreiber mit Tintenpatrone: Utensilien für meinen ersten Comic. Darin geht es um eine junge Zauberschülerin mit einem Stift als Zauberstab, um ein Mädchen, das Menschen berühren kann, ohne ihnen physisch nahezukommen, das Worte zum Leben erwecken kann und das auf einer Schule von großen Zaubermeistern mit ebenso großen Zauberhüten lernt  – es geht um mich. Stundenlang schrieb und zeichnete ich, bevor ich das fertige Buch in seinen Briefkasten quetschte. Ich wollte, dass er es versteht. Dass er lernte, meinen Traum zu lieben, wie ich den seinen von der Musik liebte. Es sei das schönste Geschenk, das ihm je jemand gemacht habe, schrieb er mir eine Woche später per SMS. Doch ich war mir unsicher, ob er die Geschichte hinter der Geschichte verstanden hatte. 

Er hatte mir im Weg gestanden

Nach eineinhalb Jahren war unsere gemeinsame Geschichte vorbei. Musik lief nach unserer Trennung in meiner Wohnung, laut und mit so viel Bass, dass ich um mein Gehör fürchtete. Seine Nachrichten und Anrufe ignorierte ich. Den Schmerz lindern konnte nichts – außer dem Schreiben. Je mehr Zeit verstrich, desto mehr begriff ich: Er hatte mir im Weg gestanden. Mir das Gefühl gegeben, mich für meinen Traum schämen zu müssen; ein dummes Kind zu sein. Er schrieb mir, auch im vergangenen Herbst, zwei Jahre nach unserer Trennung. Ich würde ihm fehlen, er könne nicht aufhören, an mich zu denken. Doch ich blieb stumm. Ich war nicht mehr „die Freundin von“. Als realitätsfernes Kind abgestempelt zu werden, so lernte ich, ist je nach Absender möglicherweise keine Beleidigung, sondern ein Kompliment. Und ich lernte, dass pure Vernunft und Zurückhaltung oft nichts bewirken – außer, dem großen Glück im Weg zu stehen.

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