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#Wenn die Eule Drogen vertickt

„Wenn die Eule Drogen vertickt“

Jetzt sprechen die Geister. Und die Eulen. Und die Schatten. Und die Bäume. Und die Meerjungfrauen. Schaut man auf dieses Literaturjahr zurück, dann fällt vielleicht nicht auf den ersten Blick auf, wie übersinnlich und magisch manche Stoffe angehaucht gewesen sind. Anderes drängt sich stärker in den Vordergrund: die vielen Romane beispielsweise, die sich aus den Lebensgeschichten ihrer Autorinnen und Autoren speisen.

Tobias Rüther

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Solche autofiktionalen Titel und „Memoirs“ gehören in den Programmen deutschsprachiger Verlage längst zum Standard. Mit einem autofiktionalen Roman, „Blutbuch“, hat auch Kim de l’Horizon in diesem Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen, als erste nonbinäre Person überhaupt – und könnte aus den extremen Reaktionen darauf, aus dem Jubel bei der Verleihung im Römer wie dem Hass aus dem Netz und den Morddrohungen, direkt das nächste autofiktionale Werk schreiben.

Ähnlich auffällig wie diese Präsenz der Erlebnisliteratur ist in diesem Jahr auch die wachsende Zahl von Wieder- und Neuentdeckungen bislang übersehener Autorinnen der Vergangenheit. Oder die erstmalige Übersetzung von Romanen aus der afroamerikanischen Kultur, von Stimmen aus dem globalen Süden.

Auch der Klimaroman hat seinen Platz gefunden. Und verständlicherweise haben viele Verlage in diesem Jahr auf den Ukrainekrieg reagiert, mit Tagebüchern und Essaybänden. All das hat das Angebot deutschsprachiger Verlage vielfältiger gemacht. Der Einfluss gesellschaftspolitischer Debatten und Konflikte auf die Mischung ist deutlich, ebenso der Druck, da nichts zu verpassen.

Irritierende Signale des Ungewöhnlichen

Gleichzeitig ist aber eben auch eine übersinnliche Strömung in neuen Büchern spürbar. Nicht in dem Ausmaß, dass plötzlich Monster, Drachen oder Untote in Familienromanen und Liebesgeschichten unterwegs gewesen wären.

Es ist beiläufiger. Es ist eher eine Häufung unerklärlicher Ereignisse und Erscheinungen in den Geschichten, die erzählt werden. Irritierende Signale des Ungewöhnlichen. Unterbrechungen im herkömmlichen Lauf der Dinge. Störungen. Als wenn im digitalen Fernsehbild plötzlich Pixel sichtbar werden, weil die Übertragung hakt. Etwas zeigt sich dann kurz, hinter den sichtbaren Dingen, das aber diese Dinge in Bewegung hält.

Kim de l’Horizon


Kim de l’Horizon
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Bild: EPA

Und hier wären einige dieser Erscheinungen und Irritationen aus den neuen Romanen dieses Jahres: Da sind die sprechenden Eulen und Schatten in Sven Pfizenmaiers Debüt „Draußen feiern die Leute“ (Kein und Aber), das eine niedersächsische Dorfgeschichte erzählt. Und die rosafarbenen Papageien in Helene Bukowskis Trauma-und-Gewalt-Roman „Die Kriegerin“ (Blumenbar), sie tauchen in Schwärmen immer wieder in einer deutschen Stadt auf wie Vorboten – aber wofür?

Ähnlich ist es auch mit den Libellen, einem Ufo und dem Meteoriten aus dem schillernden Alpenroman von Joshua Groß, „Prana Extrem“ (Mat­thes & Seitz). Die „Dschinns“ gehören dazu, jene bösen Geister aus der islamischen Folklore, die in Fatma Aydemirs gleichnamigem Roman (Hanser) aus der deutsch-türkischen Geschichte der Familie Yilmaz erzählen.

Und zuletzt, um noch eine markante englischsprachige Übersetzung dieses Jahres zu nennen, die „Meerjungfrau von Black Conch“ (Tropen). Darin erzählt Monique Roffey, die in Trinidad geboren wurde und in London lebt, die Geschichte einer Meerjungfrau, Aycayia, die 1976 aus dem Ozean gefischt und an Land verschleppt wird.

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