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#Wenn Wort und Trommel sich vereinen

Wenn Wort und Trommel sich vereinen

Ein junger schwarzer Mann steht im Keller zwischen seinen Klanggestaltungsmaschinen und weiß, dass er der Welt etwas zu sagen haben wird. Seine und die Worte seiner Mitstreiter erweitert er mit elektronisch aufbereitetem Schlagwerk. Dass die Stimme und die Trommel am stärksten sind, wenn sie eins sind, hat er früh erkannt. Nur ist ihm noch nicht ganz klar, ob er seine Sendung in der Rolle des Predigers antreten soll, oder gleich in der Rolle eines Gottes. Um die Reise zur Antwort auf diese Frage unternehmen zu können, fehlt ihm jedoch, was so vielen fehlt, die sich ähnlich berufen fühlen: Geld. Dafür hat er den unbedingten Willen, den es – so erzählen es amerikanische TV-Produktionen seit Äonen – braucht, um sein Leben aus den gegebenen Umständen herauszulösen und selbst zu formen.

Axel Weidemann

Der Hip-Hop bot und bietet immer noch eine beliebte Folie, um diese Art von Geschichte zu erzählen – sich selbst und einem größeren Publikum. In den vergangenen Jahren war das auch im amerikanischen Fernsehen zu sehen: in „Hip Hop: The Songs That Shook America“, einer ehrgeizig kuratierten Geschichtsstunde, gehalten von den Künstlern selbst; im Boulevardformat „Untold Stories of Hip Hop“; oder im Castingformat „Rhythm + Flow“ mit der Rap-Fürstin Cardi B. nebst Kollegen T.I. und Chance the Rapper.

Zwar mussten auch Letztere die Reise zum musikalischen Ruhm allein antreten, doch haben vor ihnen bereits andere einiges an Vorarbeit geleistet. Einer dieser großen Vorarbeiter, der sich selbst wiederum auf die Vorarbeit von anderen stützen konnte, hat sich im Jahr 2019 unter anderem (kurz zuvor lief bereits die Doku-Serie „Wu-Tang Clan: Of Mics and Men“) in der Hulu-Serie „Wu-Tang: An American Saga“ ein Denkmal gesetzt: RZA, geboren 1969 als Robert „Bobby“ Diggs in Brooklyn, ist jener Mann, der heute als Kopf der Weltmarke „Wu-Tang“ gilt und das gleichnamige Hip-Hop-Kollektiv Anfang der Neunzigerjahre in Staten Island, New York zusammengetrommelt haben soll. Die Biopic-Serie inszeniert das als klassischen Bildungsroman: Diggs’ Herz und Hirn sind angefüllt mit mächtiger Musik und den weisen Worten der Meister aus den von ihm geliebten Hong-Kong-Kung-Fu-Filmen („Shaolin and Wu Tang“, 1983). Nur in der Staten-Island-Realität, in der zu jener Zeit Gangs aus den Sozialwohnungen der Stapleton Houses mit denen aus Park Hill um das Elendsgeschäft mit Crack konkurrieren, hat weder das eine noch das andere großen Wert: „Nigga gotta eat, music makes no bread.“

Und so beobachtet man in den ersten Episoden, wie eine Gruppe junger Schwarzer in der Backsteinkälte von Staten Island versucht, aus Drogen Geld zu machen. Geld, das nur im Ausnahmefall dazu da ist, sich oder einem nahestehenden Menschen einen Traum zu erfüllen – wie zum Beispiel die Anschaffung eines E-mu SP-1200-Samplers. Miete und Essen stehen ganz oben an. „Träume sind dazu da, um aufzuwachen.“ Rückblenden erzählen Storys aus Diggs’ Kindheit, dem Aufwachsen bei einem strengen aber liebevollen Onkel, der ihm früh beibringt, dass sich nicht fürchten muss, wer seine Phantasie als „Superkraft“ zu gebrauchen weiß.

Trotz dieser Anlage als rührende Geschichte gelingt es den beiden Produzenten RZA und Alex Tse das Geschehen um die Gründung des legendären Wu-Tang Clans ohne die meisten der abgegriffenen Posen wiederzugeben, die im Repertoire des Hip-Hop fest verankert sind. Ob soziales Drama, verbotene Liebe oder Gangster-Arbeit, viel wird mit herzerwärmenden Szenen und spielerischen Gimmicks veredelt. Die Schauspieler – allen voran Ashton Sanders als Bobby Diggs/RZA, Siddiq Saunderson as Dennis Coles/Ghostface Killah, TJ Atoms (unfassbar nah am verstorbenen Original) als Russell Jones/Ol’ Dirty Bastard und Zolee Griggs als Schwester Shurrie – öffnen dem Zuschauer diese Welt, deren Reiz weniger auf Nostalgie gründet denn auf dem genuinen Interesse daran, wie unter bestimmten Umständen eine Kunst entsteht, deren Schockwellen bis heute weltweit auf fruchtbare Resonanzräume stoßen.

Wu-Tang: An American Saga, bei Sony AXN

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