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#Wenn Form und Farbe tanzen

Wenn Form und Farbe tanzen

Bridget Riley ist eine der wichtigsten Künstlerinnen unserer Gegenwart. Wie kein anderer ihrer Zeitgenossen verfolgt sie seit den sechziger Jahren ihren Weg, auf dem sie das Vokabular der Abstraktion methodisch ausformuliert. Alles beginnt mit der Filterung von Natur durch ihr suchendes Auge – und mit dem Zeichnen. „Es ist, als ob sich ein Auge an der Spitze meines Bleistifts befände“, schrieb sie vor zehn Jahren in einem Katalog, „das unabhängig von meinen persönlichen, alltäglichen Sehgewohnheiten versucht, eine Art von Verschleierung oder Dickicht zu durchdringen.“ Ende der Fünfziger hatte sie begonnen, sich mit dem Pointillismus auseinanderzusetzen. Es entstanden Arbeiten als Paraphrasen und in Anlehnung an Gemälde, deren Methodik den Franzosen Georges Seurat in der Kunstgeschichte verankerten. Er wollte Ende des neunzehnten Jahrhunderts – nach der Verliebtheit des Impressionismus ins Momenthafte – seine Bilder als „Farblichtmalerei“ gemäß wissenschaftlicher Kriterien durchkonstruieren: in möglichst reinen Farben, um in deren Aufeinandertreffen, damals noch im Figürlichen, bisher unbekannte Effekte des Sehens zu erzeugen.

„Cataract 2“ (1967)


„Cataract 2“ (1967)
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Bild: dpa

Rose-Maria Gropp

Rose-Maria Gropp

Redakteurin im Feuilleton, verantwortlich für den „Kunstmarkt“.

Es dauerte danach eine Weile, bis Riley zu den Farben in ihrem Mit- und Nebeneinander zurückfand. Zunächst wurde sie in den sechziger Jahren zur Schlüsselfigur der Op-Art. Ihre im Kontrast von Schwarz und Weiß sich flirrend überlagernden, dabei immer von der Geometrie geleiteten Malereien inszenierten ein manchmal raumgreifendes All-over, das die Grenzen der bisher bekannten Abstraktion sprengte. Sie wirken bei geschlossenen Augen auf der Netzhaut weiter, hinterlassen Nachbilder im Gehirn. Das macht die hohe Verführungskraft der Op-Art bis heute aus und ließ sie zur regelrechten Mode werden, die in die Populärkultur einsickerte.

Als habe die Leinwand eine dritte Dimension

Doch Riley blieb unbeirrt asketisch. Tatsächlich sind auch die Arbeiten, die ihr erste Berühmtheit eintrugen, das Ergebnis vorausgehender intensiver Studien und erschöpfen sich nicht in schierer optischer Illusion. Die Op-Art ist nur eine Station ihrer lebenslangen Recherche über die Form – und über die Farbe, die wiederkehrt. Die Werke, die folgten, sind zu Recht als „gemalte Galaxien“ bezeichnet worden: in ihren suggestiven horizontalen und vertikalen Steifen; in den Rhomben und Dreiecken, die ihre Betrachter genauso hineinziehen ins Bild wie die Kreise, Punkte und Raster; in den konkaven und konvexen Schwingungen, als habe die Leinwand eine dritte Dimension. Ihre Anordnungen sind nicht dem Zufall überlassen, schon gar nicht die starken Farben in ihrem Aufeinandertreffen. Alles ist von Musikalität und Rhythmus durchdrungen, einem Tanz gleich.

Die britische Künstlerin und Rubenspreisträgerin Bridget Riley (rechts) 2014 im Museum für Gegenwartskunst Siegen


Die britische Künstlerin und Rubenspreisträgerin Bridget Riley (rechts) 2014 im Museum für Gegenwartskunst Siegen
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Bild: dpa

Geboren wurde Bridget Riley am 24. April 1931 in London als Tochter eines Armeeoffiziers, der von Beruf Drucker war. Studiert hat sie am Goldsmiths College und danach am Royal College of Art. Eine Reise nach Italien 1960 machte sie mit der dortigen Renaissance bekannt. Gut vorstellbar, dass sie von der Farbmystik eines Piero della Francesca nachhaltig beeindruckt war. Wie auch, später dann ganz anders, vom „Dripping“ Jackson Pollocks, als einer Antithese gleichsam. Deutlich aber distanzierte sie sich von der viril auf Spontaneität pochenden Gestik des Abstrakten Expressionismus. Auf ihre leise Art setzt sie dagegen die feinst durchgearbeitete Mechanik ihrer Bilder. Das macht die – oft großformatigen – Werke zu einer sinnlichen Schule des Sehens. Ihr unmittelbarer ästhetischer Reiz und die sanfte Radikalität heben sie über jede Zeitgebundenheit hinaus.

Es ist nicht verwunderlich, dass Bridget Rileys elegant intelligente Untersuchungen – nach dem malwütigen Überschwang im aktuellen Kunstschaffen – ganz oben auf den Wunschlisten des Auktionsmarkts stehen, wo sie allerdings äußerst selten auftauchen. Es ist wohl so, dass kaum ein Sammler, der ein Werk von ihr besitzt, sich davon trennen mag. Was nur zu gut zu verstehen ist. Heute kann diese geniale Pionierin der Malerei seit der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ihren neunzigsten Geburtstag feiern.

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