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#Wer Partys feiert, denkt nicht an Krieg

Gegenüber dem Verteidigungsministerium, einem gewaltigen Bau aus Stalins Zeit am Ufer des Flusses Moskwa, ist am Montag viel von Gefühlen die Rede. Von Zielen, die es zu verfolgen, Träumen, die es nicht zu vergessen, Angst, die es nicht zu haben gelte.

Im Gorki-Park im Herzen von Moskau findet zum „Tag Russlands“ das Festival „Blogger Russlands“ statt. Hedonismus ist Trumpf. Spärlich bekleidete junge Frauen und Männer in Hip-Hop-Kleidung stürmen auf die Bühne. Alle preisen das Publikum, die gute Stimmung, den Sonnenschein, die Energie der Menge und tanzen zu eigenen Popsongs. Sie singen über Liebe und Freundschaft, zu Rhythmen, wie sie auch im Westen gefallen. Schon Kinder schwingen die Hüften.

Die Blogger nennen sich Sonja Sleepy, Walja Karnaval oder Chabib und haben unter russischen Jugendlichen ein Millionenpublikum. Die Plattformen, auf denen sie groß wurden, vor allem Tiktok und Instagram, haben nach Russlands Überfall auf die Ukraine von Ende Februar vorigen Jahres aufgrund von Beschränkungen im Land an Bedeutung verloren. Dafür haben Telegram-Kanäle oder Profile auf VKontakte dazugewonnen. Das russische soziale Netzwerk tritt auch als Hauptsponsor des Festes auf.

Die Moskauer Elite hat nicht mehr viel zu lachen

Ein Moderator fordert die Menge immer wieder auf, Selfies zu machen und mit den Hashtags „Blogger Russlands“ und „Tag Russlands“ zu verbreiten. Er lässt das Publikum auch für VKontakte jubeln, das „Millionen Menschen“ helfe, sich auszudrücken. „Wie ist die Stimmung?“, fragt der Moderator, und darauf geben Blogger und Publikum nur eine Antwort: Spitze.

Zum Wohl: Russlands Präsident Wladimir Putin gibt sich gut gelaunt


Zum Wohl: Russlands Präsident Wladimir Putin gibt sich gut gelaunt
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Bild: EPA

Im Krieg ist oft von russischen Bloggern die Rede – allerdings den Kriegsbloggern, die über die Invasion und verwandte Themen berichten. „Das erste Jahr feiern wir den Tag Russlands in neuen Grenzen“, schreibt etwa ein besonders reichweitenstarker Telegram-Kanal, „Rybar“, am Montag. Gemeint sind die vier im Herbst annektierten ukrainischen Gebiete. Einige davon müsse man verteidigen, andere noch ganz erobern, sich aber stets daran erinnern, „dass Russlands Grenzen nirgendwo enden“. Das ist ein Zitat von Wladimir Putin: Der Präsident brachte mit dieser Aussage vor sechseinhalb Jahren eine elitäre Moskauer Runde zum Lachen.

Heute lacht in diesen Kreisen wohl niemand mehr, nicht über Russlands Grenzen und wohl auch sonst nicht viel. Bilder, die am Montag aus dem Kreml kommen, zeigen ein angejahrtes, ernstes Publikum. Denn während die Blogger an der Moskwa Lebenslust zu versprühen suchen, verleiht Putin wieder einmal Auszeichnungen, dieses Mal zum „Helden der Arbeit“. Putin preist neuerlich eine „Einigkeit unseres multinationalen Volkes“, für die der „Tag Russlands“ stehe.

Vom Krieg finden sich kaum Spuren in Moskau

Der Nationalfeiertag geht auf den 12. Juni 1990 zurück. Damals erklärte der Kongress der Volksdeputierten der russischen Sowjetrepublik Letztere für staatlich souverän – und brachte damit die Sowjetunion ihrem Ende einen Schritt näher. Eigentlich beklagt Putin dieses Ende. Aber wie andere Feiertage wird der „Tag Russlands“ längst in seinem Sinne begangen. Der Präsident spricht im Kreml von „markerschütternden Gefühlen“, die in einer „für Russland schweren Zeit“ als „zuverlässige Stütze unserer Helden dienen, den Teilnehmern der speziellen Militäroperation“.

Vom Krieg finden sich diesseits des Kremls in diesen Frühsommertagen aber kaum Spuren in Moskau. Vor dem Hotel Tschechow im Zentrum der Stadt steht ein knallroter VW Golf aus der Zeit, als Putin noch einfacher KGB-Agent war, mit dem Symbolbild eines Recken auf der Kühlerhaube und einem selbstgeklebten, gelben Z auf der Heckscheibe. Das nostalgische Gefährt bleibt die krasse Ausnahme. Plakate werben dafür, sich als Berufssoldat zu verpflichten. Doch in einem Informationswagen, den das Verteidigungsministerium dazu in die Arbat-Fußgängerzone gestellt hat, warten zwei Frauen im Halbdunkel vergebens auf Interessenten.

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