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#Wenn die Willkür viral geht

Wenn die Willkür viral geht

Der Eindruck, die Pandemie könnte wieder mal an einem entscheidenden Punkt angelangt sein, wird durch die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse geradezu erstickt. Keine weiteren Corona-Maßnahmen momentan erforderlich, allerdings auch keine Lockerungen. Wiedervorlage in Berlin Mitte Februar. Die Medizin kennt solche Strategien als „Wait and see“. Sie greift am besten, wenn die weitere Entwicklung unentschieden ist, wenn der Tumor so langsam wächst, dass Eingreifen möglicherweise sogar die schlechteste Maßnahme ist. Im Fall der Pandemie hat sich die Politik damit schon ein paarmal versucht. Es ist jedoch weder ihrem Pandemiemanagement noch der Gesellschaft gut bekommen, weil das Abwarten in einer Pandemie eine fatale Unentschlossenheit bedeutet. Zu spät und unvorbereitet, das war die erste sichere Diagnose in jeder exponentiellen Phase.

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

In der Omikron-Welle kommt nun dazu, dass sich große Teile der pandemiemüden Gesellschaft und Politik in einer Sicherheit wähnen, die sich mehr auf Debatten- als auf Datenlage stützen kann. Das neue, statistisch gesehen durch mehr mildere Verläufe ausgezeichnete Virus provoziert diesen unentschlossenen Umgang geradezu. Es ist eine perfide evolutionäre Strategie des Erregers, könnte man beinahe sagen: in Sicherheit wiegen und die Lücken ausnutzen. In Dänemark, einem der ersten Länder mit besonders hoher Impfquote, in denen sich Omikron seit Dezember ausgebreitet hat, sinken die Hospitalisierungs- und Todeszahlen keineswegs. Sie steigen. Die Wochen-Inzidenzen, die bei uns wegen der Kontaktbeschränkungen zum Schutz vor Delta erst mit einiger Verzögerung hoch geschnellt und nun bundesweit auf tausend Neuinfektionen pro hunderttausend zusteuern, waren in Dänemark schon vor Wochen bereits bei annähernd zweitausend angekommen.

Impfskeptische Ärzte im Land nutzen die Lage

Wozu noch Inzidenzen und Fallzahlen beachten, fragen sich jetzt viele. Wozu, wo doch die Infektionszahlen im Testchaos sowieso vollends unglaubwürdig werden und sich das Infektionsgeschehen kaum noch durch PCR-Statistiken adäquat abbilden lässt – und wo die Impflogik den Kranken und weniger den Infizierten als Maßstab ihrer Entscheidungen festgelegt hat. Die Hospitalisierungsrate ist unanschaulich, aber sie ist die Zahl, die es nach dem Infektionsschutzgesetz vor allem zu beachten gilt. Und sie bewegt sich, wie zu erwarten, nach dem hiesigen Start der Omikron-Welle und wegen der klinischen Erfahrungen mit dem hochmutierten Virus verzögert nach oben. Wie der Tumor gewissermaßen, der unvorhersehbar zulegt. Der sich in diesen ersten Wochen auch noch gar nicht hinein gedrängt hat in die empfindlichsten Gewebe unserer Gesellschaft, wo mehr als zwanzig Millionen Bundesbürger – ältere Ungeimpfte und auch vulnerable, weil schwer kranke und abwehrgeschwächte Jüngere – mit dem Virus noch nicht in Kontakt gekommen sind.

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