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#Wer jetzt schweigt

Wer jetzt schweigt

Das eine ist Israel und seine Auseinandersetzung mit den Palästinensern, die Siedlungspolitik und der Terrorismus, der sich als Antwort darauf versteht. Im Krieg sagen alle, die anderen hätten angefangen, und erzählen ihre halbierten Wahrheiten. Das andere sind diejenigen Muslime, die hierzulande vor Synagogen ziehen, als seien es Eigentumswohnungen von Benjamin Netanjahu, um antisemitische Sprüche zu skandieren. Oder Demonstranten, die den Juden „Mohammeds Heer“ ankündigen. Oder solche, denen zum Konflikt im Nahen Osten Parolen wie „Free Palestine“ einfallen, für die Terrorbanden „Aktivisten“ sind und die „Intifada bis zum Sieg“ rufen. Dass die Raketen der Hamas gerade dabei sind, Netanjahu neuerlich zum Ministerpräsidenten zu machen, dass die Hamas kaum so töricht ist, das nicht in Kauf genommen zu haben, dass die Hamas den Palästinensern schadet – all das wollen die Demonstranten nicht sehen.

Wie aber soll man dann die Haltung von Leuten nennen, die sich eine Intifada bis zu welchem Sieg eigentlich wünschen? Der „israelbezogene Antisemitismus“, hieß es unlängst, sei eine Erfindung zur Verteidigung der Kolonialpolitik Israels. Jetzt, da sich eine Form des manifesten Antisemitismus vor den heimlichen, „codierten“ geschoben hat, schweigen aber viele der soeben noch vor allem um BDS-Sympathisanten Besorgten vernehmlich. Womöglich, weil sie es zu mühevoll finden, sich der Geschichte Israels zu erinnern, und es lieber „politisch“ finden, sich auf eine Seite der Auseinandersetzung in Palästina zu schlagen, die dann selbstverständlich als Seite der Opfer bezeichnet werden muss.

Wer den Versuch machen wollte zu erklären, wie es zu den Bombardements gekommen ist, die gerade zwischen der Hamas im Gaza-Streifen und der israelischen Armee stattfinden, würde tatsächlich Zeit brauchen. Das Gedächtnis müsste in der Zeit weit zurückgreifen. Denn der Streit um Palästina dauert nun schon mehr als hundert Jahre an. Theodor Herzl und seine Entwürfe eines „Judenstaates“ kämen in seiner Geschichte vor, die britischen Kolonialinteressen im Ersten Weltkrieg und die arabischen Pogrome an Juden 1929 in Hebron, Jerusalem, Jaffa. Ihnen folgte damals die Gründung einer jüdischen Terrororganisation, die Anschläge auf Araber und Briten verübte. 1936 scheitert eine Zwei-Staaten-Lösung an den Arabern, die ganz Palästina für sich beanspruchten. Kurz danach koaliert der Chef der arabischen Nationalbewegung mit Hitler.

Der deutsche Massenmord an den Juden Europas führt zu weiterer Einwanderung nach Palästina. Die Teilungslösung der Vereinten Nationen von 1947 wird von arabischer Seite abgelehnt, am Tag der Unabhängigkeitserklärung Israels erklären dem Land alle seine Nachbarn und der Irak den Krieg. Es ist nicht der letzte, den Israel gegen Nationen gewinnen wird, die es auslöschen wollen. Der Sechstagekrieg der 1967 von Ägypten ausging, hatte dies zur deklarierten Absicht. Wer seine Ergebnisse heute als Wurzel des israelischen Unrechts darstellt, sei daran erinnert, dass die arabischen Staaten damals Friedensverhandlungen abgelehnt hatten. Also behielt Israel die eroberten Gebiete des Gaza-Streifens, im Westjordanland und Ostjerusalem sowie die Golan-Höhen.

All das – und es ging immer so weiter, der Krieg war nie vorbei – wurde von beiderseitigen Vertreibungen, Landverkäufen, Enteignungen begleitet. Mitunter dauern die Gerichtsprozesse um Immobilien bis heute an. Räumungen gehörten zu den Auslösern der 1700 Raketen, die gerade auf Israel abgeschossen worden sind. Von jedem einzelnen Moment des Konflikts – vom Scheitern der Friedensverhandlungen in Camp David etwa – gibt es gegensätzliche Darstellungen. Darüber hinaus sind beide Seiten, Israel wie die Palästinenser, in sich selbst gespalten. Alle erzählen deshalb andere Geschichten, und in vielen davon spielen Unterdrückungserfahrungen, Hass, Angst, religiöser Fanatismus und aberwitzige Vorstellungen von der Zukunft eine Rolle. Das ist schrecklich, verfahren bis zur Aussichtslosigkeit. Mitunter scheint es, als hätte alle Beteiligten gar keinen Anreiz, den Krieg jemals zu beenden.

Hier aber, in Deutschland beispielsweise, geht man auf die Straße, um die simpelsten, um nicht zu sagen: dümmsten Versionen dieser Geschichte lautstark zu bekräftigen. Hier sind viele ganz sicher, Israel störe im Grunde den Weltfrieden, es sei ein staatliches Gebilde, das von Anfang an zu Unrecht existiere. Die Handlungen seiner Regierungen, entweder seit jeher oder in den vergangenen zwanzig Jahren, werden zum Vorwurf gegen das Land als solches. Das Leid der gegängelten Palästinenser wird in Sympathie für ihre mörderischen Repräsentanten transformiert.

Wer dabei nicht mitmacht, muss sich inzwischen anhören, das liege nur am deutschen Schuldkomplex. Und schließlich treten hier Leute auf, die vor Synagogen „Scheiß Juden“ rufen, nachdem vor kurzem in Halle jemand versucht hat, Juden in einer Synagoge zu erschießen. Die Debatte, was schlimmer ist, was den Antisemitismus mehr repräsentiert, auf welche Gefahr mehr zu achten sei, entwürdigt alle, die sich an ihr beteiligen.

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