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#Wer sagt hier Halbfinale?

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Wer sagt hier Halbfinale?

Der Start in Bratislava verlief ganz nach Alfred Gislasons Geschmack. Am Tag der Ankunft wurde gleich trainiert – Abwehr. Die hatte dem Bundestrainer beim Mut spendenden Testspiel-Sieg gegen Olympiasieger Frankreich am Sonntag zunächst missfallen. Also verlor er keine Zeit und ließ seine Handballprofis am Mittwochnachmittag in der modernen Ondrej-Nepela-Arena üben. Unbedingt will der 62 Jahre alte Isländer seinem Team eine offensive 3-2-1-Deckung ins Turnier mitgeben. Die Deutschen, traditionell im 6-0-Verbund unterwegs, sollen weniger leicht auszurechnen sein.

So etwas ist typisch Gislason. Fehler sehen, Fehler beheben. Diese frische Mannschaft gefällt ihm – schon allein deshalb, weil im Training wieder Schweiß fließt, richtig zugepackt wird. „Vor den letzten Turnieren waren doch alle kaputt, und ich konnte gar nichts richtig machen“, hat Gislason geklagt. Nun erlebt er bei seinem dritten großen Auftritt als Cheftrainer des Deutschen Handballbundes (DHB) endlich die gewünschte Ausgangssituation: Auf Wehwehchen und Blessuren muss er keine Rücksicht nehmen, denn es stehen neun teils sehr junge Debütanten im deutschen Kader für die Europameisterschaft in der Slowakei und Ungarn.

„Der Zustand der Spieler ist sehr gut“, sagte Gislason am Donnerstagvormittag, „am Freitag gegen Belarus werden alle bereit sein.“ Das gilt aller Voraussicht nach auch für Spielmacher Philipp Weber. Er wird sich am Donnerstag einem Härtetest unterziehen, nachdem er gegen Frankreich mit einer Schulterprellung vom Feld musste.

Wie es seine Art ist, warnte Gislason vor dem ersten Gegner. Tatsächlich spielt die erste Sieben der Mannschaft von Trainer Juri Schewzow komplett bei Champions-League-Klubs. Belarus an diesem Freitag (18.00 Uhr F.A.Z.-Liveticker zur Handball-EM, in der ARD und bei sportdeutschland.tv) sei der stärkste Kontrahent in Gruppe D – am Sonntag und Dienstag warten Österreich und Polen. Der letzte Vorrundengegner der Deutschen hat kurz nach der Ankunft in der Slowakei am Donnerstag fünf Corona-Fälle zu beklagen. Laut Hygienekonzept der Europäischen Handball-Föderation kann die Quarantäne positiv getesteter Spieler während der EM von 14 auf fünf Tage verkürzt werden, wenn zwei negative PCR-Tests abgelegt werden.

Deutscher Druck ist reduziert

Am Mittwoch zur Mittagszeit hatte die DHB-Delegation das Hotel Lindner im Zentrum der slowakischen Hauptstadt erreicht. Im gesamten zwölften Stock haben sich die deutschen Handballspieler eingerichtet, mit herrlichem Blick über Bratislava, wie Kapitän Johannes Golla berichtete. Gewohnt wird in Einzelzimmern – natürlich ist alles darauf ausgerichtet, dass sich niemand mit dem Coronavirus infiziert. Gislason sagte: „Es läuft hier alles sehr professionell und korrekt in allen Bereichen. Wir fühlen uns schon sehr wohl und können nichts Negatives sagen. Wir sind happy mit dem Hotel.“ Am Dienstag hatte es Berichte gegeben, dass in ungarischen Hotels „normale“ Gäste und Handballspieler zusammentreffen würden.

Anders als bei der WM in Ägypten vor einem Jahr oder den Olympischen Spielen im Sommer sind die Erwartungen an Gislason und die Mannschaft, wenn nicht gering, so doch angemessen. Aus den Enttäuschungen der Turniere seit dem Jahr 2016 hat der DHB heimlich, still und leise eine Kehrtwende der Ansprüche vollzogen. Eigentlich war Gislason vor zwei Jahren ja als der „Unterschiedstrainer“ geholt worden, der aus dem bekannten Kreis an Profis Siegertypen im Nationaldress machen sollte. Das misslang – in Ägypten fehlten Stammspieler, in Tokio mangelte es an Kraft.

Gut angekommen in Bratislava: Kapitän Johannes Golla und die deutsche Handball-Nationalmannschaft


Gut angekommen in Bratislava: Kapitän Johannes Golla und die deutsche Handball-Nationalmannschaft
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Bild: dpa

Nun hat man Gislason mit einem Vertrag bis Mitte 2024 ausgestattet und vertraut ihm den Neuaufbau der Mannschaft an, die bei den Heimturnieren in zwei und fünf Jahren nach den Sternen greifen soll. Man wolle dem Team ohne Medaillendruck die Möglichkeit geben, zusammenzuwachsen, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann der „Mitteldeutschen Zeitung“; die Mannschaft könne „ohne Rucksack ins Turnier gehen“.

Auch Handball-Influencer wie Stefan Kretzschmar reduzieren bewusst den Druck auf die unerfahrene Truppe – vom zuletzt immer als Ziel vorgegebenen Halbfinale spricht kein Mensch, und Stammspieler wie Rechtsaußen Timo Kastening meinen sogar, dass ein Ausscheiden in der Vorrunde möglich sei. Doch selbst wenn derart wenig herauskäme, gäbe es wenig Kritik, sollte die Einstellung stimmen.

Ein ganzes Bündel an problematischen Themen hat Gislason schließlich zu bewältigen. Verletzungen, Rücktritte, Corona, die Überlastung – er ist nun der Umbruchsmanager, nicht mehr der Unterschiedstrainer. Mental dürfte die Belastung groß sein, sich auf ständig neue Umstände einzustellen. Doch Gislasons Schultern sind breit. Derzeit wirkt er freudvoll, engagiert, er ermutigt, er schiebt an. Er sei auch lockerer geworden, nehme Niederlagen nicht mehr so persönlich, berichten Spieler.

Wie alle anderen Bundestrainer ist er abhängig von den speziell deutschen Bedingungen, die von der starken, zehrenden Bundesliga geprägt sind. Nur dass diesmal wirklich niemand das Thema Müdigkeit in den Mund genommen hat. Wen man auch fragt, das Wort Vorfreude fällt fast immer. „Durch die vielen Debütanten wurde ein neues Feuer entfacht, während wir mit der alten Mannschaft irgendwie in einem Trott waren“, sagt Spielmacher Weber. Kein alter Trott, sondern ein frisches Auftreten: Das wirkt auf Alfred Gislason offenbar sehr belebend.

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