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#Wer bekommt welches Fell?

Wer bekommt welches Fell?

Ist es heute so weit? Nein, ausnahmsweise geht es nicht um die Impfpflicht, sondern um ein anderes Thema, das angesichts der explodierenden Corona-Zahlen aber fast schon in Vergessenheit gerät: Präsentieren die Ampel-Parteien schon an diesem Dienstag oder Mittwoch, ihren Koalitionsvertrag, nach rekordverdächtig kurzen Verhandlungen? Dass es so kommt, zumindest noch in dieser Woche, gilt als ziemlich sicher – spannender ist deshalb, wie am Ende die Ministerien vergeben und zugeschnitten werden.

Oliver Georgi

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Schon seit Tagen kursieren in Berlin Kabinettslisten, auf denen der Name OIaf Scholz natürlich immer ganz oben zu finden ist. Auch, dass Christian Lindner wohl Finanzminister wird, verdichtet sich mit jeder Liste – beim weiteren Personaltableau ist ansonsten aber noch viel Raunen. Kann sich Chef-Corona-Analyst Karl Lauterbach (SPD) wirklich keine Hoffnung mehr auf den Posten des Gesundheitsministers machen, den er nur zu gerne innehaben würde? Bleibt es dabei, dass Robert Habeck ein Super-Ministerium aus den Ressorts Wirtschaft, Energie Klima und Transformation erhält? Und geht Cem Özdemir trotz seines großen Wahlsiegs wirklich wieder leer aus?

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Über diese Listen zu spekulieren ist eigentlich müßig – aber die Aufregung um sie zeigt, welche machtstrategische, aber auch symbolische Bedeutung der Ministerverteilung zugeschrieben wird. Wer welchen Posten erhält, ist gleichsam das erste Fell, das die Verhandler ihren Parteien und der Öffentlichkeit nach den Verhandlungen präsentieren – je höherwertiger und mächtiger das Ministerium, desto mehr Einfluss wird der jeweiligen Partei auch im künftigen Binnenverhältnis der Koalition zugetraut. Zumindest ist das die mediale Erzählung.

Und es hat ja auch tatsächlich eine große Aussagekraft, auch programmatisch, welche Partei am Ende in welchem Ministerium landet, für welches sie erfolgreich gekämpft und welches sie vielleicht trotz Ambitionen abgeschrieben hat. Wenn die Grünen weder das Innen- noch das Finanzministerium besetzen, wonach es ja aussieht, werden manche Kritiker ihnen das als Mutlosigkeit übelnehmen, weil sie mit Klima und Energie ihre grünen „Wohlfühlthemen“ besetzen und sich nicht, wie zum Beispiel im Innenressort, mit Themen befassen, die für die grüne Seele unangenehm werden könnten (Migration, Polizei, etc.).

Alles eine Frage der Perspektive

Andere werden sagen, mit dem Innenministerium, das sie auch gar nicht bekommen hätten, hätten die Grünen nur verlieren können. Umso besser sei doch eine Verbindung von Klima und Energie mit dem Wirtschaftsressort, weil die Partei die Energiewende dann nicht nur aus der Sicht der Ökologie, sondern auch aus der der Industrie voranbringen könne. Auch beim Ressortzuschnitt gilt die Devise: Die Perspektive entscheidet.

Umgekehrt heißt es aber auch nicht, dass sich die Fixierung auf Ministerien, die gemeinhin als sichere, prestigeträchtige Bank angesehen werden, am Ende nicht auch rächen kann. Guido Westerwelle zum Beispiel griff seinerzeit nach dem Außenressort, dessen Chefs normalerweise in der Beliebtheit weit oben rangieren, musste dann aber schmerzlich feststellen, dass auch das angesehenste Ministerium nicht vor Pleiten, Pech und Pannen sowie einem Beamtenapparat schützt, der sich – manchmal zu Recht – für den besseren Minister hält.

Grüne Baerbock, Habeck: Was sagen die Ministerien über die künftige Machtbalance in der Koalition aus?


Grüne Baerbock, Habeck: Was sagen die Ministerien über die künftige Machtbalance in der Koalition aus?
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Bild: dpa

Und dann gibt es noch Ministerien, die zwar wichtig sind, in der öffentlichen Wahrnehmung aber so unter dem Radar laufen, dass die Wahrscheinlichkeit, sich seine Karriere durch grobe Schnitzer zu verbauen, eher gering ist. Das Arbeitsministerium ist so ein Fall, das auch Olaf Scholz schon mal geleitet hat. Wenn man als Arbeitsminister nicht gerade eine Hartz-IV-Reform zu regeln hat und für linke Parteiflügel danach auf Jahrzehnte den Ruch des Ruchlosen hat, ist ein solches Ministerium eigentlich die beste Jobgarantie. Es würde denn auch kaum jemanden überraschen, wenn Hubertus Heil, der vier Jahre lang einen unauffälligen, aber soliden Job gemacht hat, auch in der nächsten Legislatur wieder Arbeitsminister wäre.

Nicht jedes Ministerium ist eine Hilfe

Das heißt aber nicht, dass bestimmte Ressorts einer Partei automatisch eine goldene Zukunft verheißen, wie man weiß – eher im Gegenteil, das zeigen unter anderem die traditionellen Schleudersitze Verteidigung (Guttenberg et. al.) oder Verkehr (Scheuer). Und auch die fundierteste Sacharbeit in einem Ministerium hilft einer Partei nichts, wenn sie ihre Erfolge der Öffentlichkeit nicht zu verkaufen weiß. Jahrelang war das das Kernproblem der SPD, die in der großen Koalition unter Merkel durchaus inhaltliche Punkte machte, nur dass es kaum ein Wähler, geblendet durch Merkel, mitbekam. Dass mit Olaf Scholz jetzt ausgerechnet ein Mann Kanzler wird und die SPD vor der Bedeutungslosigkeit rettet, der als SPD-Generalsekretär mit für das größte Trauma der Genossen verantwortlich zeichnete und bis vor einigen Monaten noch als unvermittelbarer „Scholzomat“ galt, ist eigentlich ein Treppenwitz der Geschichte. Der aber selbst manchen Sozialdemokraten zum Schmunzeln bringt. 

Die Wege in der Politik sind manchmal eben unergründlich. Ganz egal, welches Ministerium man irgendwann mal ergattert hat.

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