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Wer sich jetzt noch traut

Wenn sie könnte, würde sie so feiern: „In Griechenland, in einer kleinen Kapelle zwischen Olivenhainen. Tische draußen. 60, 70 Mann.“ Auch dann würde Alexandra Papadea wohl hier stehen, Monate vor dem Fest, an einem Herbsttag, an der Düsseldorfer Königsallee. Gäbe es kein Corona, würde die 32-Jährige, die im öffentlichen Dienst tätig ist, mit ihrem Freund jetzt einfach so in den Laden von Tiffany & Co. gegenüber spazieren und Ringe anprobieren, in Vorfreude auf die Party in Griechenland im kommenden Jahr.

Jennifer Wiebking

Jennifer Wiebking

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das soll nicht heißen, dass sich Alexandra Papadea und ihr Verlobter nicht trotzdem freuen. Sie heiraten im kommenden Jahr – trotzdem. „Auf dem Standesamt in Köln.“ Altstadt anstelle von Olivenhainen. „Auch sehr schön.“ Deshalb sind sie heute auch nicht einfach so von Köln nach Düsseldorf gekommen. „Ich habe zwölf Jahre auf den Antrag gewartet“, sagt Papadea und lacht. Weil sie und ihr Partner nicht länger warten wollten, auf eine Zeit irgendwann nach Ende der Pandemie, stehen sie jetzt in der Warteschlange vor Tiffany. Warten auf Eintritt, um Ringe auszusuchen.

Ein Samstag im Herbst. Vor den Juwelieren in der Fußgängerzone, vor Tiffany, Cartier, vor 123 Gold, sieht es aus wie im Frühjahr vor Rewe. Der Einlass ist reglementiert, die Schlangen nicht gerade kurz. Manchmal sind es drei Paare, die warten, manchmal zehn. Für die Luxusindustrie könnte das ein schönes Bild sein, um Begehrlichkeiten zu wecken. Wäre Shopping mit Maske nicht alles andere als unbeschwert. Würden nicht auch die Spenderflaschen mit Desinfektionsmittel am Eingang an das Risiko erinnern. Wären Abstand und die damit verbundene maximale Zahl an Kunden auf begrenztem Raum nicht entscheidend für das Infektionsgeschehen.

Online einkaufen, so oft wie möglich

Wenn sich das Geschäft in der Vergangenheit zunehmend aus den Fußgängerzonen Richtung online verschoben hat, dann beschleunigt die Pandemie die Entwicklung in diesem Jahr. Viele Händler sind nicht darauf vorbereitet. Viele Kunden wiederum meiden belebte Einkaufsstraßen oder kommen nur, wenn sie müssen. Also zum Beispiel diejenigen, die sich entscheiden zu heiraten, zum Anprobieren der Ringe.

2020 werden es weniger sein als in den Vorjahren. Die Zahl der Eheschließungen ist im ersten Halbjahr gemäß Informationen des Statistischen Bundesamtes um 17,3 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 zurückgegangen. Über Wochen blieben Standesämter geschlossen oder trauten nur einige wenige Paare. Viele andere verlegten den Termin von sich aus.

Für Alexandra Papadea, die wie alle Heiratenden in diesem Stück anders heißt, und ihren Verlobten ist es der zweite Termin bei Tiffany. Die einschlägigen Juweliere im Umkreis hat sie bereits abgeklappert. „Es waren mehr, als dass ich deren Namen im Einzelnen aufzählen könnte“, sagt Papadea. Der Antrag kam im Sommer, im Urlaub in Griechenland. Auch den Verlobungsring hatte der Freund zuvor bei Tiffany gekauft. Ein großer Stein in der Mitte, ein Prinzessinnenring.

Die Ringe sind geblieben aus der Blütezeit der Eventgesellschaft, der Corona in diesem Jahr ein jähes Ende bereitet hat. Runde Geburtstage, Taufen, Einschulungen, Kommunionen und Konfirmationen und vor allem: Hochzeiten. Das waren in den zehner Jahren Gelegenheiten für immer pompösere Festlichkeiten mit Save-the-Date-Karten, Gästebüchern, großzügigen Gruppengeschenken, Goodies der Gastgeber an die Gäste. Mit Reden, Fotoboxen und Darbietungen. Das alles nicht selten in Verbindung mit einer mehrtägigen Reise an einen entlegenen Ort.

Auch in diesem Sommer tauchte das Wort „Hochzeit“ häufig in Zeitungsartikeln auf, nur jetzt in einem anderen Zusammenhang, als Superspreader-Event, als Infektionstreiber. Sollte man Feste jetzt und in absehbarer Zukunft feiern, wie sie fallen, dann in viel kleinerem Rahmen. Vielleicht zu viert, mit den Angehörigen des eigenen Haushaltes. Vielleicht irgendwann und auch ohne Weihnachten wieder zu zehnt. Darauf hofft Alexandra Papadea an diesem Samstag. Am 16. Januar möchte sie ihren Freund eben auf dem Standesamt in Köln heiraten: Alles daran ist ungewiss. „Man weiß nicht, was im Januar ist.“ Ob sie anschließend in ein Restaurant gehen können. Ob sich dort zehn Personen treffen dürfen. „Die Familie, Trauzeugen, dann sind wir schon zu zehnt.“

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